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2. Außerdem geben auch die gleichen Schicksale, welche mehr vom Zufall, als vom eigenen Willen abhieugen, dem Leben der ge nannten Männer eine auffallende Aehnlichkeit. Beide wurden noch vor Erreichung des Zieles, an welchem sie nach vielen schweren Käm pfen ihre Thätigkeit in Ruhe übergehen lassen wollten, hinweggerafft; sie wurden es, weil ihnen die nöthige Kraft gebrach. Das Allerselt- famste ist jedoch, daß auch der Himmel Beiden ihr Ende ankündigte, sofern dem Einen wie dem Andern eine unglückweissagende Erschei nung vor die Augen trat. Allerdings führen die Läugner derartiger Dinge den Grund an, daß noch niemals einem vernünftigen Menschen irgend ein höheres Wesen oder ein Geist erschienen sei; nur kleine Kinder, furchtsame Weiber und krankhaft verrückte Leute, bei denen eine geistige Ver irrung oder körperliche Verstimmung eingetreten, schaffen sich selbst solche leere, wunderliche Einbildungen; der böse Geist liege in ihnen selbst und sei die Geisterfurcht. Wenn aber Dion und Brutus, zwei so ruhig denkende, philosophisch gebildete Männer, die durch kein trübes Ereigniß sich aus der Fassung bringen ließen und überhaupt nicht leicht zu berücken waren, dennoch durch eine Erscheinung, welche sie hatten, in eine solche Stimmung versetzt werden konnten, daß sie auch gegen dritte Personen sich darüber äußerten, so weiß ich in der That nicht, ob wir nicht gezwungen sind, uns wieder zu der seltsam sten Ansicht der uralten Zeit zu bekehren, wornach schlimme, bos hafte Geister, neidisch geworden auf rechtschaffene Menschen und be strebt, ihrem Wirken entgegenzutreten, diese in Unruhe und Schrecken zu versetzen suchen, um ihre Tugend zu erschüttern und zu Fall zu bringen, damit sie nicht durch ihr waudelloses Beharren im Guten, durch ihre bewahrte Unschuld im Jenseits ein besseres LooS erhalten, als sie selbst gefunden haben. Allein diese Dinge mögen einer andern Untersuchung Vorbehalten bleiben! Im vorliegenden Buche, dem zwölften unserer Lebensbeschreibungen, wollen wir jetzt mit dem Leben des Aelteren der genannten beiden Männer beginnen. 3. Der ältere Dionysius vermählte sich unmittelbar nach sei ner Thronusurpation mit der Tochter eines Syrakusaners, Hermo- krates. Da jedoch der Despotisnius noch nicht fest begründet war, so brach in Syrakus eine Revolution aus, in welcher jene Frau kör-