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68 Prokop, Vandalcirkrieg U, 6. 534 wenn Muthlosigkeit den Geist geschlagen hat, weiß er sich keinen Rath. Wenn Du es aber über Dich gewinnst, Deiner Stimmung Herr zu werden und dem Geschick wegen seiner Launen nicht zu zürnen, dann wird es Dir sofort gelingen, die richtigen Maßregeln zu ergreifen und Dich aus Deiner drückenden Lage zu befreien." Als Gelimer diesen Brief gelesen hatte, weinte er heftig und antwortete Folgendes: „Für den Rath, den Du mir gegeben, danke ich Dir viel mals; einem unredlichen Feinde aber unterthan zu sein, scheint mir unerträglich. Wenn mir Gott gnädig wäre, möchte ich wohl an dem mich rächen, der ohne von mir je das geringste Böse durch Wort oder That erfahren zu haben, da er keinen Grund zum Kriege hatte, sich einen Vorwand suchte und mich in dies Unglück gestürzt hat, indem er den Belisar, ich weiß nicht woher, auf mich losgelassen hat. Auch ihm, da er ein Mensch ist und aus einem Throne sitzt, kann einmal zustoßen, was er sich nicht wünscht. — Weiter habe ich nichts zu schreiben, denn das Un glück, in dem ich mich befinde, hat mir die Klarheit des Geistes getrübt. Lebe wohl, lieber Pharas, und sende nur auf diese meine Bitte eine Zither, ein einziges Brot und einen Schwamm." Als der diese Antwort erhielt, blieb ihm zunächst der Schluß ves Briefes unverständlich, bis der Überbringer ihm erklärte: „Um ein Brot hat Gelimer gebeten, weil er kein gebacken Brot gesehen noch genossen, seit er auf Pappuas sitzt. Den Schwamm will er brauchen, weil ihm ein Auge vom Weinen und Schmutz geschwollen ist. Der König versteht sich aus Gesang und Saiten spiel; da hat er ein Lied gedichtet von seinem eignen Unglück; wenn er nun das unter Weinen und Wehklagen vorträgt, braucht er die Zither, sich zu begleiten." Wie Pharas das vernommen, zeigte er sich sehr gerührt und fühlte Mitleid mit dem Geschick des Königs. Er that nach dem Briefe Gelimers und schickte