Rosaura. Ein solches Leben — schlimmer ist's als Tod. Sigismund. Nie sah und sprach ich, bis zu dieser Stunde, Mehr als den Einen, der von Kind auf mich bewachte. Und mir aus Mitleid ein'ge Kunde Von Erd' und Himmel gab. So magst du wohl mit Grunde Ein Thier mich unter Menschen nennen. Zwar lernt' ich, elend, wie ich war, Der Staatskunst Regeln in der Re publik Der Bienen und im Reich des Wildes kennen. Und zu den Sternen hob ich meinen Blick, Und lernte ihre Namen nennen; Doch nichts, was ich vor diesem Tage sah. Vermochte je zu mildern meinen Schmerz; Dein Anschau'n nur erleichtert mir das Herz; Ich bin versucht aus deinen holden Augen Ein süß Vergessen meiner selbst zu saugen. Rosaura. Erstaunt, betroffen, dich zu sehen Und zu vernehmen deine Klagen, Vermag ich kaum ein Wort zu sagen. Dich fühl' ich: mir ist Heil ge schehen. Da mich des Himmels Vaterhand Hieher geführt, wo ich ein Leiden fand. Noch größer als das meine. Sigismund. Bist du der Freiheit denn, wie ich, beraubt? Kein andres Elend kenn' ich auf der Erde. Rosaura. Gebeugt von Kummer und Beschwerde, Hab' ich mein Leid, wie keines, groß geglaubt; Doch kleiner däucht mich's, seh' ich min das deine. Darum, wenn die Geschichte meines Unglücks Vielleicht auch dirErleicht'rung schaf fen könnte. So höre sie: Ich bin — Clotald (im Thurme). Ihr Wächter dieses Thurms, Die ihr feigherzig, oder schlafend Zwei Menschen Eintritthier gestattet — Clarin (hervorstürzend). O weh! nun ist's vorbei! Fort, laß uns fliehen! Rosaura. Was ist's? Wer ruft? Sigismund. Clotald, mein Wächter, naht. Fluch dem Tyrannen! Clotald. Kommt herbei und schnell Ergreift sie, oder tödtet sie, bevor Sie sich zur Wehre setzen. Soldaten (im Thurme). Hochverrath! Clarin. Fort! Hört ihr nicht? Sie wollen uns an's Leben. Sigismund (zu Nosaura). Nein, fasse Muth! Bei Gott! ich schütze dich!