338 6. Die pyrcnäische und die npenninische Halbinsel. Ja es konnte sogar nicht mit Unrecht behauptet werden, daß die Insulaner lieber unter der Hoheit des Sultans stehen würden als noch länger die Zwinghcrrschaft der selbstsüchtigen und hartherzigen Kaufherren tragen. Denn die Venctianer hatten in den vierhundert und vierzig Jahren, während welcher sie Herren der fruchtbaren günstig gelegenen Insel waren, wenig gethan, die griechische Be völkerung, insbesondere die Sphakiotcn, .die kräftigen und streitbaren Urbewohner ! in den „weihen Bergen" für sich zu gewinnen. Wie vieler Handlungen herz loser Intoleranz hatten sich die Lchnsritter von St. Marcus schuldig gemacht! Wie oft hatten die lateinischen Colonistcn in den Kämpfen gegen die ihre Freiheit und ihr Eigenthnm verteidigenden Candiotcn zu den Waffen List und Verrath gefügt! Wie manche blutige Unthat, oft mit lüsterner Fraucnschändung ver bunden, war im frevelhaften Uebermnth von den abendländischen Herren verübt worden! Vor siebenzig Jahren, als bereits die Angriffe der Osmanen und der Cursoren die Sicherheit der Insel bedrohten, hatte die vcnctianischc Regierung selbst die Not wendigkeit erkannt, durch eingreifende Reformen des staatlichen und socialen Lebens in den Insulanern eine günstigere Stimmung zu erwecken und den Ausschreitungen despotischer Grundherrn, und Beamten zu wehren. Zu dem Behuf hatte sie den staats- klugcn Giacomo Foscarini als Statthalter mit den ausgedehntesten Vollmachten nach Candia geschickt (1574). Während einer vierjährigen dictatorischen Verwaltung traf der eben so verständige als gerechte Mann mit sicherer Hand Einrichtungen und Re- I formen, welche geeignet schienen, ein besseres Verhältnis zwischen dein herrschenden " Stamm und der griechischen Bevölkerung hcrzustcllen. Aber das System der Gewalt und Bedrückung war zu tief gewurzclt; die alten Schäden und Gebrechen konnten nur nothdürstig geheilt werden; ein auf Wohlwollen und gemeinsame Interessen gegründetes friedliches Zusammenleben wurde nicht erzielt. Der Siguorie blieb es nicht lange verborgen, das; die Pforte die Absicht Srst-P-nov- HM, der Republik die letzte ihrer Besitzungen in den östlichen Gewässern, die schönste Perle ans dem einst so herrlichen Jnselkranz zu entreißen: sie sah stö- nach fremder Hülse um; aber wer sollte Beistand leisten? Spanien und Frank reich hielten einander gegenseitig in Schach; der Papst und die italienische« Fürsten waren freigebig mit Versprechungen aber karg in Thaten. Was vor der Schlacht von Lepanto noch möglich gewesen, ein Bund der abendländische« Christenheit unter der Aegide des Papstes, konnte bei den damaligen Verhältnisse« nicht mehr erzielt werden. Und hat es denn die Marcus-Republik verdient, I« fragte mau nicht ganz mit Unrecht, daß sich die christlichen Staaten so eifrig ihrer annchmen sollen? Hat sie nicht selbst in allen Kriegen zunächst ihren eigene« Vortheil im Auge gehabt? Hat sie je aus Christenliebe, aus Humanität, ans Interesse für die abendländische Gcsammthcit an den Kämpfen gegen dic Un gläubigen Theil genommen? So sah sich denn die vcuetianische Negierung a>« ihre eigene Kraft angewiesen. Und diese gab sie auch mit gewohnter Energ« kund. Konnte sie auch der türkischen Armada, welche 73 Segel stark unter de>«