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13 Ortes näher erklären wollte, nahm derselbe einem Trabanten' die Lanze aus der Hand und machte damit eine skizzirte Zeichnung des Locals, worüber Dionysius heftig gegen ihn erzürnt wurde und den Mann, der ihm die Lanze gab, sofort hinrichten ließ. Oesters sagte er: „daß er sich vor seinen Freunden in Acht nehmen müsse; denn er kenne diese als gescheite Leute, die lieber selbst Fürsten sein wollten, als einen Fürsten über sich dulden." Einen gewissen Marsyas, der von ihm befördert und in eine höhere Offiziersstelle eingesetzt worden war, ließ er hinrichten, weil es demselben von einer Ermordung des Dionysius geträumt hatte; denn ein derartiger Traum könne nur von den Gedanken und Absich ten Herkommen, die man den Tag über hege. Eine solche in steten Aengsten schwebende, von allem Jammer der Feigheit erfüllte Seele hatte der Mann, welcher gegen Plato zornig ergrimmte, weil ihn dieser nicht als den muthigsten Helden der Welt darstellte! 10. Seinen Sohn also, wie bereits erzählt, welchen Dion aus Mangel an Erziehung völlig verdorben und in seinem Charakter ver krüppelt sah, ermahnte derselbe, sich um die rechte Bildung umzusehen und deßhalb den ersten aller Philosophen auf's Dringendste zu er suchen, daß er nach Sicilien herbeikommen möchte. „Sei er da, dann solle sich der junge Fürst ihm ganz überlassen. Dann werde durch die Grundsätze der Tugend auch in seinen Charakter Ordnung kommen. Er werde ähnlich werden jenem göttlichsten, schönsten Urbilde, dessen Leitung das Universum gehorche, und dadurch aus einem Chaos in eine Welt voll Schönheit und Harmonie sich umwandle. Nicht nur für sich selbst werde er alsdann ein hohes Glück erzielen, sondern ebenso für seine Unterthanen. Alle Pflichten, welche sie jetzt in miß- muthiger Stimmung nur unter dem Drucke eines Zwangsregiments erfüllten, würden ihnen alsdann nur noch als väterliche Anordnun gen erscheinen, hervorgegangen aus Einsicht und Gerechtigkeit, in Verbindung mit freundlichem Wohlwollen. Aus einem Tyrannen sei er dann ein wahrer König geworden. Die diamantenen Ketten seien nicht, wie sein Vater gesagt, Furcht, Gewalt, eine Masse von Schiften, eine viel tausend Mann starke Leibwache von Ausländern, sondern Liebe, guter Wille, Wohlwollen, welche in die Herzen kom-