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57 flehentliche Bitte folgte, sich eines Verwandten zu erbarmen, dessen Elend selbst bei den Feinden Mitleid erregen müsse!" Seleukus ließ sich hiedurch ziemlich erweichen und schrieb seinen dortigen Generalen: „sie sollten für Demetrius eine königliche Verpflegung und für dessen Armee eine reichliche Masse von Proviant liefern." Da kam Patro- kles, der für einen sehr einsichtsvollen Mann galt und zugleich ein getreuer Freund des Seleukus war, und gab sein Urtheil dahin ab: „der Kostenpunkt sei nicht die Hauptsache, wenn mau Demetrius' Soldaten unterhalte; allein den Demetrius ungestört im Lande zu lassen, sei nicht gut; Demetrius sei von jeher der gewaltthätigste, un ruhigste von allen Königen und befinde sich jetzt in einer Lage, die auch einen von Natur gemäßigten Charakter zu Keckheiten und Unge rechtigkeiten verleite." Hiedurch aufgestachelt, zog Seleukus mit einer- bedeutenden Truppenmacht nach Kilikien. Demetrius, erschrocken über die plötzliche Umwandlung des Seleukus, suchte sich in seiner Angst in den festesten Gegenden des Taurus zu decken und ließ durch Ab gesandte den Wunsch ausdrücken: „man möge ihn doch unter den unabhängigen barbarischen Völkern jener Länder sich ein Reich grün den lassen, um dort sein Leben zu beschließen, frei von allem bis herigen Jrrsal und Flüchtlingschaft. Wo nicht, so möge man über den Winter seine Armee im Lande unterhalten und ihn nicht arm und entblößt von Allem Hinaustreiben und den Feinden preisgeben." 48. Seleukus, der alle diese Bitten nicht ohne Argwohn auf- uahm, gestattete ihm, wenn er wolle, noch zwei Wintermonate in Kataonien*) zuzubringen, nachdem er zuvor die ersten Personen seiner Umgebung als Geiseln gestellt hatte. Zu gleicher Zeit ließ er sämmt- liche Gebirgspässe, die nach Syrien führten, durch Schanzen ver sperren. So war also Demetrius, wie ein wildes Thier, im Kreise eingeschlossen und umgarnt. Nothgedrungen griff er zur Gegenwehr, durchstreifte das Land und behielt bei jedem Angriff, den Seleukus unternahm, im Gefechte die Oberhand. Sogar als einmal die Sichel wägen gegen ihn losgelafsen wurden, hielt er Stand und jagte sie in die Flucht. Ebenso verjagte er mit bestem Erfolge die Mann- ») Kataonien, südlichster Theil von Kappabokien, von den Gebirgen Laurus, AinanuS und Antitauru» etngeschloffen.