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374 v. Das Zeitalter Ludwigs XIV. dieser Gelegenheit leistete ihm Wilhelm non Fürstenberg, geheimer Rath des Kurfürsten von Köln wesentliche Dienste. Er wie seine beiden Brüder, Franz Bischof von Straßburg und Hermann, Oberhofmeister des Kurfürsten von Bayern handelten ganz im französischen Interesse. Geheimer Ja noch mit viel weitergehendm Allianzgcdankm trug sich der König in dem ;w?schen jugendlichen Aufschwung seines HerrschergeistcS, mit Plänen, die man für abenteuerlich ^ und"em HEm möchte, wären sie nicht in der Folge in anderer Form dennoch zur Wirklichkeit ' Kaiser, geworden. Die archivalische Geschichtsforschung späterer Jahre hat Beweisstücke zu Tage gefördert, auS denen hervorgeht, daß um diese Zeit zwischen Paris und Wien ein Thcilungsvertrag über die spanische Monarchie verabredet ward für den Fall, daß der junge König, an dessen Lebensfähigkeit man vielfach zweifelte, ohne Lcibeserben aus der Welt gehen sollte. Zuerst forschte der Kölnische Fürstenbcrg in Wien, wie man eine solche Eröffnung aufnehmen würde; die Fürsten Auersperg und Lobkowitz, die ein flußreichsten Minister waren dem Gedanken nicht abgeneigt: jener hoffte dabei durch Ludwigs Verwendung den Cardinalshut zu erlangen, den letzteren lockte die Aussicht auf französisches Geld. Die Sache wurde jedoch nicht geheim genug gehalten; der spanische Gesandte beklagte sich -über ein so treuloses und ungerechtes Vorhaben, und März ive?. der Kaiser wollte nichts davon wißen. Ein halbes Jahr später, als der Feldzug gegen die Niederlande schon im Gange war, tauchte der Vorschlag von Neuem auf. In der Ncujahrsnacht Mich sich französische Gesandte, Ritter von Gremonville, in einen dichten Mantel gehüllt zu dem Fürsten von Auersperg und setzte ihm in vertraulichen Gesprächen auseinander, wie zweckmäßig es wäre, wenn die zwei mit den beiden Jn- fantinnen verheiratheten Herrscher über eine Theilung des spanischen Reiches für den Fall des kinderlosen Ablebens des dermaligen Königs sich rechtzeitig verständigten. Dadurch würden alle anderweitigen Ansprüche und Einreden, die etwa erhoben werden möchten, im Keime niedergeschlagen werden. Auch die gemeinschaftlichen reli giösen Interessen wurden betont; wenn die zwei größten katholischen Mächte durch einen Freundschaftsbund vereinigt wären, mit welchem Nachdruck könnte man dann den ketzerischen Regierungen und Völkern begegnen! Kaiser Leopold ging auf die Vorschläge am 19. Januar wurde ein Freundschafts- und Allianzvcrtrag unterzeichnet, in welchem eine Theilung der spanischen Monarchie zwischen den beiden verwandten Höfen in Aussicht genommen war. Dem Kaiser sollten die Hauptländer zufallen: Spanien selbst, die Staaten in America, auch Mailand und Sardinien; dagegen sollte König Ludwig Besitz ergreifen von den spanischen Niederlanden, der Franche-Comte, dem Königreich Neapel und Sicilien und Navarra, dem Stammlande seiner Ahnen; selbst die Philippinen und die afrikanischen Küstenorte sollten zu seinem Antheil gehören, denn zu der weltbeherrschenden Großmacht, zu welcher er Frankreich zu erheben gedachte, waren auch auswärtige Besitzungen, war auch eine imponircndc Marine nothwcndig. Dieser eventuelle Thcilungsvertrag, der ohne Rücksicht auf die Völker und ihre Rechte im Sinne des härtesten Absolutismus über das Schicksal ganzer Reiche wie über einen Privatbesitz verfügte, blieb dem übrigen Europa ein vollständiges Geheimniß. Selbst Karl II. hat nie davon Kunde erhalten. Die Grundbedingung, der baldige Tod des spanischen Königs ging nicht in Erfüllung, und der Gang der Ereignisse führte zu andern Beschlüssen und Coalitionen. Die Ansicht, die wahre Politik Oesterreichs müsse dahin trachten, daß die Reiche der beiden Habsburger Linien wieder vereinigt würden, gewann in Wien die Oberhand. Selbst Auersperg, verstimmt, daß ihm der versprochene Karvinalshut doch nicht zu Theil ward, gab den Theilungsplan auf. Aber die Suc-