378 v. Das Zeitalter Ludwigs XIV. gedanken das Ucbergewicht: dem Statthalter in Brüssel wurde geantwortet, daß er nur auf Hülfe rechnen könne, wenn Spanien darauf eingche, entweder die Franche Comte oder die von den Franzosen eroberten Städte und Gebiete an der niederländischen Südgrenze abzutreten; in Paris waren die meisten Minister dem Frieden geneigt. Bei einer längeren Dauer des Krieges mußten sie befürchten von Turenne und Conde überflügelt zu werden. Sie führten dem König zu Gemüthe, daß in den Bedingungen der Verbündeten die Hauptfrage von der Gültigkeit der Renunciationsakte nicht berührt sei, somit für künftige Erneuerung der Ansprüche das Feld offen stehe. Ehe der Monarch sich in einen wcitaus- sehenden Weltkrieg einlasse, sei es zweckmäßig, zuvor die innere Lage des Reichs noch mehr zu befestigen, die Finanz- und Steucrverhältnisse mehr zu consolidircn. Er selbst habe ja erklärt, daß er sich mit einigen Abtretungen zufrieden geben wolle. Würde er nun, wenn er seinem Manifeste zuwider handelte, nicht den Schein der Unzuverlässigkeit und Eroberungsgier auf sich laden? So wurden Arru is«8. denn in St. Gerinain zwischen den Bevollmächtigten von Holland und England einerseits und französischen Ministern andererseits die Präliminarien vereinbart, auf Grund deren der Aachener Frieden abgeschlossen ward, nachdem man Spanien durch drohende Mahnungen zur Annahme gebracht. Kraft dieses auf dem Con- 2.Maii«s8. greß von Aachen abgeschlossenen Friedens blieb Frankreich in Besitz von Flandern mit den eroberten Städten Charleroi, Douay, Tournay, Courtray, Lille und Oudenarde; dagegen wurde die Freigrafschaft an Spanien zurückgegeben. Lud wig XIV. konnte mit dem Erfolg seines ersten Waffenganges zufrieden sein. Waren auch seine Forderungen nicht in ihrem ganzen Umfang gewährt worden, so waren dafür auch die Ansprüche seiner Gemahlin auf die spanische Erbfolge unerschüttcrt geblieben. Und wie bald konnten bei der schwächlichen Constitution des jungen Königs in Madrid unvorhergesehene Eventualitäten eintreten! Die erworbenen flandrischen Städte aber erhielten dadurch noch eine besondere Wich tigkeit, daß Ludwig XIV. dieselben durch Vauban, das größte Fortifications- genie der Zeit, in unüberwindliche Festungen umschaffcu lieh und damit die Nord grenze von Frankreich durch einen armirten Gürtel schützte. 3. Ludwigs ZtriegspiMik gegen Holland. Das hollkm- Die Aachener Pacification war das Werk des Großpensionärs Jan de Witt, meinw-s-n Kein Wunder, daß sein Stolz und Selbstgefühl wuchs und er in der holländischen '"hannStaatcnversammlung eine diktatorische Autorität erlangte. Sein eifrigstes Be- ^"'streben war nun darauf gerichtet, die republikanisch-aristokratische Verfassung ' immer mehr auszubilden und zu befestigen, die Zwitterstellung zwischen Monar chie und Republik, wxlche die Gencralstaaten seit der Utrechter Union einnahmcn, zu vernichten, ein föderatives Gemeinwesen unter der Hegemonie der Provinz Holland für alle Zukunft zu sichern. Wilhelm von Oranien war stets der Gegen-