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Wochenblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend Zu gemeinnütziger Unterhaltung für alle Stünde. Redigirt unter Verantwortlichkeit de« Verleger«. 52.^ Mittwoch, de« S. Juli. Diese wöchentlich 2 Mal, Mittwochs und TonnabendS, und lungea nehmen alle Postanstalten Sachsen« an. — Annoncen werden die gespaltene Seile oder deren Raum mit 6 Pf. derechnet uUd für jede nächste Rümmer bi« Tag« vorher Vormittag« S Uhr angenommen. — Eine Annonce unter 4 Seilen kostet 2 Rgr. S Pf. Politische Umschau. Sachsen. In vor. Nr. befand sich unter der Rubrik „Amtli ches" ein Auszug aus einer Bekanntmachung derBu- dissiner Kreisdirection, das Turnen betreffend, welcher hier und da zu Mißverständnissen Veranlassung wurde. ES ist nämlich der Schuljugend nur die Theil- nahmeandenTurnfestenderErwachsenen, keineswegs aber das Turnen selbst unter sagt; im Grgmtheil können wir unfern Lesern ver sichern, daß das Ministerium das Turnen zur Schul sache zu machen beabsichtigt, zu welchem Zwecke in Dresden namentlich eine Anstalt zur Ausbildung von Tumlehrern errichtet werden soll. In Berücksichtigung dessen wäre zu wünschen, daß alle Stadtbehörden das Kinderturnen kräftigst unterstützen möchten, um der Regierung in ihren Absichten vorzuarbeiten und die wichtige Angelegenheit zur Schulsache erheben zu hel fen, wie es bereits in Dresden an zwei Schulclassen, in Zittau, Annaberg und andern Orten geschehen ist. Dresden, 2. Juli. Der König ist heute mit dem Frühzug nach Berlin gereist. — Die Hoffnung, daß sich Heubners Loos milder gestalten werde, scheint leider vergeblich gewesen zu sein. Es geht daS Gerücht, der Unglückliche sei bereits in voriger Nacht nach Waldheim abgeführt worden. — DaS schöne Pillnitz ist am 27. Juni, Nach mittags, von einem schweren Unglück betroffen worden. Mehrere daselbst zusammenstoßende Gewitter entluden sich in einem Wolkenbruch, welcher stromartig von den Weinbergen herabstürzte, Mauern durchbrach, einzelne Häuser zertrümmerte und stückweise hinwegspülte und die Straßen und Brücken auf eine furchtbare Weise zerstörte. Glücklicherweise ist bei all' diesem erschüttern den Unglück kein Menschenleben zu beklagen. Der angerichtete Schaden aber wird auf lange Jahre na mentlich für die ärmere Elaste fühlbar bleiben, und nurdieWohlthätigkeitguterMenschen kann daS große Elend einigermaßen lindem. In Reichenbach sind 66 Maiangeklagte be gnadigt worden. Gegen sieben aber geht die Unter suchung fort. Fünfter Jahrgang. Baden. Der AuSmarsch der badischen Truppen in preu ßische Garnisonsorte soll null doch noch erfolgm oder bereits erfolgt sein. Der Dorfbarbier sagt darüber: „Wahrscheinlich werden die badenschen Soldaten drei mal in Berliner Blau getaucht und nach gut abgelau fener Trockenzeit als blau angelaufene Neupreußen dem Großherzoge wieder zurückgestellt werden. ES wundert mich nur, daß Oesterreich und die sogenann ten Großdeutschen dieser preußischen Blaufärberei so ruhig zusehen." —- Der Kriegszustand und daS Stand recht ist abermals auf vier Wochen verlängert. Freie Städte. Frankfurt. Unter dm Nachrichten aus Frank furt ist eine Thatsacke zuverlässig, daß die Herren Diplomaten aller Farben (die nationale ist dort nicht vertreten) daselbst in ckuloi judilo (zu gut deutsch: vergnügt und froh) leben, in schönster Eintracht mit einander essen und trinken, selbst der dänische Bülow nicht ausgenommen. Mittlerweile werden in allen deutschen Ländern Millionen Thaler und Gulden mo- bilisirt, nur um im deutschen Volke den Glauben zu erhalten,, man stehe einander wirklich feindlich gegen über. — Allerdings hat jede von den Groß- und Kleinmächten ihre absonderlichen Gelüste und Stre bungen und ihre Jntriguen gegen einander find voll kommen ernster Natur. Aber da eS jeder an Muth und Energie fehlt, ihre Wünsche nöthiaenfall- mit Gewalt durchzusetzen, so habm sie sich gleich vom An fang her in den Schutz des Auslandes befohlen, und dieses führt alle bei der Nase hemm, bis die eigenen Interessen sicher in den Hafen gebracht find. England wie Rußland benutzen den Zwist der deutschen Fürsten, so wie die Angst der europäischen Regienmgen vor ihren Völkern als Mittel und Waffen, um sich gegen seitig in Schach zu hallen. Rußland hält die Fürsten an der Leine, Palmerston droht die Völker vom deut schen Meer bis zu der Fruersäule des Aetna loSzulas- sen. Damm die ewigen Provisorien in Deutschland, darum das zu Nicht- führende Spiel auf der deutschen Reichsversammlung, dem UnivnSbündniffe, dem Er furter Parlamente, dem Fürstencongreffe und der Frankfurter Versammlung.