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288 6. Die pyrenäische und die apeniiiuischc Halbinsel. nicht versammelt waren, der Regierungsrath in Barcelona sich in den durch Ver fassung und Herkommen gesetzten Schranken hielt. Diese Sonderstellung der östlichen und nördlichen Landschaften, auf welche die Castilier schon lange mit Neid geblickt hatten, sollte nun beseitigt werden. Es lag im Geiste der Zeit, daß mit allen Privilegien und Ausnahmsgesetzcn zu Gunsten monarchischer Einheit und Machtfülle aufgeräumt würde. Was König Karl I. und Lord Strasford in England versuchten, was Cardinal Richelieu in Frankreich mit so glänzendem Erfolge durchführte, sollte das nicht der spanische Staatsmann, der allmäch tige Minister des größten europäischen Reiches, in dem Pyrenäenlande durch setzen können? Der Nothstand des Staates, die Unmöglichkeit dem Königreich Castilien noch weitere Lasten aufzubürden, die der absoluten Königsgewalt zu steuernde Zeitrichtung, das Beispiel anderer Länder, dies alles mußte den Ge danken. alle Theile des Reichs den gleichen Gesetzen und Pflichten zu unterwerfe», dem monarchischen Absolutismus durch eine allgemeine Uniformität sein volles Gepräge zu geben, rechtfertigen und begünstigen. Richclieu's Lorbeeren raub ten seinem spanischen Rivalen den Schlaf: Olivarez übersah die Ungleich heit der Lage. Während der französische Staatsmann seine Angriffe gegen auf rührerische Prinzen, gegen unbotmäßige Edelleute, gegen eine politische Religions partei richtete; wollte der spanische Minister die urkundlichen und verbriefte» Rechte einiger Landschaften, die den Zwecken und der Idee eines absoluten mon archischen Staats nicht entsprachen, aus dem Wege räumen, Verwaltung, Wehr pflicht, Besteuerung mit dem castilischen Staatsorganismus in Übereinstimmung setze». Auf Anregung des Grafen, der von Natur barsch und zu Gewaltthätig- kciten hinneigend den Kataloniern noch aus persönlichen Gründen schon seit Jahre» ress, grollte, legte der König ohne die Einwilligung der Stände einzuholen, eine neue Abgabe auf alle eingehenden Maaren und gebot, daß 6000 Catalonier für die Armee ausgehoben und nach Italien geschickt würden. Vergebens sandten die Stände eine Deputation nach Madrid, um in Erinnerung zu bringen, daß P nur zu Kriegsdiensten innerhalb ihrer Heimath verpflichtet seien und nur z» Steuern, die sie selbst sich auferlegten, und um nachdrückliche Vorstellungen gegc» die Eingriffe in ihre Fueros zu machen: der König, dem seine geistlichen M- wissensräthe die beruhigende Versicherung gaben, daß er kraft seines göttliche» Rechtes zu den Anordnungen befugt sei, wies ihre Beschwerden als unbegründet zurück. „Wer sich", schrieb Olivarez an den Vicekönig in Barcelona, „durch Berufung auf die Privilegien des Landes den allgemeinen Lasten zu entziehe» wagt, muß als Verräther gegen Gott, gegen König und Vaterland gezüchtigt werden". Auf seinen Befehl wurden die Abgeordneten gefangen gehalten. dieselbe Zeit waren die Franzosen in Roussillon eingerückt und hatte» sich der kleinen Festung Salses bemächtigt. Einem castilischen Heere gelang ^ jedoch, den Feind zurückzuschlagen und die verlornen Positionen wieder zu erobern- Es war aber vorauszusehen, daß Richelieu bald einen neuen Angriff unternehme»