342 6. Die pyrenäische und die apcnninische Halbinsel. den Venetiancrn als eine Erleichterung erschien. Es zeugt von der ungemeinen Lebenskraft und den reichen Hülfsquellcn des republikanischen Staates, daß er unter solchen Umständen dennoch den Kampf ohne Unterbrechung fortzusctzcn vermochte, wenn auch mit schwindender Energie und unter gleichzeitigen Bemüh ungen, Frieden zu erlangen. Der Krieg gegen Ungarn und Oesterreich, der, wie wir später erfahren werden, die türkischen Strcitkräftc nach den Donanländcru zog, bewirkte, daß in den sechziger Jahren die Waffcngängc auf Candia nur mit geschwächten Anstrengungen weiter geführt wurden: die Vcnetianer hofften aus dm Ungarnkriegen auch einige Vorthcile für sich zu erlangen und setzten daher ihre letzten Kräfte ein, sich aus der Insel so lange als möglich zu behaupten. Wirklich schien cs auch, als die Schlacht von St. Gotthard die christliche Welt mit neuen Hoffnungen, die Osmanen mit Bcsorgniß erfüllte, daß es zu einer Verständigung zwischen den kriegführenden Staaten aus Grund einer Theilung der Herrschaft über das Jnselrcich kommen sollte; allein sowohl im Nathe der Prcgadi als bei der Pforte behielt die KricgSpartci die Oberhand: dort verließ man sich auf auswärtige Hülfe, hier betonte man, daß die Ehre und Majestät des Großhcrrn und die Würde und der alte Ruhm des Osmanischen Reiches die Fortsetzung des Krieges verlangten, bis der letzte Steinhaufen auf Candia dm christlichen Feinden entrissen wäre. Ärcnqim- Der Waffenstillstand mit Oesterreich gestattete dm Türken, ihre Streitkräfte m , dl^idr'gegen die ihnen vor allen andern Feinden verhaßte Republik zu kehren. " "" Achmed Köprili selbst übernahm die Führung des Feldzugs und schiffte mit neuen isos. Truppen von Jsdin (Zeituni) nach der Insel hinüber. Aber auch im Abendland wurden neue Anstrengungen gemacht: Papst Clemens IX. sah die Rettung der christlichen Insel inmitten der Ungläubigen für die Hauptaufgabe seines Ponti- ficats an; er unterstützte die erschöpfte Republik mit Geld, mit Schiffen und Pulver und mit päpstlichen Truppen unter dem Oberbefehl seines Neffen Viu- ccnzo Rospigliosi und gestattete der Signorie die Einziehung und Veräußerung eines Thcils der geistlichen Güter; Ludwig XIV., wenn er sich gleich hütete durch thätige Theilnahme die Pforte zu reizen und die alte ihm in seiner feind seligen Stellung zu Oesterreich-Spanien damals mehr als je vortheilhafte Allianz mit dm Osmanen zu gefährden, gestattete doch, daß einige kriegslustige Edcllcute, wie die Marquis de Villc und de St. Andre Montbrun und der Duc de la Feuilladc im Geiste der Kreuzfahrer mit ihren Waffenkucchtm den bedrängten Christen im Morgenlandc auf eigene Hand zu Hülfe eilten, und zahlte die Sub- sidimgelder fort, welche schon seit Mazarin die französische Regierung der Mar cusrepublik gewährt hatte. Bei Kaiser und Reich in Rcgcnsburg hatten die Bitten der Signorie und die Verwendung des Papstes wenig Erfolg: es dauerte lange bis sich Kaiser Leopold entschloß, ein Hülfscorps von 3000 Mann abzu- schickm, und von den deutschen Reichsfürstcn zeigten sich nur die Hcrzöge von Braunschwcig und Laucnburg bereit, drei Regimenter unter dem bewährten