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266 k. Das brit. Reich unter den ersten Stuarts u. als Republik. Fehler seiner Natur, denen er aus Liebe zum Schein, um ihrer glänzenden Außenseite willen, unbekümmert nachgab. Er lebte großartig in Aorkhouse, umgab sich in seinem Landhause in Gorhambury mit einer förmlichen Hofhaltung, baute mit einem Aufwande von 10,000 Pf. Verulamhouse; seine Diener hatten die kostbarsten Livreen und besaßen Wagen und Pferde." Ohne seine Schuld und Amtsvergehen in Abrede zu stellen, die übrigens zu jener Zeit allgemein waren, ist Kuno Fischer der Ansicht, daß der Lord kanzler das Opfer eines politischen Tcndenzprozesses gewesen sei. „Er war in die Mitte gedrängt zwischen zwei einander entgegengesetzte Mächte, die ihn aufricbcn: König und Hospartei auf der einen, Parlament und Volkspartci aus der anderen Seite; von dieser wurde er gestürzt, von jener geopfert." Wenn gleich, wie Dahlmann sagt, „Bacons europäischer Ruhm in den schmutzigen „nd Wc'rkc! Gewässern Buckinghams scheiterte", so strahlt sein Name um so glänzender in den Annalen der Wissenschaft. Sein Ruhm als Schriftsteller und philosophischer Forscher „war in sich selbst so wohl begründet, daß er keinen Schaden litt, als Bacons bürger licher Ruf zu Grunde ging." Wenn man bei jedem Schriftsteller eine gewisse Ueber- cinstimmung zwischen seiner wissenschaftlichen Geistesrichtung und seiner persönlichen Gemüthsart voraussetzen darf, so wird man leicht begreifen, daß Bacons wissenschaft liche Denkweise, wie wir sie aus seinen zahlreichen Schriften erkennen, von den erwähn ten, im Laufe der Zeit vielfach vermehrten „Essays" bis zu seinen letzten Hauptwerken, dem „Novum Organon" oder Methodik (1620) und den neun Büchern „über den Werth und die Vermehrung der Wissenschaften" (1623), die Verwcrthung der geistigen Produkte für das praktische und reale Leben zum Ziel haben mußte, daß das Nützlieh- keitsprincip den Leitstern seiner Forschungen gebildet, daß die „große Erneuerung der Wissenschaft" (Instaurutio inaZna) wie er seine Gcsamnitwcrke zusaiinncnsassend be zeichnet«:, eine gänzliche Reform der geistigen Richtungen und Thätigkciten sowohl dci» Inhalte als der Form und Methode nach zum Zweck gehabt haben wird. Und so iß es auch. Bacon brach die Bahn und zeigte den Weg, wie die Wissenschaft auS der Unfruchtbarkeit und Nichtigkeit der bisherigen Systeine zu einem gesunden, für des menschliche Dasein nutzbringenden Realismus geführt werden müsse. Mit umfassende» Kenntnissen ausgerüstet und den klaren Forscherblick auf das Reale und Praktisches richtet, suchte er die Wissenschaft nicht in den engen Zellen des menschlichen Geistes, sondern in dem weiten Reiche der Welt. Zm Gegensatz zu den scholastischen Specula- tionen des Mittelalters richtete Bacon sein Denken auf große praktische Zwecke, er sa»d die Wissenschaft losgetrennt von dem Weltleben und will sie mit diesem in eine ne»e und fruchtbare Verbindung setzen. Sein Grundsatz war, daß der Mensch nur so vi^ vermöge als er wisse, daß Können und Wissen, Wissenschaft und Macht zusammen' fallen; sein Zweck, die Wissenschaft mit nützlichen, anwendbaren Kenntnissen zu be reichern, durch welche der Mensch die Herrschaft über die Dinge erlange; seine Methode, an der Hand der Erfahrung, durch Znduction vermittelst künstlich und methodisch angcstelltec Experimente, durch analytische Zersetzung der einzelnen Glieder und standthcile der Crschcinungswclt die Wahrheit zu erforschen, eine „Methode der Inter pretation" im Gegensatz zu der alten synthetischen „Methode der Anticipationen." M dem Satze ausgehend: „die Wahrheit ist die Tochter der Zeit" will Bacon auf Gru»d der neuern Erfindungen ein weiteres Reich der Erfindung aufschließcn, wie Colun>b»s einen neuen Erdthcil. Das Mittel und den einzig richtigen Weg dazu sieht er, wie ^ in seinen« zweiten Hauptwerk, dem „Novum Organon" ausführt, in der reinen Crfab' rung vermöge der experimentirenden Naturbeobachtung, nach Abstreifung aller „Zdole, aller Trugbilder, Täuschungen, Vorurthcilc, die wie Irrlichter von der wahren Ba>>» ablcnkcn. „Von den Sinneswahrnehmungen beginnt der Weg der Znduction, der du«.