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380 D. Das Zeitalter Ludwigs XIV. Icstantische republikanische Gemeinwesen, in welchem eine Anzahl aristokratischer Männer unter der Leitung eines eigenmächtigen dictatorischen Patriziers Alles abzuschaffcn bemüht war, was noch aus alten Zeiten an die Monarchie erinnerte, wo Allen, die aus politischen und religiösen Gründen in Frankreich verfolgt oder bedrängt wurden, eine Freistätte gewährt ward zu literarischer Thätigkeit und eine freie Presse für ihre kühne Polemik. Der stolze Freistaat, wo unter dem Schutze der Gesetze und der öffentlichen Institutionen die reformirten Doktrinen fort lebten. die Wissenschaft, die Forschung und Kritik sich frei bewegten, eine philo sophische Specnlation ihre Schwingen entfaltete und den Autoritätsglauben, den der französische CIcrus mit so unduldsamer Strenge zu begründen suchte, anfocht und erschütterte, erschien dem König und seinen gereizten Staatsräthcn wie ein feindlicher Gegensatz gegen das monarchische und katholische Frankreich, ivie eine Verhöhnung der Richtungen und Anschauungen, die dort mehr und mehr die Herrschaft erlangten, als die allein wahren bekannt werden sollten. Ehre und Ucberzeugung forderten die Zertrümmerung eines Gemeinwesens, das so ver haßten Bestrebungen Leben und Entfaltung gab, wo die religiöse und politische Opposition ihr Waffenfeld hatte, die antimonarchische Denkweise wie eine dro hende Demonstration gegen die Nachbarstaaten sich frei und ungehemmt äußern durfte. Der Slaatsrath hatte nach dem Aachener Frieden eine Schaumünze prägen lassen, wie die niederländische Republik, den Frciheitshut auf einein Sperre führend und auf eine Trophäe gestützt, die Ketten zerriß. In Frankreich wollte man von einer andern Denkmünze Kunde haben, auf welcher der holländische Staatsmann als Josua dargestellt war, wie er der Sonne, dem Sinnbilde des Königs Stillstand gebot. Die Höflinge und die Kricgspartei in Frankreich schürten das glimmende Feuer: selbst Colbert, der früher so sehr für den Friede» gesprochen, ging setzt auf die kriegerische Strömung in den tonangebenden Kreise» ein, um nicht von Louvois überflügelt zu werden, der, wie er mit Neid und Aergcr wahrnahm, immer mehr die Gunst und das Vertrauen des Königs ge- wann. Die Staatsmänner machten geltend, welcher Zuwachs an Kraft M Frankreich entstehen würde, wenn es gelänge, die reiche Republik mit ihrer See macht. ihren Colonien, ihrem Handel dem französischen Scepter zu unterwerfe» oder doch in ein Schutzvcrhältniß zu zwingen. Würden dann nicht die spanische» Niederlande von selbst dem französischen Reiche zufallen? und wer wollte de» großen Ludwig hindern, den Rhein zur Grenze seiner Herrschaft zu machet Hatte doch die französische Politik auf beiden Ufern des Stromes schon so man^ Fäden angeknüpft! Wir wissen ja wie eifrig die drei Brüder Fürstenbcrg, ^ „Egonisten" im Dienste Frankreichs wirkten. Schon aus katholischem Religio»^ eifer förderten diese entarteten deutschen Fürstcnsöhne die Machterhöhung dck großen Ludwig, des Schirmherr« des Glaubens und der Kirche. ^',lu-nz!n' Wie bei dem ersten Krieg ging man auch diesmal wieder in Paris »»' großer Vorsicht zu Werke; die Minen wurden in weitem Umfang und mit fcs^