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29 versöhnte sich mit seiner Mutter und ließ sie wieder an den Hof kom men , weil er ihren Verstand und ihre hochsürstliche Gesinnung wohl kannte. Auch stand keine hindernde Ursache mehr im Wege, warum sie bei ihrem Zusammensein sich gegenseitig beargwöhnen oder kränken sollten. Von dieser Zeit an erwies Parysatis dem König alle möglichen Dienste der Gefälligkeit. Indem sie lediglich gegen Nichts, was er vorhatte, Einwendungen machte, gewann sie bald den größten Einfluß bei ihm und erreichte alles Gewünschte. Sie bemerkte, daß er zu einer ihrer Töchter, Atossa, eine heftige Liebe gcsaßt hatte, aber hauptsäch lich um ihretwillen seine Leidenschaft verheimlichte und sogar, wie Einige berichten, in Schranken hielt, — wiewohl er bereits mit der Prinzessin in vertrautem Umgang gestanden war. Als nun Pary satis ihre Vermuthungen schöpfte, zeigte sie sich gegen das Mädchen noch viel freundlicher, als zuvor, auch rühmte sie dem Artaxerxes ihre Schönheit, wie ihren Charakter, als fürstlich und hervorragend. Schließlich bewog sie ihn, die Dirne zu heirathen und für die recht mäßige Gemahlin zu erklären, unbekümmert um die Meinungen und Gesetze der Hellenen; denn „für die Perser sei er ja selbst von Gott als Gesetz aufgestellt und entscheidender Richter über Gut und Böse". Einige Schriftsteller, zu denen auch Heraklides aus Kumä *) gehört, behaupten jedoch: Artaxerxes habe nicht bloß eine von den Töchtern geheirathet, sondern auch die zweite, Amestris, von welcher wir bald noch Weiteres melden werden. Die Atossa aber liebte der Vater als seine Gattin so sehr, daß er trotz eines Aussatzes, der sie am Körper verwüstete, dennoch nicht den geringsten Widerwillen gegen sie faßte, sondern für sie zur Juno betete und dabei vor Juno (was er sonst bei keiner Gottheit that), sogar niederste!, bis er mit seinen Händen den Boden berührte. Auch schickten seine Satrapen und Freunde auf königlichen Befehl der Göttin so ungeheure Geschenke, daß der ganze, sechzehn Stadien betragende Weg zwischen dem Palast und Tempel von Gold, Silber, Purpur und Pferden ganz bedeckt war. *) Kumä in Acolien; HeraklideS schrieb eine persische Geschichte; seine Lebens zeit ist unbekannt.