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Prokop, Gothenkrieg I, 29. 85 römische Heer kam ins Wanken vor dem stürmischen Angriff der Feinde, und die Flucht ward allgemein. Nur PrincipiuS und Tarmutus mit wenigen Fußsoldaten wehrten sich tapfer. Gegen sie, welche weiter kämpften und nicht mit den andern fliehen mochten, wandten sich die meisten Gothen, voll Bewunderung für diese Tapferkeit, und unterdessen konnten sich die übrigen Fuß soldaten und die meisten Reiter retten. PrincipiuS, dessen ganzer Körper von Wunden bedeckt war, fiel hier und mit ihm 42 Mann Fußvolk. Tarmutus schwang in jeder Hand einen isau- rischen Speer, womit er seine Gegner, sich bald hier- bald dort hin wendend, durchbohrte. Verwundet, mußte er sich zurückzie hen. Dadurch, daß sein Bruder Ennes mit einigen Reitern ihm Lust machte, schöpfte er wieder frischen Muth und lief schnellen Laufs, von Blut und Wunden bedeckt, bis an die Umwallung, ohne einen seiner beiden Speere verloren zu haben. Seine na türliche Schnelligkeit vermochte ihn, obgleich er aus vielen Wun den blutete, zu retten; als er aber an das Pincianische Thor selbst kam, sank er zusammen. Einige Freunde, die ihn schon für todt hielten, hoben ihn auf einen Schild und trugen ihn da von. Nach zwei Tagen starb er und hinterließ ein rühmliches Gedächtniß bei seinen Landsleuten und dem ganzen Heer. Voll Schrecken standen die Römer auf der Mauer Wache und ließen, da sie mit vielem Getöse die Thore geschlossen hatten, die Fliehen den nicht mehr ein, aus Furcht, die Feinde könnten miteindringen. Die also nicht vorher schon in die Umwallung hineingekommen waren, die gingen durch den Graben und lehnten sich mit dem Rücken an die Mauer. So standen sie zitternd da, ohne an Vertheidigung zu denken, konnten sich auch gar nicht gegen die Barbaren wehren, welche auf sie losgingen und den Graben zu überschreiten drohten; denn den meisten waren im Kampfgetüm- mel oder auf der Flucht die Speere zerbrochen, und sie standen so eng an einander gedrängt, daß sie die Bogen nicht spannen konnten. So lange nicht viele von der Mauer herunterschauten,