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IV. Englische Wissenschaft und Dichtkunst. 271 kennt, daß nicht alle Erscheinungen auf diesem Wege ihre befriedigende Erklärung finden, und so kehrte man mit gutem Erfolge zurück zu der schon von Huyghens aus gesprochenen Ansicht, daß die Lichterscheinungen durch wellenartige Bewegungen hervor- gcbracht würden. Es ist bekannt, mit welcher Erbitterung Göthe gegen Newtons Ansicht auftrat, eine Erbitterung, die indessen kaum gerechtfertigt erscheint, wenn man den mehr ästhetischen, dichterischen Standpunkt Göthes mit der nüchternen objectiven Natur forschung Newtons vergleicht. Ungleich folgenschwerer ist die andere Entdeckung Newtons gewesen, die sich uon-'theörie auf die Ursache der Planctmbcwegung bezieht. Wir haben erwähnt, daß bereits Kepler in der Sonne nicht nur den geometrischen Mittelpunkt, um den die Planeten kreisen, sondern die wirkende Ursache, das treibende Agens erblickte. Newton hat, um seinem Drang nach einer mechanischen Erklärung der Erscheinungen zu genügen, aus diesen Gedanken zurückgegriffen. Er machte den Versuch, die durch genaue Beobach tungen über jeden Zweifel erhobenen Keplerischcn Gesetze aus der Voraussetzung einer anziehenden Kraft als nothwcndig herzuleiten, und so die Gesetze des deutschen Gelehrten aus bloßen Erfahrungsthatsachen zu nothwendigen Forderungen der menschlichen Ver nunft zu erheben, die überall ihre Gültigkeit behaupten müssen, wo Massen aufeinander »niken. Und dieser Versuch gelang vollständig. Newton erkannte das Gesetz, welchem die Wirkungen aller Massen gehorchen und aus dem alle beobachteten Thatsachen als notwendige Folgerungen fließen. Aber noch mehr: er erkannte, daß diese Wirkung keine andere sei, als die längstbckannte Schwere, welche den fallenden Stein der Erde Bführt. Und so hat er die so geheimnißvoll erscheinende Ursache der Planctmbcwegung zurückgeleitet auf die freilich nicht minder räthselhaste, aber durch die alltägliche Beob achtung bekannte und vertraute Schwerkraft. Newton wies die gegenseitige Anziehung als eine allgemeine Eigenschaft aller Massen nach, und aus diesem einfachen Grundsatz folgen durch logische Schlüffe die vielverschlungencn Vorgänge der Natur bis in ihre kleinsten Einzelheiten mit Notwendigkeit. Newton blieb nicht dabei stehen, diesen Gedanken als Vermuthung auszusprechen. Sein erstes Geschäft war, nachdem er einmal den großen Gedanken gefaßt hatte, denselben auf das Schärfste zu prüfen. Der erste Ersuch dieser Prüfung, der an der Bewegung deS Mondes angestellt war, mißlang; die tatsächliche Bewegung des Mondes war eine andere als sie nach den Rechnungen Newtons hätte sein müssen, wenn seine Voraussetzungen die richtigen gewesen wären; »»d Newton glaubte, darin eine Widerlegung seines größeres Gedankens von der Kavitation zu sehen. Da ward ihm die Kunde von einer neuen in Frankreich ange- flellten Gradmcssung, welche gelehrt hatte, daß der Durchmesser der Erde erheblich Wßcr sei, als man bis dahin allgemein angenommen hatte; nun erneuerte Newton IrtnenBcrsuch und es zeigte sich, daß nicht die Unrichtigkeit des Grundgedankens, sondern »»r die falsche Annahme über die Größe der Erde die Ursache war, daß die Rechnung *ln anderes Resultat ergeben hatte als die Beobachtung. Damit war nun die Richtigkeit feiner Entdeckung der allgemeinen Schwere bewiesen; es war das allgemeine Naturgesetz Pfunden, welches in den entferntesten Räumen des Weltalls die Bewegung der Him melskörper beherrscht, ebenso wie es das Fallen des Steines an der Oberfläche der ^ede bedingt. Es ist hier nicht der Ort, zu schildern, wie cs seit Newtons Zeit die fast aus- Resultate, fchlicßlichc Aufgabe der Astronomie gewesen ist, das allgemeine Gesetz zu bewahrheiten ^ m die kleinsten Einzelheiten, bis zu den geringsten Unregelmäßigkeiten, von denen uns ^ durch die trefflichsten Instrumente geschärfte Auge Rechenschaft gibt. Ucbcrall lösten »ch die verworrensten und scheinbar regellosesten Bcwegungserschcinungen in nothwendige ^gerungen des Grundgesetzes aus. So beherrscht der Geist Newtons nicht blos die