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II. Italien und Sicilien. 319 den päpstlichen Stuhl bestieg, und mehr noch dem wohlgesinnten friedfertigen Neapolitaner Antonio Pignatelli, bekannt unter dem Papstnamen Jnnocenz XII. 2""^ gelang es, die Zwistigkeiten mit Frankreich durch einen Ausgleich zu beendigen, issi-iwo. Und in demselben Verhältniß wie die politische Machtstellung des Papst- N-ro,i-mus thums unter den veränderten Zeitrichtungen im Niedergang war, der vulkanische"' Hof auf gleiche Linie mit den weltlichen Fürstenhöfen Europa's sich gestellt sah, geriet!) auch das römische Staatswescn und die um das Pontificat geschaarte aristokratische Gesellschaft auf Abwege, die dem Verfall entgegenführten. Der Kirchenstaat krankte an unheilbaren Wunden, die das geistliche Regiment dem Wohlstand, der Freiheit und der Thätigkeit der Einwohner schlug. In der Regel bestiegen nur Cardinäle den römischen Stuhl, die den großen Familien Italiens angchörten und kein eifrigeres Anliegen hatten, als durch parteiische Begünstigung ihrer Verwandten, durch Nepotismus, wie inan diese krankhafte Erscheinung »aunte, einzelne Glieder und Zweige dieser Familien im Kirchenstaat zu Macht, Einfluß und Reichthum zu erheben. In den Staatsgeschäften der römischen Prälatur ergraut, vermochten die geistlichen Herrscher nicht in der Beurtheilung der Zeitereignisse sich auf einen höheren Standpunkt empor zu schwingen. Das Päpstliche Gebiet mit seinen kirchlichen Asylen war die Zufluchtsstätte aller Ban diten und Meuchelmörder; die Nepoten selbst, insbesondere die Barberini be dienten sich ihrer in ihren Familienfehden. Eine heimtückische treulose Politik, deren Werkzeug Gift und Dolch war, hatte in Rom ihren Sitz. Am grellsten traten diese Mißstände in dem erwähnten „Krieg von Castro" hervor Der Nrieg sXl, 82), durch welchen die Barberini und ihr päpstlicher Gönner dem Herzog Odoardo u°"i/sarn°se von Parma die Herrschaft Castro entreißen wollten. Nach einem zweijährigen verhec-PE-,. renden und wcchselvollcn Krieg, der vorzugsweise von Banditenschaaren unter verwil derten, grausamen Häuptlingen geführt ward und nur Gräuel und Verwüstung, keine einzige That des Ruhmes und der Ehre zu Tage förderte, wurde durch die Einmischung und Vermittelung von Venedig, Toscana, Modena ein Abkommen getroffen, durch welches Odoardo im Besitz seines ganzen Territoriums verblieb und von dem Banne M-i is«. befreit ward. Alle italienischen Staaten hatten ein Interesse, daß in jener viclbewegten Zeit nicht auch die Halbinsel wieder von Waffengeräusch erfüllt, daß durch energische Zurückweisung der römischen Anmaßungen der unselige Krieg beendigt würde, ehe die Großmächte durch lebhaftere Betheiligung demselben eine weitere Bedeutung und Aus dehnung zu geben vermöchten. Die Verwendung Frankreichs und Mazarin's Gunst lür die Barberini konnte nicht verhindern, daß Antonio, der Hauptanstifter der kriege rischen Unruhen, nach dem Tode Urbans VIII. gerichtlich verfolgt ward. Nach Odoardo's Seim. Tod folgte sein Sohn Ranuccio . in der Regierung von Parma. Unter ihm wurde die Herrschaft Castro zuerst verpfändet, dann an den Kirchenstaat abgetreten. Sie sollte söliiischcs Kammergut bleiben, das niemals veräußert werden dürfte. Als Ranuccio u» Z. 1694 starb, ging das Haus Farnese dem Ausstcrben entgegen. Sein Enkel wsi. Antonio war der letzte männliche Sprosse. Dann kam das Hcrzogthum, wie uns später bekannt werden wird, durch Antonio's Tante Elisabeth von Spanien an die Bourbo- "ische Dynastie. —