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II. Frankreich, die span. Niederlande u. die Gencralstaaten. 367 patricischen Faction, die ihn einst aus ihrem Lande gewiesen, den englischen Thron erlangte, stiegen bald düstere Wolken auf. Die öffentliche Meinung in Europa wendete sich gegen die republikanischen Prinzipien; in England, in Frankreich, in Dänemark erhielten die monarchischen Ideen die Oberhand. Cs war zu fürchten, daß sich der Stuart'sche König seines Neffen annehmcn, die Wieder einsetzung desselben mit den Waffen in der Hand verlangen werde. Schon seit Jahren hatte die Rivalität der beiden Völker zur See und in den Colonial gebieten einen Zündstoff gehäuft, der bald in Flammen ausbrechen mußte. In England, ivo in den ersten Jahren der Restauration der Royalismus und die Sympathien für das Stuart'sche Königshaus hohe Wogen trieben, stimmte die Nation init ihren: Monarchen in der Feindschaft gegen die republikanischen Ge- neralstaatcn überein. Auch im eigenen Lande, in Seeland, in Ober-Assel, in Groningen hob die oranische Partei wieder ihr Haupt kühner empor. Wir wissen ja, wie wenig die stolzen und eigenmächtigen Kaufherren von Amsterdam, deren tolerante arminianische Religionsrichtung den streng-calvinischen Predigern ein Acrgcrniß war, sich die Gunst und Zuneigung der Volkspartei zu erwerben ver standen. Unter diesen Umständen näherten sich die Häupter der niederländischen Regierung dem französischen Machthaber. Hatte ja doch in den Zeiten des großen Kampfes gegen Spanien stets ein gutes Verhältniß mit dem Pariser Hofe obgewaltct. Ludwig XIV. kam den Staaten freundlich entgegen. Schon im Frühjahr 1662 wurde ein Handels- und Schifffahrtsvertrag und ein Bündniß ^Apr. zu gegenseitigem Beistand für den Fall eines Krieges vereinbart. Seitdem war das Haus des französischen Gesandten im Haag, des Grafen von Estradcs, der Mittelpunkt wichtiger Staatsverhandlnngen, wo die Fäden der europäischen Diplomatie zusammenlicfen. Bei dieser Verbindung handelte es sich in erster Linie um die Frage über das AsAE'' künftige Schicksal der spanischen Niederlande. Ludwig XIV. war schon längst entschlossen, die Entsagung seiner Gemahlin auf jede Erbberechtigung in dem väterlichen Reiche nicht als verpflichtend anzuerkennen. Es stand gar nicht in der Befugnis; der Infantin, so wurde argumentirt, für sich und ihre Nachkommen einem Rechte zu entsagen, das in Gesetz und Herkommen begründet sei. Hatte doch König Ferdinand einmal selbst erklärt, eine Verzichtleistung auf ein Majorat sei ungültig; und war denn die Krone nicht auch ein Majorat? Es wurde ferner darauf hingewiesen, daß die Renunciationsakte, zu der man die Infantin ge- zwungen, niemals von dem französischen König ratificirt worden und daß der Brautschatz, von dessen Entrichtung die Gültigkeit derselben abhängig sein sollte, niemals ausbczahlt ward. Auch zugegeben, daß für Spanien selbst die männ- . liche Thronfolge rcchtsbeständig sei, daß nach dem Tode Philipps IV. sein noch unmündiger Sohn zweiter Che, Karl das väterliche Reich kraft seines Geburts rechts antrctc: sollte dieser Fall auch für die übrigen Theile der Monarchie maß gebend sein? sollten insbesondere die niederländischen Provinzen, die sich noch