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Verkehr mit dem jungen schlecht erzogenen Fürsten diesen durch aller hand Vergnügungen und Schmeicheleien in Beschlag, indem sie stets irgendwelche Liebschaften und wilde Unterhaltungen beim Trinkgelag im Kreise von Weibern und durch sonstige unanständige Lustbarkeiten für ihn anzuzetteln suchten. Dadurch fühlte sich die Tyrannenherr schaft, wie das Eisen, etwas milder an. Sie erschien den Unterjoch ten in freundlicherer Gestalt und das Inhumane daran weniger schroff, indem sie nicht sowohl durch irgend eine wirklich sanftere Gesinnung, als vielmehr durch den Leichtsinn des Machthabers an ihrer schnei digen Schärfe verlor. Allein die Folge davon war, daß die vorwärts schreitende, immer weiter um sich greifende Erschlaffung, die sich an dem jungen Fürsten zeigte, jene diamantenen Fesseln, womit der ältere Dionysius die Monarchie bei seinem Tode befestigt zu hinterlassen behauptete, wie Wachs zerschmelzte und znm Zerreißen brachte. Neunzig Tage lang — sagt man — trank er ununterbrochen' fort, nachdem er einmal angefangen. Ueberhaupt — an seinem Hofe, der während dieser langen Zeit für ernstere Personen und Gespräche vollständig abgeschlossen und unzugänglich blieb, herrschte nichts als Trunkenheit, Witzreißerei, lustiger Gesang, Tanzen und elende Possen. 8. Natürlich mußte also Dion eine unangenehme Person sein, weil er sich zu Nichts hergab, waS den Charakter von Vergnügungs- sucht und Ausgelassenheit an sich trug. Deßwegen verlästerten sie ihn auch immer mehr, indem sie, ohne auf Unglauben zu stoßen, seine Tugenden mit Prädikaten von Lastern belegten. Seine edle Würde nannte man Hochmuth, seine Offenheit eine selbstgefällige Frechheit. Warnte er, so legte man dieß als Vorwurf aus; entzog er sich der Theilnahme an schlechten Dingen, so sah man darin eine Verachtung. Ohne Zweifel lag auch wirklich in seinem Charakter eine gewisse natürliche Vornehmheit, eiue für den Umgang unzugängliche, ja ab stoßende Härte. Er war nicht nur für einen jungen Mann, dessen Ohren durch vielfache Schmeicheleien gründlich verwöhnt waren, als Gesellschafter unangenehm und unhöflich, sondern auch viele Andere, die gerne mit ihm zu thun hatten und das Einfache und Edle in seinem Wesen vollständig anerkannten, tadelten dennoch sein Betragen in der Gesellschaft, weiter, wenn man mit ihm Zusammenkommen