I. Spanien und Portugal im 17. Jahrhundert. 293 2. Portugals Losreijstmg von 8i>anien. Während im Osten die Gefahr einer Zerstückelung der spanischen Monarchie. Portugal einer Trennung der historisch zusammengewachsencn Königreiche und Provinzen s^nis-b-r glücklich abgcwcudet ward, vollzog sich im Westen der Halbinsel ein ähnlicherem",!. ScheidungSproceß in entgegengesetzter Weise: das Königreich Portugal, das im Widerspruch mit seiner geschichtlichen Entwickelung durch Philipp II. an das größere Nachbarreich gekettet und zu einem Aufgeben seines selbständigen natio nalen Lebens bestimmt war, zerriß die Bande, die ihm in schicksalschwerer Zeit durch Gclvalt und List angelegt worden, und stellte seine alte nationale Unab hängigkeit wieder her. Wir haben die Wirkungen der spanischen Herrschaft in Por tugal bereits kennen gelernt (XI, 241 ff) . Mit der Freiheit und Selbständigkeit ging auch die Größe und das Glück der Nation verloren, Es ist uns bekannt, wie erfolgreich die regsamen Niederländer in die spanisch-portugiesische Colonialwelt ein drangen : in Ost- und Westindien, in Japan und Brasilien drängten sie die alten Gebieter zurück, gründeten an allen günstig gelegenen Orten Niederlassungen und Factoreien und machten sich zu Herren des überseeischen Welthandels (XI, 245, 679). Alle Unfälle, welche die spanischen Völker und Staaten im siebenzehnten Jahrhundert durch die Tyrannei und Unfähigkeit der Habsburgischen Herrscher zu erleiden hatten, fielen auch auf Portugal zurück: an die Stelle der alten Unternehmungskraft und Ausdauer trat Schlaffheit und Entmuthigung; mit dem Verluste der Colonien versiegten die Quellen des Wohlstandes; die Märkte von Lissabon und Oporto standen leer, während sich die Güter und Schätze aller Welttheile in Amsterdam und Rotterdam ansammelten; der Adel, der einst zu Entdeckungen und Eroberungen die Meere durchfahren, das Vaterland mit irdischen Schätzen, den portugiesischen Namen mit Ruhm und Ehre erfüllt hatte, Verlag jetzt seine Zeit in Unthätigkeit oder diente widerwillig der fremden Herr schaft; Handel und Verkehr geriethen in Verfall durch das Uebermaß der Zölle und Abgaben, womit die Ein- und Ausfuhr der Waaren und Produkte belegt Unirde; das Land verarmte unter der Last der direkten und indirekten Besteue rung, welche die spanische Finanzkunst mit erfinderischem Scharfsinn ins Leben rief; Staats- und Gemeindeämter, Bischofstühle und Pfründen konnten nur um hohe Geldsummen an die königlichen Kaffen erlangt werden; Adel und Geistlich keit wurden zu „freiwilligen" Subsidien angehalten; jede Gnade war seil, für jede nachlässige oder gewissenlose Amtsführung konnte man um Geld Verzeihung erhalten; wehe dagegen einem überseeischen Vogt oder Berwaltungsbeamten, welcher im Vertrauen auf sein gutes Bewußtsein den goldenen Schlüssel anzu- rveiidcn vergaß! Selbst die für „fromme Zwecke" bestimmten Gelder waren vor den räuberischen Händen der königlichen Behörden nicht sicher. Daß die Ver äußerung der Domänen und Regalien aus politischer Berechnung, aus Eifersucht