88 Aus Ammianus Marcellinus. XXXI. Buch. VI, 6—8. VII, 1. Ns Man besetzte allmählich ganz Thracien. Ueberläufer oder Gefangene wiesen die reichen Flecken, vorzüglich die, wo man Lebensmittel in Masse finden konnte. Außer dem angebornen Muth fühlten sich die Barbaren auch dadurch gehoben, daß tagtäglich eine Menge Landsleute ihnen zuströmten, die früher von Händlern in jene Gegenden verkauft waren, und solche, die sie selbst gleich nach ihrer Ueberfahrt, durch die Qual des Hungers gezwungen, für schlechten Wein oder ein Stück Brod dahingegeben hatten. 6. Diesen schlossen sich nicht wenige Bergleute aus den Gold gruben an, welche die schwere Last ihrer Steuer nicht mehr tragen konnten und freudig willkommen geheißen wurden, weil sie in dem fremden Lande von großem Nutzen waren: sie stöberten nämlich die geheimen Vorrathsräume, die Schlupfwinkel der Menschen und ihre Schatzkammern auf. 7. Kein Ort, wenn er nicht ganz öde und unzugänglich war, blieb von ihnen verschont. Ohne Unterschied des Alters und Ge schlechts mordeten und verbrannten sie alles. Die Säuglinge rissen sie von der Brust, die Mütter selbst schleppten sie weg, die Männer schlugen sie vor den Augen der Gattinnen todt und schleiften die erwachsenen Kinder über die Leichen der Eltern fort. 8. Greise, die vergebens flehten, sie von der Last des Lebens zu befreien, mußten sehen, wie man ihr Hab und Gut sowie ihre schönen Frauen wegschleppte, während sie nach einer andern Seite, die Hände auf den Rücken gebunden, mit einem letzten Blick auf die rauchenden Trümmer des Hauses ihrer Väter, gezerrt wurden. VII, 1. Diese Nachrichten aus Thracien erfüllten den Kaiser Valens mit großer Trauer und mußten verschiedentliche Besorgnisse in ihm rege machen. Er schickte sofort den muKistsr oguituiu Victor nach Persien, um in der armenischen Angelegenheit der Lage der Dinge gemäß Frieden zu schließen; er selbst wollte sofort von