XVIII Gattin Eurydike das Leben genommen. Niedergeschmettert, zermalmt von so vielen Schlägen wünscht er sich den Tod. — Im Frühjahr 440 v. Ehr., etwa im 55. Lebensjahr des Dichters, soll diese Tragödie zum ersten Mal in Athen ausgeführt worden sein. Sie ist zu allen Zeiten mit Recht gepriesen worden. Aber die von Ge schlecht zu Geschlecht fortgepflanzte Bewunderung, die Sympathie mit der nach dem modernen Ideal herübergewendeten Heldin, haben sich zum Dogma verfestigt und unbefangenem Urtheil noch keinen Raum gelassen. Durch jene auf das ungetheilte Leben gerichtete Sinnesweise der Griechen, durch die Wandnachbarschaft ihrer Poesie, Philosophie, Politik, ist man Lei Sophokles noch viel mehr als bei Shakespeare verleitet worden, die Idee, den Grundgedanken zu formuliren, welchen er in jedem seiner Dramen darstellend ausgeführt habe. Ein Poet war und ist aber immer Poet durch das Wie, nicht durch das Was; ja wenn er seine Gedanken von fremden Bäumen pflückt, er bleibt doch was er ist. Auch zu einem Lehrer des Volks und der Menschheit, wenn er so genannt wird, machen ihn nicht Aufstellung von Beispielen und Spruchweisheit, was nicht seines Amtes ist, sondern er wird es durch Jneinsbildung von Stofs, Gehalt und Form, durch Absonderung alles dem Bedürfniß, auch dem geistigen, Dienstbaren, durch Verklärung des Wesens im Schein, durch seine Kunst. Aus der vorliegenden Schöll'schen Uebersetzung*) sind alle Verse beseitigt, welche dieser besonders um Sophokles' Werke vielverdiente Ge lehrte als Zuthat von fremder Hand nachgewiesen oder verdächtigt hat. Dem Wißbegierigen, der solchen Fragen und Verhältnissen aus den Grund sehen möchte, sind Schöll's Einleitungen und Erklärungen zur Antigone wie zu den übrigen Sophokleischen Dramen als Ergebnisse einer scharfsinnigen und von ächter Begeisterung für den Dichter einge gebenen Forschung zu empfehlen. *) Sophokles' Werke, verdeutscht in den Versmaßen der Urschrift und erklärt von Adolf Schöll; Stuttgart, in C. Hoffmann's Verlag. EbendaselbstDas Alt griechische Theater von Julius Sommerbrodt; mit Abbildungen in Holzschnitt. (7-/2 Sgr.)