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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.09.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-09-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192309160
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- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Text schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-09
- Tag 1923-09-16
-
Monat
1923-09
-
Jahr
1923
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8«,» Vie sranzSsisch« Rheinlandpolttik rbereitung der Annexion durch eine „rheinische Währung" Käl», 15. September. (Eig. Tel.) Di« Haupt- ppen der schrittn^eisen Ueberführuvg der bis- -gen staat»rechtlichen Verfassung der !> e i n la n d c in eine neue, den Zielen der fran - .fischen Annexionspolitik entsprechen- ore treten immer deutlicher hervor: Regie- Zahnen, Rheinische Währung, irgendeine .'lrt von rheinischem Beirat in Koblenz, «eit Wochen bemüht sich Tirard, die in Frage kommenden Instanzen dre Rheinlandes. Stadtver waltungen, Wirtlchnst-ch und Finan-korporotionen, für ein stcmcrnsarneö rhrinisched Notgeld zu gewinnen, dessen allgemeine Annahme von der Rheinlondkommission durch Verordnung zu er- zwingen wäre. Vor etwa drei Wochen hatte die Rheinlandkommission einig« hundert Per sonen an, dem besetztem Gebiet nach Koblenz geladen, um über die Angelvgenhrit zn verhandeln. Tirard legte den Entwurf eurer Verordnung über das rheinische Notgeld vor und «ährte. eine Aussprache herbei. Dos ist der erste soll, daß Vertreter de» Nheinlandes ihr Plazet zu -ner Verordnung der Rheinlandkommisstan vor !). em Erscheinen geben sollte». Der Zweck war klar: s sollte eine Art von gesetzgeberischer Mit* o.rkung vorgetäufcht werden zu den Maß- . hmen, deren weittragende Bedeutung allen Ver- mmelten klar sein mutzte. Die Rheinlandkom- süon hatte vorsorglich auch cm« groß« Zahl von ondcrbündlern mit eingeladen. Trotz .r Zusammensetzung des Kremiums und trotzdem -ß einige der Geladenen sich anscheinend durch wcckmötzigkeitserwngungen beirren liehen, verhielt h die überwiegende Mehrheit, besonder» auch die reinigung von Banken und Bankier» von Rhein- ..i,d und Westfalen durchaus ablehnend. In einer kleineren ebenfalls von der Rhrinlond» ommission einbcruscnen Versammlung, die in der rgangenen Woche tagte, .reichte Tirard seinen «wrik wieder nicht, öwohl — oder gerade weil — er hatte erklären slen. die Notgeldordonnanz der Rheinlandkom- ussion würde auf alle Fälle kommen. Nnnmehr uldet der .Temps" Korrespondent aus dem be- >tenr Gebiet, daß die Rheinlandkommission am tzten Montag «nieder eine Besprechung mit Der- :' -mrn des Rheinlandes in Koblenz veranstaltet hat, nm die Frage einer rheinischen Währung zu er- altern. Der französische Vertreter habe hierbei den Deutschen mitgeteilt, daß beschlossen worden sei, mrt d-r Verwirklichung der Pläne zur Schaffung einer rheinischen Währung vorzugehen, indem man die Siadtgelder der verschiedenen Gemeinden zur gesetzlichen Währung im ganzen de» fetzten Gebiet mache. Zweifellos bilden die Zahlungsmittelschwierig' keitep nur einen willkommenen Vorwand, um den eisten Schritt zur Schaffung der schon geplanten rbcinischrn Währung zu tun. Außerdem soll die Möglichkeit geschaffen werden, die Beute der zahl- reichen Beschlagnahmungen von Ltadtgeldern, durch w'lch, die Zahlu.igsmittelnot im besetzten Gebiet erst recht verschärft worden ist, im ganezn linksrheini schen Gebiet für die Zwecke der Besetzimg zu ver wenden. Gegenmaßnahmen der Reichsregleruny dürften sich nur in der Richtung bewegen können, den Franzosen auch den letzten materiellen Vorwand zu einer „Geldnotbehebung' de» altbesetzten Gebietes zu nebmen. Es ist allerdings mehr al» fraglich, ob das genügen würde, um die rheinische Währung al» politische» Kampfmittel hintanzuhebev. « . Grohe plane in Genf Geuf- 15. September. lSig. Tel.) Die Vol ke r b u u d » v e r s a m m l u n g , die heute vor- mittag die Bericht der 2. Kommission über den Mädchen- und Kinderhandel und über die Umwandlung der provisorischen Hqgienorgantsation de« Völkerbünde« in eine feste Organisation auf Grund der Berichte de» polnischen Delegierten Lokal und des japanischen Delogierten Adatoi verhandelt, hat beschlossen, am Montag und Dienstag nächster Woche keine Vollsitzung abzuhaltcn. Di« Absicht ist, rascher mit den Kommisiionsverhandlungen vorwärt, zu konimen, da man vorau»sicht, daß am Ende de» Monats in drr Völkerbundsverscrmmlung noch große Debatten über die schwebenden politischen Fragen stattfinben werden. In den Kreisen der skandinavischen und einiger anderer Delegationen kleinerer Staaten, zu denen besonder» auch die holländische Delegation zu gehören scheint, wünscht man, daß di« Völkerbundsversamm- lang nicht au»einandergeht, ohne zu den großen poli- tischen Tageosrogen Stellung genommen zu hoben. Dazu gehört nicht nur di« Adri «frage, sondern auch das Problem der Reparationen und der inter alliierten Schulden, dessen Erörterung man bisher peinlich vermieden hat, irw nicht die zwischen Frank reich und Deutschland angeknüosten direkten Ver handlungen etwa zu stören. Man hofft oder, daß angesichts drr Dringlichleit mit einer mindesten» provisorischen Lösung des Ruhrkon- flikts auch die Reparotioncfraqc vielleicht bi» gegen Ende des Monat» zu einer Besprechung inner halb de» Völkerbundes reif sein wird. Da hier die Uederzeugnng ziemlich allgemein ist, daß di« end gültige Lösung der Reporationssrage nicht ohne Mit wirkung des Völkerbundes wird erfolgest können, so sähe man es gern, daß die Frage noch in dieser Session der Vöikerbundsnersanrmlung besprochen würde. Polnische Entstellung der Wahrheit Genf, >5. September. iE i g. Tel.) Der pol- is4sche Delegierte Skirmunt hat gestern vopmittaqf irr der Völker b und» vsersamm- lnng in seiner auf der Tribüne größtenteils un verständlich gebliebenen Rode u. a. auch einig« Be merkungen über die Minderheit»frage ge macht. die in Deutschland interessieren dürften. So erklärte er, daß der Zustand und die Zahl drr deutschen Schulen in Polen sehr be» friedigend seien. Im Jahr« 1022 hätte e« in Pokn 1849 deutsche Elementarschulen mit 1908 Lehrern gegeben, deren Unterhaltungekosten der polnischen Regierung zur Last fielen. Dabei fei in vielen dieser Schulen nicht einmal di« reglemeni- ilea IO. müssige Zahl »on 14 Schülern vorhanden gewesen. Er fügte hin»u, er wäre glückSich, wenn er sagen Want«, daß die in Deutschland gebliebenen Polen die gleichen Möglichkeiten hätten, polnische Schulen zu besuchen, wie die Deutschen in Vol<n. Davon sei man ober leider noch sehr weit entfernt an- yestcht» der Tatsache, daß es fast koine polnische Schul« in Deutschland gäbe. Weiter sprach er noch über di» Beziehungen Polen» zur Frei«« Stadt Danzig und führte au«, daß di« kürzlichen Verhandlungen mit Danzig, die unter den Auspizien de» Völkerbunde» geführt worden sind, eine« Fortschritt zeigten, der bisher noch nicht erreicht worden ist. Die Regelung der Beziehungen Polen« zu Danzig seien von grund legender Bedeutung ebensowohl für Polen wie auch für Danzig. Die Erklärung dafür, daß cs in Deutschland keine polnisch« Schulen gibt, ist sehr einfach: Polen hat da» letzte deutsche Gebiet, das pol nische Minderheiten auftoies, annektiert. (Die Red.) Vie MilitSrrevolution In Spanien Wie vorauszusehen «ar, Hot dos Pronunciamiento des General« Primo de Ribera zunächst einmal den Sturz des Ministeriums Garcia-Prieto herbei geführt. Weder dieser selber, noch auch der Monarch haben den geringsten Versuch gemacht, die gesetz mäßige Regierung gegen den nicht sowohl von der Armee al« solcher al» von ein paar rebellischen Generalen unternommenen Staatsstreich zu halten. Und so ist Spanien für den Augenblick mit einer Militärdiktatur gesegnet, von der mit Sicher heit nur das eine zu sage« ist, daß sie schwerlich schlechter wird regieren können als die korrupt« Klüngel, die sich bisher unter der oder jener Be nennung am Staatsruder abzulösen pflegten. Gerade in dem unmoralischen Charakter eines völlig ent arteten Parteiwrlen», da« weniger die Leiiung al« die Ausbeutung des Staate» zum Gegenstand hatte und in dem gestürzten Kabinett durch einige seiner anrüchigsten Exemplare vertreten war, ist der Grund dafür zu sehen, daß die Bevölkerung, wie es scheint, dem Staatsstreich ziemlich gleichgültig oegeniibersteht. Freilich liegt in drr nun zur Herrschaft gelangten Uniform nicht die geringste Gewähr für ernsthafte Reformen, die wohl auch nicht da» wahr» Ziel des Putsche» gebildet haben. Im Vordergrund der von den aufrührrrrschen Osfizreren verfolgten Absichten scheint vielmehr die Fortführung des marokkanischen Feldzugs zu stehen, der da» spanische Volk schon so viel Geld und Bin» gekostet und dem Offiziers- korps schon so viele außerordentlich» Beförderungen und sonstige Vorteile eingetragen Hot. Cs läßt in dieser Hinsicht tief blicken, daß unter den Mitglie dern de« militärischen Direktorium», das vorläufig die Gewalt übernoauncn hat. auch der General Vereng uär figuriert, der in Gefahr schwebte, wegen seiner Mißerfolge in Marokko zur Verant wortung gezogen zu werden, — der er nun ohne Zweifel aus die gründlichste Weife entzogen ist. Zur Eigenart der spanischen Armee gehört ein ungemeiner Ueberfluß an Ofsizieren namenrlich in den höheren Rängen. Der Gelegenheit zu beruf licher Betätigung vielfach entbehrend und mit übriger Zeit reichlich gesegnet, bilden diese eine be- uorzugte Kaste, die auf alle Weise bedacht ist, :hre zumeist nicht sehr anstrengende Stellung im Staate zu erhalten. So sah man denn auch die Neigung des Militär» zur Einmischung in die Zivilqewalt immer dann am stärksten werden, wenn es um den Ruf de« Offizierskorps nm schlechtesten bestellt war und damit der Ruf nach einigem Abbau der unmäßig ange schwollenen Cadres am lautesten wurde. Eine solche Lage ist zuletzt durch die schweren Schlappen ge- schassen worden, die sich die spanrsche Armee in Marokko geholt hat und die nun ohne Zweifel durch die Siege von Barcelona, Madrid usw. ausgegsichen werden follten. Undluttg-r Verlauf der Staats streichs in Spanien Pari», 15. September. (Ei g. T e l.1 Nack de» hier vorliegenden Meldungen ist die öffentliche Ordnung in Spanien nirgends erheb lich gestört worden. Die Erklärung« der Auf ständischen lassen keinen Zweifel, daß weder der Thron, noch die Person de» Königs gefährdet ist. Die Bewegung soll mehr in der Unzufriedenheit über die wenig glückliche Führung der Marokko- Politik al» in innerpolitischen Motiven ihren Ur- , sprung haben. , Da» Exekutivkomitee der Sozialistischen Partei und die Leitung der Gewerkschaften < haben an die Arbeiterschaft einen Aufruf erlassen, ! sich jeder Beteiligung und Unterstützung der revolu- tionären Bewegung zu enthalten und di« Enttrlck- ! lang in Ruhe abzuworten. Line ruhige Auffassung über bie Ziumefrage No», 15. September. (Eig. Tel.) Der Kor respondent des .Corriere della Sera' in Genf hatte eine Unterredung mit dem jugoslawischen Außenminister Rintschitsch über di« Fiumefraqe. Di« Erklärungen Rintschitsch», sogt der Berichterstatter, seien di« eine» Staats mannes, der ohne jede Besorgni» den Vor fall erwartet, den mancher andere für unangenehm halte« würde. Rintschitsch hob hervor, daß die Ver zögerung in der Lösung der Fiumesrage zum Teil auch dem Umstand, »uzuschreiben sei, daß er sich nicht in Belgrad befinde. Anderseits wurde ihm da» Vertrauen Paschitsch» neuerlich dadurch be stätigt, daß ihm dieser die Ermächtigung erteilte, die Frage zu lösen, ohne auf den Inhalt der letzten Vor schläge einzugehen, die Mussolini behauptet nach Bel grad abgrsandt zu haben. Rintschitsch drückte seinen mit der italienischen Re gierung übereinstimmenden Wunsch au», daß di« Verhandlungen so bald al» möglich zu Ende geführt werdcn, wobei er hinzufügte, daß rin Abkommen heut« nur in einer direkten An»sproch« möglich sei. Da« bleib, der einzige Weg, der zu einer praktischen Lösung führen könne. Der Korrespondent schließt mit der Bemerkung, man könne au» de» optimistischen Ton der Unterhaltung entnehmen, daß Rintschitsch gute Gründe habe, annchmen zu können, daß die jugo slawisch« Antwort auf die italienischen Vorschläge jen, baldige und endgültig« Antwort sein werde, die man in pari» erwart«. Belgrad, 18. September. Gestern mittag und abend abgehakten, Ministerratssitzung unter de» Vorsitz de» König» faßt« wichtige Be- jchlüfse bezüglich der Fiumefrage, die aber A«ng geheimgehalten werden. O» wirb nur so viel be kannt, daß nach beendeter Sitzung lange chif frierte Instruktionen an die diplomatischen Vertreter inRom und Genf abgegangen find. Don dem Minister de» Aeußern wurden nach Genf In struktionen in dem Sinne abgesandt, daß er baldigst Gelegenheit finden möchte, den Vertrag von Rapallo beim Völkerbund zu registrieren. Ieitschriften-Rundschau Der neue Pressechef, den Gtresewaan sich hcrangezogen hat, ist journalistsch so wenig bekannr, daß seine Ernennung sehr überrascht hat. Die .Glocke' (Nr. 24) bringt zu diesem Punkt die Vleinung eines ausländischen Journa listen, die von besonderem Interesse sein dürfte, da e» uns Deutschen ja nicht gleichgültig sein kann, was man von unserer Preffepropaganlm im Aus lände erwartet. Es heißt da u. a.: .Nicht allein die bloße Tatsache der Er- nennung de» Majors a. D. Kalle, sondern noch mehr die nach einer anfänglich schwachen Opposition der deutsch«« Presse etntretchrda Naser' essenlösigkeit an dem Fall erweckten eigenr- lich ou»nahm»lo» bei der ausländischen Kollegen schaft den niederschlagenden Eindruck, daß in allen entscheidenden Fragen in Deutschland ! doch alle» beim alten geblieben sei. Daß «in ! früherer Genera kstabaofftzier, Mili- ! tärattach« und politischer Poli-eimann an und für ! sich ungeeignet für diesen Posten sei, will ich nicht > unbedingt unterschreiben. Immerhin dürst« doch i das Amt eines Pressechef» so viel unmittelbare ! Aktivität beanspruchen, daß es keine Zeit läßt, ' es al» A u« b i l d u n g s s ch u I e anzusehen. Da» ! grundsätzliche politische Moment, da» zur Kritik ! hcrausfordert liegt vielmehr darin, daß das in der großen Koalition scheinbar ausgedrücktc par- lamon torische System vor dem inneren Betriebe de» Refforts sofort Halt machen muß. Kalle: ehemaliger Marineattach« in Rom, Stohrer: ehemaliger Kavallerieoffizier, Maltzahn: Donner Borusse. Was hat sich in Deutschland» au», wärtiger Politik, die doch von Personen gemacht j wird, geändert hinsichtlich der PersonalergänzungV i Hält die Sozialdemokratie — möchte man die obige ! Frage erweitern — das Auswärtige Amt in oer gegenwärtigen Lage Deutschlands für so unwichtig oder kennt sie die wirklichen Verhältnisse so wenigs Kennt sie vor allem die Wirkung dieser immer noch umbrannten Hochburg des alten Regime« auf dos Ausland so wenig, daß st« nicht begreifen kann, wes halb Deutschland nie den Ruf der Zweideutigkeit verlieren kann?' O Die Reaktionäre, denen der Freistaat Payern ein so freundliche», unantastbare» Asyl bietet, kümmern sich wenig darum, welchen verderb lichen Eindruck ihr Treiben im Ausland hervorrust. Eft« Deutschland, da» diesen Popanz Bayern in sich schließen muß, kann viel Mißtrauen erregen. Und gerade gute deutsche Gedanken sind es, die hierunter im Gedeihen leiden. Einen guten Beleg für diese Wahrheit bringt ein Aussatz in der Zeitschrift .Deutsche Einheit' über das Thema .Oester reich und Deutschland'. Der Verfasser Sigmund Münz sagt dazu: .Der Gedanke de» Anschlusses an Deutschland ist in den Herzen der Oesterreichcr lebendig geblieben, wenn auch durch ein Gebot der siegreichen Mächte weitere Plebiszit« unter bleiben mutzten. Würde heute aber ein neue» Plebiszit stattfinden, so ist es wohl ausgeschlossen, daß es so glänzend ausfiele wie di« früheren Volk», abstimmungen. Die Zustände in Deutschland sind solche, daß sie in den vernünftigen Kreisen Oester reich» schwere Bedenken auslösen. Der Staat be- sonder», an den Oesterreich von drei Seiten grenzt, scheint in nicht normaler Stimmung zu fein. Wir meinen Bayern. In der Hauptstadt Bayern» konzentriert sich alle Reaktion. Mün- chrn ist die gastliche Stätte für all« Prätendenten, di« auf den Augenblick der Demolierung der deut* scheu Republik warten und in den Abgrund der selben auch di« benachbarte Republik Oesterreich mitreißen wollten. So spinnen sich Fäden unherm- kicher Aerstörungssuckt von Bayern nach Oesterreich hinüber.' * E» ist wieder still geworden um Havenstein» Rücktritt. Ueber den Charakter diese« viel mnstritte- nen Mannes und die Motive seine» Handeln» schreibt Morus in Nr. 37 der .Weltbühne': „H c>p e n st e i n galt zwar vielfach al» ein float», gefährlicher Monomane und allgemein al» ein Cha- n ster. Aber er ist weder da» eine noch da» andere jemals gewesen. Sein Nachgeben in der Frag« der Goldkonten und Loldkredite ist nur eine der vielen Wandlungen, di« er in den letzten Jahren voll- zogen hat. Er hat jedesmal eingelenkt, wenn die Gegen- Partei ihn erklärte, da» Vaterland stände in Gefahr. Er hat nie zu den gewöhnlichen Strebern und Klebern gehört. Da« Verhängnisvoll« dieses Manne» war nicht irgendwelcher Gigennutz, sondern seine Unterwürfigkeit gegenüber der patrioti- sch en Phrase. Diese Kardinaltugend haben sein« politischen Hintermänner jetzt sehr geschickt auszunutzen ver standen. In ganz bewußter Weise hat Helfferich sich seit Cuno» Sturz hinter Havenstein gesteckt, um auf dies« Weise wieder seinen Einfluß geltend zu machen. E» genügt nicht, zweimal Herrn Havenstein» Ab schied zu beschließen und ihn dann weiter regieren zu lassen. Zwar hat Havenstein versprochen, .aus de» Urlaub nicht mehr zurückgekehren'. Die Frag« ist nur, .wann er den bewußten Urlaub antritt.' Es ist täglich zu sehe«, wie di« Gefahr de» überwiegenden Materialismus gerade in der Jugend genau erkannt und durch eine de« Idealen oder auch Mystischen -ugewendete Lebenshaltung gebannt zu werden sucht. Die Zeitschrift .Bivo» voeo', die vom Oktober ab den Namen .Nerk lär, d' heißen soll, ist die Stimm« dieser nmtiaen Jugend, die an» eigener Kraft ein neue» Deutsch land aufzubauen unternimmt. In einem Aussatz .Derkland' berichtet WoVtereck über Ziel und Weg« dieser großen Arbeit, die au» kleinste» er richtet wird. Fürsorgedureau», Erholungsheime, landwirtschaftlich« und allerlei technisch« Werk gemeinschaft führt die jugendlichen Leute zu- sammrn und schafft in ihnen den Mut, sich in die ser schweren Zeit selbst zu erhalten. Kern dieser Gemeinschaft soll da» DsrkVand sein, «ornnter aber nicht nur ein« .Siedelang i« Sinne ländlicher Seben«ge»einsch»ft' w, verstehe« ist, wa» .Ab kapselung' bedeuten würde. Werkland soll auch .den Strom künstlerischen, wissenschaftlichen und über haupt geistige» Leben«' aufnehmen .der nun ein- »al heute am stärksten in den Großstädten flutet'. Ueber dies« Synthese zwischen Stadt- und Land leben sagt Lvstereck: .Da» Stadtleben schreit den jungen Men- sehen an jeder Straßenecke in die Seele: werd« Egoist, schlag dich durch, mißtraue jede»! Die Abgeschlossenheit der Gtodlung, de« Landschulheimes packt sie dagegen künstlich in Watte und Unerfahrenheit. Die Wer kl and- schul« soll vor allen Dingen Leben»schule sein, sie lall dadurch, daß sie in vielfaltiae Arbeit mitten hineingestellt wird, die jungen Leute aste hauptsächlichen Berufe und die wichtigsten Ver knüpfungen der menschlichen Gemeinschaft mit- erleben lassen, ohne di« geistig und körperlich schlechte Luft der Stadt und ohne die banale nnd spießbürgerlich« Anprägung, die Berufsleben und .Gemeinschaft' (gleich Alternative zwischen Inter effengemeinschaft oder Konkurrenz) heute gewöhn- lich kennzeichnet.' Um die Aufrechterhaltung der Betriebe Dre»deu, 15. September. (Eig. Tel.) Im sächsischen Arbeitsministerium sind währen, der drei letzten Wochen außergewöhnlich zahlreiche Anzeigen über beabsichtigte und bereit» durchgefiibrG Betriebaeinschränlungen und Stillegungen erstatt t worden. Das Ministerium Hot daraufhin angeordnet: Die Genehmigung zur Abkürzung der Sperrfrist oder zur sofortigen Betriebs- still egung kann künftighin nur vom Ar« b'e i t s m i n i st e r i u m selbst erteilt werden. Alle derartigen Maßnahmen sind auf das peinlichst- »u überprüfen «bei unglaubwürdigen Angaben des Unternehmers über seine Betriebsverhältnisse Ein sichtnahme der Geschäftsbücher und Geschäftskorrespcm- denz). Bei den Erörterungen ist der Unternehmer nachdrücklichst auf die in Paragraph 4 der Still- legungsverordnunq vorgesehene Beschlagnahme und Enteignung und darauf hinzuweisen, daß da» Arbeitsministerium gegebenenfalls rücksichtslosen Gebrauch von seinem Beschlagnahme- und Ent- eignungsrecht machen wird. An den Spitzen jeder Kreishauptmannschaft ist sofort vom Demobilmachungskommiflar ein Aus- schuß für Stillegungsangelegenheiten zu errichten, der sich aus dem Demobilmachungs kommissar oder seinem Stellvertreter und je drei Ver treter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zusam mensetzt. Der Ausschuß hat u. a. die Aufgabe, auf Antrag de» Arbcitsministerium» über Beschlagnahm oder Enteignung die endgültige Entschließung zu treffen. Unter den gewerblichen und Verkehrs- betrieben sind das Ziegelei- und Baugewerbe sowie die Straßenbahnbetriebe einzugliedern.' Das Arbeitsministerium weist daraufhin, daß Kündigungen oder Entlassungen während der Sperrfrist nicht stattfinden dürfen. Die Ankündigung der Arbeitsstreckung hat durch Ansage in den Betriebsabteilungen so rechtzeitig zu erfolgen, daß die Arbeitnehmer noch vor dem Eintreten der Arbcitsstreckung deren Notwendigkeit durch d-n Schlichtungsausschnß bzw. Demobilmachung«'om- missar nachprüfen lassen können. Ferner sind die Unternehmer verpflichtet, sich mit den Betriebs- Vertretern längere Zeit vor einer geplanten Arbcitsstreckung oder Detriesstillcgung in» Be nehmen zu setzen. Die Detriebsnertretimgen sowie auch der Unternehmer hoben alsdann sofort dem örtlichen Arbeitsnachweis darüber Mitteilm g zn moch-n. Bayerische Prahlereien München, 15. September. (Eig. Tel.) Die .Vaterländischen Vereine'^ die den frü heren Wehrkreis der Münchner Einwohnerwehr um fassen, veranstalteten gestern eine große vater- ländische Versammlung, an der u. a. auch v. Kahr, Minister a. D. Roth, Pöhner und der frühere Leiter der politischen Polizei, Oberamtmann Frick, teilnahmen. Ludendorss hockte sich entschuldigen las- sen. In dieser Versammlung wurden große Töne geredet. Porfeflor Bauer, der Präsident de» Per- bandes, behauptete sogar, was sich heute unter den Auspizien Strcsemanne vollziehe, sei Durchführung der Wünsche der Internattonale. Mr brauchen die Tatsache, und zur Tatsache führe un» allein die Tat. Nicht ein Putsch stehe bevor, wie der .Vorwärts' meine, sondern ein großes Reinemachen, wenn der neue Zusammenbruch erfolgt sei. Durch die Be- mühungen des sächsischen Min isterpräsi- denten solle ein bayrischer Führer von seinem Platze entfernt werden. Di« München-Augsburger Abendzeitung' vermutet, daß e» sich um den G e n e - ral Epp handele. Wa« General Epp anlange, so handele es sich nach Mitteilung berufener Stellen natürlich nicht darum, daß politisch« Differenzen zwischen dem .^mächtigen" Zeigner und ihm die Ursache seine» etwaigen Rücktritts waren, sondern höchsten» darum, daß Epp die Altersgrenze erreicht habe und im Augenblick eine Beförderung in eine höhere Stelle nicht möglich sei. Der ehemalige Reichskanzler Dr. Cuno hat nach seiner Ankunft in New Park dem .New Pork -erald' zufolge Zeitungsoertreter-i erklärt, Deutschland sei, da es den Krieg verlarrn hab«, bereit, in den Grenzen seiner Leistungsfähig kett Reparationen zu zahlen. Dr. Cuno bestritt, daß er von der Neichsregierung irgendwelche Auftrage erhalten hab«, Anleiheverhandlungen anzubahnen. Er sei auch nicht im Auftrags der Hamburg-Amerika- Linie tätig und habe auch nicht die Absicht, sich um den Botschafterposten zu bewerben. Nach einem Ultimatum von zwei Stunden ist dos technische Personal der Mannheimer Drucke- r «ie « in den Streik getreten, s» daß die hiesigen Zeitungen mit Ausnahme der sozialdemokratischen .Dalksstimme' und der .Kommunistischen Arbeiter- zcttung'vorläufig nicht erscheinen können. Nach den bisherigen Meldungen ist die Nacht in Beuthen ruhia verlausen. Di« Schupo bat nirgend» einzugreifen brauchen. Auf den Gruben wird wieder voll gearbeitet. E» hat sich alsa bei dem Ausstand nur um einen Sympathiestreik -ehandelt. Di« -albt»s«l Gallipoli ist nunmehr von allen Truppen der Alliierte« geräumt worden.
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