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fesselt wäre, selbst mit einem starken Heer nach Thrazien zu ziehen, dort alles zu unterwerfen und den Krieg bis zur Kaiser stadt Byzanz zu tragen. So ernstlich war diese Absicht und so eifrig wurde die Zurüstung betrieben, daß er zu den Gepiden, Longobarden und andern benachbarten Völkern Gesandte schickte, um sie zur Theilnahme an diesem Feldzuge aufzufordern. Er erklärte es nämlich für unerträglich, daß der Kaiser Justinian in seinen Edikten sich Francicus, Alamannicus, Gepidicus, Longobardicus u. s. w. nenne, als ob er alle diese Völkerschaften unterjocht hätte. Er selbst nahm diesen Übermuth sehr übel und stachelte die andern zu gleicher Gesinnung auf, da sie ja ebenso davon betroffen wären. (Agathias meint, dieser Zug wäre dem Theodebert wohl schlecht bekommen.) Wenn nicht sein Lebens ende frühzeitig hereingebrochen wäre, so hätte er sich wirklich auf den Weg gemacht. Aber als er einst auf die Jagd ging, trat ihm ein Stier entgegen, groß und mit gewaltigem Gehörn, nicht einer von den zahmen, die zum Pflügen gebraucht werden, son dern ein wilder Wald- oder Bergstier, der mit den Hörnern jeden Gegner niederwirft — man nennt diese Art, glaube ich, Auerochsen.') Sie sind in jener Gegend sehr häufig, denn dort in den dichtbewachsenen Schluchten, rauhen Bergen und kalten Gegenden hält sich das Thier mit Vorliebe auf. Wie solch einen Stier Theodebert aus einem Thal aufspringen und auf ihn selbst loskommen sah, faßte er festen Fuß, um ihn mit dem Speer abzufangen; als das Thier aber schon ganz nahe heran gekommen war, rannte es im vollen Lauf mit dem Kopf einen kleinen Baum um, so daß er völlig umgebrochen wurde. Von den stürzenden Zweigen schlug gerade der größte dem Theodebert an den Kopf. Der Schlag war tödlich, und der König stürzte sofort hintenüber. Mit Mühe brachte man ihn noch nach Hause, und dann starb er an demselben Tage (548). Ihm folgte sein Sohn Theodebald, obgleich er noch sehr jung war und seine Er- 1) üudali. —