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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.06.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-06-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192306167
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230616
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230616
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Text schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
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Jahr
1923
-
Monat
1923-06
- Tag 1923-06-16
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Monat
1923-06
-
Jahr
1923
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1 8oaa»deoÄ, 16. jaol ^s^esderickt Ein Riesenbetrug Wie Oesterreich um 250 00V Gewehre und 100 Kauonen geprellt wurde Liner Wiener Meldung au» Berlin zufolge wurde dort Hans Widmer, ein Kaufmann au» Zürich, auf Veranlassung der österreichischen Regie rung wegen Unterschlagung von 1H Millionen / Schweizer Franken verhaftet. Di, Geschichte geht auf das Jahr 1915 zurück: Damals tauchte Widmer plötzlich in Wien auf und offerierte dem k. u. k. Kriegsministerium 250 000 Gewehre au» der Schweiz. Da Oesterreich zu jener Zeit Gewehre brauchte, nahm man da« An- gebot an. Nun stellte Widmer jedoch gleichzeitig die Bedingung, daß auch 100 Kanonen übernommen werden, und daß ihm zur Bestechung von Schweizer Offizieren eine unkontrol- - I lierbare Doll macht über 2 Millionen Schwei- j zer Franken ausgestellt werde. Auch da» wurde ihm gebilligt, obwohl man damals keine Kanonen benötigte. Lin Vertreter Oesterreichs wurde al» .Abge sandter der Republik Haiti' entsprechend maskiert und mit falschen Paffen versehen und nahm als sicher in der Schweiz die Probe über die Gewehre und die Kanonen ab. Die letzteren genügten dem Vrrtreter nicht, da .Haiti als Insel nur Geschütze mit einer bestimmten Tragweite brauche'. Trotzdem ' I erhielt Widmer die verlangte Summe ausbezahlt. Zn Oesterreich wartete man aber vergeblich auf I die Gewehre, sie kamen nicht. Dafür erschien der I Herr Widmer im Diener Kricgsministerium und gab I dort zu Protokoll: »Das Waffengeschäft ist an di: I Lntente verraten worden, weshalb die Schweizer I Regierung die Ausfuhrbewilligung zurückziehen I mußte. Don dem Geld könne er nur noch 400 000 I Franken zurückerstatten, der Rest sei auf Bestechungen M ausgegangen. Er könne die Namen jener Schweizer I Osftziere zu Protokoll geben, die das Schmiergeld W angenommen hatten.' Das Kriegsministerium Dlehnte jedoch nobel die Annahme der 400 000 M Franken a b mit der Begründung, man wolle die I ganze Summe oder nichts. - Dieser Akt, der jahrelang in den Archiven des I Kricgoministcriums geschlummert hatte, fiel dem I Lrsparungskommissar in die Hände. Lr I entnahm daraus, daß Oesterreich, das laut Friedens- I vertrag nicht nur in den Passiven, sondern auch in 1 den Aktivposten der alten Monarchie Nachfolgen I sollte, von der Schweiz eine Summe von zwei Mil- 1 lionen Franken zu fordern hätte, ein Betrag, der I heute ungefähr 27 Milliarden österreichische Kronen I beträgt. Gegen Widmer, übrigens einen in der Schweiz I als Enrporkömmling bekannten Geschäftemacher, I wurde eine Strafanzeige verfaßt, die zu seiner ob- I erwähnten Verhaftung führte. Ob sich aber durch I eine strafgerichtliche Aburteilung de» Züricher Waf- I senhändlers die verlorene Summe zurückbringen I läßt, ist mehr als fraglich. Umgestaltung der Srwerbvloseufürsorge? Dem I Reichsrat liegt ein Antrag Sachsens auf Abände- sau R rung des Z 9 der Verordnung über Erwerbslosen» I fürsörge vor. Die sächsische Regierung verlangt, daß I den Gemeinden und Gemeint^verbärrden ebenso I wie die Festsetzung der Art und^Höhe der Unrer- I stützung auch die Feststellung einrr kurzen Warte- I zeit von höchstens einer Woche für fvie Erwerbslosen I überlasten werde. Ferner soll die gegenwärtige Be- I stimmung, daß die Unterstützung erst nach einer I Wartezeit von mindestens einer Woche gewährt I werden soll, nach Sachsens Antrag gestrichen wec- I den. Aus den Kreisen der sächsischen Handels- I kümmern ist der Reichsrat gebeten worden, diesen I Antrag abzulehnen, da eine einheitlich« Regelung I der Wartezeit für das ganze Reich durchaus zweck- I mäßig sei. * Wochenkarte« für Kurzarbeiter. Um den schone- I rigen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt Rechnung ... I !—> »> » -- > — I Eros I Don Pros. vr. Sprunzor Wir cutnebmen den folgenden Aufsatz einer «rLtzeren TlüdaNdluna. die im Rahmen der ge sammelten nädagoatichen Aufsätze de« von seiner Lewqiqer Wirksamt-is Her ' unvergessenen Ge lehrten unter dem Titel Vdultnr und Er ziehung" bei Quelle L Metzer >rsr-i«nen sind. Wenn heut wiederum, wie zu Platos Tagen, in I einem hochgestimmten Kreise jugendlicher Mä iner dir l Auffordrrung erginge, der Reihe nach den Gott Eros I zu preisen, wie ein jeder ihn verstünde, so- würden I noch buntere und seltsamere Meinungen zutage I kommen, als beim Gastmahl des Agathon. Was «ine I ältere Generation darüber gefühlt und gebucht bat, I steht in Werken der Literatur vor ims. Ls sind I Zeugnisse darunter, die so aussehen, als habe man in dieser Zeit unter Kunst verstanden, seinen Se len- I schlämm von sich zu geben. Befremdender ist. daß I auch in der Jugendbewegung, di« in ihrem I Kern Erweckung und Wiedergeburt bedeutet, in Ge fühl, Gedanke und Handlung über das Erotische eine Verwirrung herrscht, die nicht sein könnte, w:nn im Leelengrunde alles gerade gewachsen wäre. I Was ist der Eros? — Er ist gewiß in seinen Ursprüngen etwa« ganz anderes, als die christliche I Liebe, die über Not und Druck und Entstellung bin- 1 weg in jeder menschlichen Seele einen göttlichen U Funken ehrt, an den bas eigne Leben zu verschwenden s I noch unendliche Seligkeit gewähren würde. Der Eros I ist in seinem Kern von ästhetischem Gepräge. Aber I auch er hat zugleich ein« echt religiöse Wurzel. U Aefthetisch ist er deshalb, weil er ursprünglich uus- I gelöst wird von dem schönen Menschen. Der schöne Mensch ist für ein natürlich empfindendes Gemüt zu- II nächst der blühende jugendliche Körper mit seinen an- ! I mutigen Linien und Formen. Besinnen wir uns ober D üefer, so kann unmöglich der bloße Umriß, dir bloße I Hülle, die bloß« Linienführung die S«ligleit oe» Schauen» Hervorrufen, mit der wir vor dem Schönrn niederfinken. Sondern e» ist ein« tiefe geistige Er- >-egung, die wir in uns spüren, wenn wir in diese« Formenschöne un« hinein- und hinüberfühlen Des halb ist da» Sinnlich^Sichtbare ein .Symbol', nnd wer feinen .Gehalt' deuten will, der findet 'n sich als dunkle Ahnung verhüllt etwa folgende Bezüge: Ts liegt in diesem lebendigen Gebilde ein Hinw-i» I auf geheime schöpferische Kräfte der Natur. Un» Äirchj^ömt «ine unendliche Andacht und Dankbar- rslpriyer r»gedl»tt »»<> . zu tragen und auch den Kurzarbeitern die Berufe- führten nach Möglichkeit zu erleichtern, hat sich, wie die .Reichszentrale für Deutsche Derkehr»werbung' erfährt, die Reichsbahn entschlossen, besondere Wochenkarten für Arbeiter einzuführen, die nur an einzelnen Tagen der Woche arbeiten. Die neuen Kurzarbeiterwochenkarten werden für sechs Fahrten in der Woche — je drei Hin- und Rückfahrten — zum gewöhnlichen Preise von drei Einzclkarten aufgelegt, so daß sie eine Ermäßigungvon 50 v. H. dar stellen. Die neuen Karten sollen möglichst bald ein geführt werden. Grobfeuer im Lindener Vinnen- Hafen Lin großes Schadenfeuer vernichtete gestern nachmittag umfangreiche Holzlager der hiesigen Firma Lassens, deren Lagerräume sich unmittel bar im Lmdener Binnenhafen befinden. Zwei große Lagerschuppen, die mit wertvollen Nutzhölzern bis oben ungefüllt waren, brannten vollständig her unter, ebenso wurde eine erst vor wenigen Wochen errichtete Zimmerwerlstätte, die zu der Schiffs werft gehörte, vollständig vernichtet. Der Schaden ist bisher noch nicht abzuschätzen, trifft aber oie Firma nm so empfindlicher, al» die vernichteten Werte völlig ungenügend versichert waren. Da innerhalb fünf Minuten beide Lagerschuppen in Flammen standen und die Firma umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen gegen Feuer getroffen hat, wird Brandstiftung vermutet. Für 40 Millionen Mark Strom gestohlen. Die Stadt Köln wurde durch Diebstahl von elektrischem Strom beim Schaaffhausenschen Bankverein um rund 40 Millionen Mark geschädigt. Ein bei dem Bank verein angestellter Obermonteur hat seit Oktober 1922 der städtischen Stromleitung Strom entzogen, der nicht durch die Stromzähler erfaßt wurde. Gegen den Obermonteur wurde Strafantrag gestellt. Die Direktion des Schaaffhausenschen Bankvereins sagte der Stadt zu, den erwachsenen Schaden zu ersetzen. Gefährlich« Dienstboten. In letzter Zeit mehren sich die Fälle, in denen große Diebstähle von un getreuen oder falschen Hausangestellten ausgeübt werden. Eine Gertrud Petersen hatte sich in Berlin b«i Vermieterinnen als Haustochter ausgegeben und für den elterlichen Haushalt ein Dienstmädchen ge sucht. Dadurch bekam sie Dienstbücher in die Hände, mit denen sie selbst in Stellung ging. Sie rückte jedesmal mit allen Wertsachen, die sie bekommen konnte, aus. Es gelang den Kriminalbeamten, sie in Pommern festzunehmen. Im Untersuchungsgefängnis riß sie sich aber eine alte Operationswunde auf, so daß sie nach dem Krankenhaus gebracht werden mußte, von wo sie jetzt wieder entflohen ist. Eine Frau Luise Neumann hat im Westen Berlins als Aufwärterin eine Anzahl von Familien geschädigt. Line dritte, Emma Jacoby, kommt stets mit großem Gepäck an, hat aber gleichfalls in wenigen Tagen schon Gelegenheit gefunden, mit wertvoller Beute die Wohnung heimlich zu verlassen. Dreißig .Hexrn'sklelette ausgegrabe». Bei Erd- arbeiten an einer Baustelle in Lindau in Oesterreich wurden dr-'ßig Skelette gefunden. An dem Fund ort befand sich in früheren Zeiten die sogenannte Schelmengrube, der Hinrichtungsplatz für Verbrechen und der Verbrennungeplatz für Hexen. Außerdem wurden in der Baugrube zahlreiche alte deutsche und französische Münzen gesunden. Nicht einmal die Skelette waren vor Dieben sicher — am nächsten Morgen nach der Ausgrabung waren sie gestohlen. Sven Hedia« sechste Tibetreise. Der berühmte schwedische Forscher Sven Hcdln will in diesem Jahre seine sechste Reise nach Tibet ontreten, mehrere schwe dische Gelehrte werden »hu begleiten. Die Mittel zu dieser Reise hat er durch eine Vortragsreise in Amerika aufgebracht. Es handelt sich um die Er forschung der tibetanischen Gebirge, des Zusammen hang« zwischen dem Karakorum und dem Danglo- Gcbirge usw., vor allem um die genauere Feststellung der Zentralkette. Interessant ist, daß auch die rus sische Regierung gleichzeitig eine geographische Mis sion nach Tibet schicken will. Wirtschaftliche LtmfieAmrgen arr -er Wasserkante Der Schiffsverkehr Hamburgs hat nahezu die Zahlen des letzten Friedensjahres wieder erreicht, aber seine Grundlagen haben sich durchweg geändert. Gan- besonders hak sich neben der Hamburg— Amerika-Linie neuerdings im Verkehr mit Süd amerika die Hamburg—Südamerika-Linie kurzweg »Hamburg-Süd^ genannt, entwickelt. Der feindliche Einbruch in das Ruhrgebiet und die Sperrung der Ruhrkohle für einen Teil der deut schen Industrie hat den Hamburger Hafen verkehr insofern belebt, als die Zufuhr der teuren englischen Kohle wesentlich zugenommen hat. Zum großen Teil vollzieht sich diese Einfuhr auf englischen und norwegischen Dampfern, wie denn die große norwegische Handelsflotte an allen Gelegenheits fahrten »mmer sehr schnell beteiligt ist, da sie ihren Verdienst in solcher »wilden' Fahrt mit Tramp- Dampfern sucht. Dafür hat der Mangel an deutscher Kohle einen großen Teil der vorzugsweise in Altona beheimateten deutschen Fischdampfer stillgelegt, für die die englische Kohle zi» teuer ist. Etwa 80 Fisch dampfer liegen an den Kais von Altona, und die Mannschaft ist arbeitslos. Die Erhöhung der Lisen- bahnfrachten hat die Absatzmöglichkeit der Seefiscl)« im Binnenlande immer weiter eingeschränkt, und nach Holland und England können deutsche Fisch dampfer ihren Fang nicht mehr verkaufen. Auch dieWerften spüren die Folgen des Ruhr einbruchs. Sie bekommen weder Kohle noch Eisen in genügendem Maße und sind zu Betriebseinschrän- kungen gezwungen, die das Heer der Arbeitslosen weiter verstärken. Noch ein anderes Moment bildet einen neuen Einschlag im Hamburger Seeverkehr. Das sind die Oelmotorschiffe. Eigentlich waren es zuerst die Dänen, die schon vor 1914 mit ihren Motor schiffen den Sprung vom Denzinboot zum Ozeanschiff wagten und recht gute Erfolge damit hatten. Heute steht die Ersparnis an Schiffsraum und Arbeits löhnen bei Oelmotorschiffen ganz besonders zu Buch. Macht der Oelmotor als Ersatz der Kolbenmaschine die Schiffahrt unabhängig von den überseeischen Kohlensiationen, so hat der kleine Außenbordmotor, wie ihn zuerst die Deutschen Werke als Massen fabrikat geliefert haben, jeden Fischerkutter und jede» Boot unabhängig vom Winde gemacht und läßt sie durch rationelle Kürzung der Fahrtdauer wesentlich rentabler arbeiten. Auf einer Fahrt die Elbe auf wärts begegnet man kaum noch einem Fischerfahr zeug, das in dem engeren Fahrwasser der Elbe ohne Oelmotör fährt. Die meisten Neubauten von Frachtdampfern er- halten heute den arbeit»- und mannschaftssparen- den Oelmotor als Antriebsmaschine. Eine bemer kenswerte Leistung stellt der Umbau der drei ehe maligen Küstenpanzer »Odin', »Aegir" und »Frit jof' dar. Diese aus dem Jahre 1890—92 stammen den 80 Meter langen kleinen Panzerschiffe von 3500 Tonnen Verdräng sind nach Entfernung des Panzer» und der Aufbauten auf der ehemaligen Untersee boots- und Torpedowerft Rllstringen, die von den Deutschen Werken übernommen ist, in recht brauch bare Frachtdampfer von etwa 2000 Tonnen Lade fähigkeit verwandelt worden. Die Hamburger Ree derei Arnold Bernstein, die sie aus den Beständen der ehemaligen Kriegsmarine gekauft hat, hat mit großer Energie den Verkehr mit Rußland ausge nommen, und di« beiden ersten Schiffe haben sich beim Transport von Lokomotiven nach Rußland gut bewährt. In Wilhelmshaven ist auch die ehemalige Marine werft zum Dau von Frachtdampfern übergegangen, während die Rüstringer Werft der Deutschen Werke ihre Tätigkeit zunächst auf den Umbau ehemaliger Kriegsfahrzeuge konzentriert hat. Nirgends kann mau vielleicht so gut wie in diesen früheren Kriegs betrieben sehen, wie ernst « un» Deutschen mit der Umstellung aller dieser Werke auf den Friedens betrieb gewesen jo und wie alle Meldungen, al» würden heimlich noch Möglichkeiten für den Wievcr- aufbau einer U-Docxtsflotte und dergleichen offenge halten, frei erlogen sind. Ein Nebenbetrirb der Werft in Rüstringen ist bas Abwrackgeschäft. Und zwar ist man heute da bei sehr viel schneller bei der Hand als ehemals, als man alte Segelschiffe und auerangierte Dampfer jahrzehntelang in stillen Hafenwinkeln Herumliegen sah. Das darf bei dem heutigen Eisenhunger nach der maßlosen Lisenvcrschwendung, wie sie der Welt krieg dargestcllt hat und wie sie sich die Menschheit nie wieder wird leisten dürfen, jetzt nicht mehr sein. Unrentabler Schiffsraum muß schnell wieder auf dem Umwege über den Hochofen nutzbar gemacht werden. Und das geschieht heute auf lautlosem Wege durch das schnell und sicher arbeitende Sauer- stoffgebläse viel besser als einst, wo mit lautem Ge hämmer die alten Schiffsrümpfe zerklopft werden mußten. Auf der Rüstringer Werft wird gegen- wärtig die alte »Hohenzollern' abgewrackt der so das Schicksal erspart geblieben ist, durch Kauf in den Besitz eines der Nutznießer des Versailler Vertrages zu gelangen. Die Gründe, weshalb auch neue große Diermaster schon wieder so in Alteisen verwandelt werden, sind wirtschaftlicher Natur. Der Achtstundentag hat auf allen Handelsflotten die Einstellung einer größeren Besatzung nötig gemacht, und damit beginnt durch die hohen Löhne bei langen Reisen die Rentabilität des Segelschiffs gegenüber dem arbeitssparenden Motorschiff zu schwinden. . Eine Anzahl französischer Holzdampfrr, die Amerika während des Krieges ge liefert hat und die aus dritter Hand nach Wilhelms haven gekommen sind, wird abgewrackt, weil die See eigenschaften dieser unschönen Schiffe zu schlecht ge wesen sind. Aber sie haben damals trotz allem ihren Zweck zu unserem Schaden erfüllt. Auf der Riistringer Werft sind schließlich noch zwei interessante Spezialschiffe im Bau. Es sind zwei große Kanalschiffe, die für die Wolga bestimmt sind und mit denen die obengenannte Hamburger Reederei einen direkten regelmäßigen Verkehr von Hamburg nach Petersburg und von dort durch das Marienkanal-System und die Wolga abwärts ins Kaspische Mesr und den Nordpersischen Hafen von Enseli aufnehmen will, nachdem im vorigen Herbst die Fahrt des deutschen Dampfrrs .Pionier' die Be nutzbarkeit des Marienkanals für flachgchrnde Schiffe erwiesen hat. Die Oelmotoren sollen diese Kanal schiffe von 1000 Tonnen Ladefähigkeit in den Stand setzen mit eigener Kraft die Fahrt über die Ostsee zurückzulegen. Der Güteraustausch mit Rußland bleibt ja auch die sicherste Grundlage für den wirt schaftlichen Wiederaufbau beider Länder. Außerdem machen wir durch einen Austausch zwisazen dcur- schen Fabrikaten und russischen Rohstoffen uns in unserer Ernährung und unsererIndustrie bcimBezug vieler Rohstoffe unabhängig vom überseeischen Aus- land. Hat doch über Reval auf deutschen Schissen schon wieder die Einfuhr beträchtlicher Mengen russi schen Roggens nach Deutschland begonnen, nachdem der gute Saatenstand und die Ausdehnung der An baufläche in Rußland unerwartet beträchtliche Mengen von Roggen auf dem Lande zum Vorschein gebracht hat. Verhaftete Slbpirateo. In Bielenberg bei Glückstadt wurden zwei Fischerfahrzeuge mit Netzen von vier Leuten gestohlen. Die Eigentümer der Boote beobachteten, wie die Piraten mit den Booten elbaufwärts fuhren. Sie nahmen die Der- folgung auf, und es gelang auch, die Räuber ein zuholen und sie zu verhaften. keit, daß ihr die» gelang, vaß sie in ihren ver borgenen Tiefen so beschaffen ist, die» zu wollen, dies zu vollenden. Und indem solche Ahnungen aiülingen, vertieft sich die bloß ästhetische Einfühlung zu einem mystischen Erlebnis, um deffenwillen wir den Er..» religiös nannten. Etwas vom Weltsinn »off.n- bart' sich hier. Die Natur trägt den Willen zum Schönen in sich-, aber doch nicht so, daß es ihr auf die bloße sinnliche Erscheinung ankommt, sondern so, daß sie durch dieses Gleichnis etwas sagt. Und zwar deutet sie in solcher Lhiffreschrift ein Seelisches an, das den Körper schön macht, indem es durch ihn hin« durchschimmert. Erst die Seele macht den Körper schön, und wäre s i e nicht schön, so würde auch hie Linienführung diesen Namen nicht verdienen. Daß aber die Seele schön ist, kann wieder nicht» andere» heißen, als daß in ihr der geheime Wille der schaffen den Natur, das reine, unentstcllte Gesetz des Lebens Gestalt gewonnen habe. Der tiefste Wertwille de» lebenotmenden Universums schimmert durch die Serft hindurch, wie dis Seele durch den Körper. Von einer solchen, ihrer selbst vielleicht ganz unbewußten Seele sagen wir, üap in ihr der höchste rtirtap'-ystsche Mertoehalt Erscheinung gewonnen habe, dessen der Muttcrschoß des Geisttg-Lebondiaen fähig isr. Also erleben wir in der jugendlich - schönen Erscheinung verhüllt letzte Weltwerte. Und wer vom Eros be rührt ist, der zweifelt nicht, in diesem Zustand dem Sinn der Welt näher zu sein, als in irgendeinem andern Augenblick des Erhobenscine. Wie aber dieser Sinn gleichsam in da» Körper liche und Sichtbare ausgegossen scheint, so ist auch das Erleben des Eindruckes eine Bewegtheit unsres ungeteilten Wesen». Wir sind nicht nur seelisch ergriffen, sondern bis in die letzten Fibern des Löb lichen durchschauert. Und es ist kein Wunder, daß auch in uns dann da» Zeugungsfähige mitanklingt, d. h. daß in diesem Seelisch-Erotischen zugleich ein sexuell Begehrendes erregt wird. Auch wir find leiblich-seelisch, wie die Natur, dir uns erzeugt ^a*, selbst. Ls wäre m«hrlich zu leugnen, daß dieses erotische Srunderlebni» in der Regel einen sexuellen Unterton mit sich führt. Aber in der Auslegung des Ganzen, Unteilbaren scheiden sich nun die Geister. Die einen erblicken den Sinn des Schönheirserleb- ntffes, das sich am menschlichen Bilde entzündet, ent schieden auf der Seite des Sexuellen. Das ist drr Hinabweg. Denn man mag es sich eingestehen oder nicht: die still« Voraussetzung für diese Ansicht ist doch ein« materialistisch« Weltaustaffung: Was in den Zusammenhang der physischen und biologischen Tatsache» eingeovdnet werden kau», das ist ver ständlich; alles andere ist begleitender Schein, ideo logischer Ueberbau, oder gar eine »List' de» lebens- gierigen Weltwillens, der diese Sehnsucht ins Spiel sctzt, damit körperliche Organe ihre körpcrl'che Funktion ausüben. Es gibt aber eine entgegengesetzte Deutung, nnd sie führt aufwärts. Nach ihr enthüllt sich der Si n n des sexuellen Begehrens und Zeugen» erst in diesen scheinbar nur begleitenden Erlebnissen. Sie sind nicht nur die Innenseite, sondern der eigentliche Gehalt. ?llle« bliebe ein seelenloser Vorgang am toten Stoff, wenn wir nicht in der erotischen Sehnsucht und in der erotischen Seligkeit teil hätten an dem, was hier aus den Tiefen einer durchgeistigten Natur auftteiot, und was erst ganz offenbar wird, wo es sich in seiner durchwühlenden Geistigkeit selber zum Dewnßts-in gekommen ist. Wer hat recht? — Man mache sich doch klar, daß das »bloß Sexuell«' mit seiner zuletzt rein physischen Fintttionslust auch den materiellsten Menschen nicht reizen würde, wenn nicht um alles Zugehörige di« Phantasie einen Schleier gewoben hotte, der das Ver lockende nnd Schwüle erst hineinbringt. Man nehm« aus den sexuellen Erregungen den Anteil der Phan tasie hinweg, und es bleibt nichts, was problematisch oder aufregend genannt werden könnte. Es dleibt da» eintönig Wiederholbare «iner leiblichen Bedürf nisbefriedigung; aber mit dem. ästhetischen Hauch wäre auch das Ethisch-Belangvolle verschwunden. Denn die Fortpflanzung oder geschlechtlich« Berüh rung ohne seelische Obertöne enthält gar nichts, worüber man Gedanken spinnen könnte. Klemperer geht »tcht »ach Berit». Au« Köln wird »«ns gedrahtet: Nach der Kölnischen Zeitung haben die Verhandlungen der Intendanz des Ber liner Stidttheatcrs mit dem Kölner Musikdirektor Otto Klemperer nrcht zu einem Ergebnis geführt. Herr Klemperer hat darauf »«rzichtet, di« Nach- folgeschaft anzutreten, da ihm sein« Kölner Stellung größere künstlerische Freiheiten gewährt. Die Fra« in der Wissenschaft. An der Leip ziger Universität wird sich Frl. Dr. phil. Charlotte Krause mit einer Probevorlesung über da» Thema »Suryamati, Königin von Kaschmir' habilitieren. Frl. Dr. Krause, die sich der indischen Philologie und vergleichenden Sprachwissenschaft zuwenden will, ist dft erst« Privgtdo^ttft» dar Universität. Einfälle Don Erinnerungen erwachen immer wieder von neuem, Hofnungen schlafen allmählich ganz ein. ti- Man soll das Leben nicht ernst nehmen, e» nimmt uns ja auch nicht ernst. Der wahre Wohltäter vergißt di: Wohltaten, die er bereits geübt Hot, und denkt nur an jene, di: er noch üben wird. * Ich lernte in einer Gesellschaft ein junges Mäd chen, eine unverstandene Frau und eine Nackt tänzerin kennen. Die Nackttänzerin war die scham hafteste. Manche Ehe ist eine lrbenslängliche Promenade, der eine geht recht», -er andere links .. . Da» Temperament mancher Frau gleicht zu weilen der Etikette auf gewissen We-inflaschen: der Inhalt stimmt nicket mit d^r Etikette. Eine Fvau hat wohl den Mut, ander» zu den ken und ander» zu suhlen, aber nicht, sich anders zu kleiden. Aus Don I,«ns Tagebuch: Man soll sein Geld in Frauen anlegen. Si« fiicki do» sicherste Papier, man gewinnt auch, wenn es — fällt. El» »e»«r vper»text von Hugo von Hofmann» - thal. Der Komponist Ehon Welesz hat eine einaktige Oper »Alkefti«' vollendet, deren Text von Hugo von Hofmannsthal stammt. Da» Werk gelangt zu Be ginn der kommenden Spielzeit am Opernhaus in Hannover zur Uraufführung. Herr Nasske ist die populärst« Gestalt der Jetzt- zeit. Deshalb darf man wohl den neuesten Witz über ihn kolportieren. Also, die Berliner Illustrierte erzählt: »Mit den Preisen ist e» doch wirklich schrecklich, liebe Frau Raffke. Heute sollte ich auf dem Markte für ein Pfund Huhn 8000 -4t bezahlen!' »Das ist doch nicht schlimm? Für «in Pfund Huhn 8000 -si? Do doch in England ein Pfund Sperling 2VG0V0 Ul kofftM
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