Volltext Seite (XML)
294 6. Die pyreiiäischc und die apenninische Halbinsel. und Mißtrauen systematisch betrieben ward, ist schon früher angedeutet worden (XI, 243). Der Mangel aller öffentlichen Einkünfte sollte die Herstellung eines unabhängigen Thrones unmöglich machen und in den Käufern oder Besitzern gedachte man eine spanische Partei zu gewinnen; den» Eigennutz und Habsucht sind mächtige Triebfedern. D« Grollenden Herzens ertrugen die Portugiesen die Gewaltherrschaft des »er gänz-,. haßten Nachbars, den Ucbermuth der Beamten, die Ungerechtigkeiten und Miß- stände in der Verwaltung, den Raub ihres Staatsvcrmögens und ihrer Wehr kräfte und Vertheidigungsmittel. Mit dein Ingrimm und der Wuth der Ver zweiflung sahen sie ihre nationale Existenz, ihren geschichtlichen Lcbensstrom mehr und mehr dahinschwinden; ihre glorreiche Vergangenheit schien in ein weit geöffnetes Grab zu sinken, der portugiesische Name bei den nachgebornen Ge schlechtern in Vergessenheit zu gerathcn. Das Gefühl dieses tragischen Geschickes lastete so schwer auf dem Herzog Theodosio von Braganza, dem Sohne sencr Katharina, die einst die Rechte des Hauses standhaft gegen Philipp II. ver- theidigt hatte (XI, 239), daß er in Gram und Ticfsinn versank und gestörte» Geistes in die Grube hinabfuhr, seinen Dienern auftragcnd, ihn in der Stille mit königlichen Ehren zu bestatten. Sein Sohn Joäo war der Erbe seiner An sprüche und seiner Reichthümer, ein vorsichtiger, ruhiger Herr, ohne glühende Leidenschaften, mehr den Genüssen und Freuden des Lebens, der Jagd, der Musik und den gesellschaftlichen Unterhaltungen zugethan als von aktivem Ehrgeize gespornt oder von Herrschbcgierdc erfüllt, nur im Hasse gegen die spanische Zwingherrschaft dem Vater gleichend. Auf der herzoglichen Familie von Bra ganza ruhten die Hoffnungen aller portugiesischen Patrioten; in ihren Adern rollte das Blut der alten Dynastie, ihre Güter, die den dritten Theil des Reichs umfaßt haben sollen, waren so beträchtlich, daß sie den Grundstock eines neuen Kronvermögens bilden konnten. Es war begreiflich, daß man in Madrid »nt Argwohn auf das Haupt dieses reichen und mächtigen Geschlechtes blickte und cs mit Argusaugen überwachte. Allein Joäo gab durch seine Lebensweise so wenig Anstoß, schien so ausschließlich auf seine Vergnügungen und Zerstreuungen z" denken, daß man ihm nichts anhaben konnte. Lm-rstan? Anter dem Regimente des Herzogs von Olivarez wurde die Lage Par' " tugals immer unerträglicher, der nationale Grimm des Volkes immer allge meiner. Die absolutistischen Neigungen des Günstlings vertrugen sich nicht »lit der durch die Constitution von Thomar (XI, 238) festgesetzten Rechtsordnung! sein stolzes, hochfahrendes Wesen verletzte das Nationalgefühl; nur servil Männer, die als Renegaten bei ihren Landsleuten verhaßt waren, genossen sc>" Vertrauen, wie der Staatssekretär Diogo Soarez. „der schlau war im Bctrügc»- unterwürfig im Gehorchen und boshaft im Ansfinden von Gewaltthütigkeiü" gegen sein Vaterland" und dessen Blutsverwandter Miguel de Vasconccllos, e»> übcrmüthiger Emporkömmling, habsüchtig, grausam und treulos, ergrimmt geP"