Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.12.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192512071
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19251207
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19251207
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-12
- Tag 1925-12-07
-
Monat
1925-12
-
Jahr
1925
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Ronr»s, 7. verend»,. 1S2» Jur Freigabe des deutsche» Eigentums Aussicht«« »er Reglerim-svoela-e Dajhi»gto«, S. Dezember. Das in der Frage der Fretyabe de» beschlag nahmten deutschen Eigentum» erzielte Kompromiß ist noch immer Gegenstand eingehender Diskussionen in politischen Kreisen. L» dars als feststehend an» gesehen werden, daß der sehr einflußreiche Lor- sitzende des Auswärtigen Ausschusses, Senator Bor ah, der sich bisher für die bedingungslose Rückgabe de» Eigentums eingesetzt hatte, nunmehr einem auf dem Kompromiß basierenden Regierung», entwurf zustimmen wird, wenn die deurschen In- teressenten ihm ebenfall» zustimmen. Auch Senator Himmon», der in der letzten Legislaturperiode der schärfste Gegner der Freigabe war, erklärte einem Vertreter der United Preß, daß er ebenfalls für den Vorschlag stimmen würde, wenn dadurch« eine hundertprozentige Befriedigung der amcrikanisben Regierung pchergcstellt würde. Im Kongreß sind die Aussichten nicht ganz so günstig. Der Demokrat S w a n s o n, bisher ein Gegner Borahscher Dor- schlage fjir die Freigabe, kritisierte den Kompromiß vorschlag sehr scharf und erklärte, daß er alles darcmsetzen würde, um ihn zu Fall zu bringen. Nach Ansicht Swanfons ist der Kompromißvorschlag ein Komplott zwischen den deutschen und amerikanischen Interessenten, die sich auf Kosten der amerikanischen Steuerzahler für ihre durch den Krieg erlittenen Schäden schadlos halten wollen. Weiter glaubt Swanson nicht, daß die Forderungen der amerika nischen Regierung an Deutschland durch die Ein künfte aus dem Dawes-Plan sichergestellt seien, da diese Einkünfte höchstens die Pesatzungskostcn decken würden. Andererseits gibt es aber auch im Kon- greß eine Anzahl einflußreicher Abgeordneter beider Parteien, die sich für den Regierungsentwurf ein- setzen werden. Den Ausschlag dürfte schließlich der Wunsch der republikanisch«^ Partei geben, bei den nächsten Wahlen die deutschen Stimmen für sich zu gewinnen. Diese Stimmen werden besonders bei den nächsten Präsidentenwahlen einen wichtigen Faktor bilden, und der Wunsch, sie zu erhalten, wird die gesamte republikanische Partei in beiden Häusern für den Kompromiß stimmen lassen. Zusarnnrcn mit den demokratischen Stimmen, die der Freigabe prin. zipicll zustimmen, dürfte sich unter diesen Umständen, wie kompetente Beobachter glauben, eine aus reichende Mehrheit für die Freigabe finden. DetrrebselnschrSnkung auf der Zeche Friedrich der Große. Wie von der Verwaltung mitgeteilt wird, sicht sie sich infolge der Absatzschwierigkeiten gc- zwangen, eine größere Detriebseinschränkung vorzu- nehmen und von ihrer 5560 Mann starken Beleg- schäft am 1. Iamrar 500 zu entlasten. Ein ent- sprechender Antrag ist bereits beim Domochil- machungskonnnistar gestellt worden. Berliner Wäschefabrik A.-S. vor«. Gebr. Ritter. Die Tagesordnung einer a. o. G. P. am 30. Dezember «nthölt »inen Antro« auf Verlänaerung der Frist für die Durchführung der beschlossenen Ka, pitalserhöhung um 210 000 Rmk. bis zum 1. April 1V27. Gladbacher Wollindustrie in München-Glad- bach. Die a. o. G.-V. genehmigte den Abschluß sür 1924/25. Aus dem Reingewinn von 129 79Z wird zunächst eine Dividende von 6 v. H. auf die Vorzugsaktien gezahlt, die Stammaktien bleiben ohne Dividende. Tie Prozesse der A.-S. Weser gege» de» Nord« deutscheu Lloyd erledigt. Wie wir hären und uns bestätigt wird, sind die schwebenden Prozesse zwi schen der A.-G. Weser und dem Norddeutschen Lloyd im beiderseitigen Einverständnis erledigt worden. Die geschäftlichen Beziehungen »wischen den beiden Gesellschaften sind wieder ausgenommen worden. An dem Zustandekommen der Einigung, die im all- gemeinen Bremer Interest« liegt, hat die I. F. Lchröder-Dank einen hervorragenden Anteil. l.»lp«>8», , t» Estuu Die Geschäft »aufficht über die Gesellschaft ist i. At. bi» zum IS. Januar nächst. . Jahres ver längert worb«. Zum 18. 5. M. wird nun eine Gliubtgerverfammlung einderufen, auf deren Tagesordnung auch die Beschlußfassung über ain« weitere DerlLnaeruay der Geschaftsaussicht sowie der Bericht der Aufsichtsperson steht. Verband deutscher Waren- »ob Kaufhäuser, e. B. Der große Ausschuß de» Verbände» hielt unter Lei- tuns de» ersten Vorsitzenden, Herrn Theodor Alt- Hoff, Münster, fein« Au»schußsitzung ab. Die Tagesordnung brachte ein Referat tu« Vorsitzenden „Die augenblickliche wirtschaftlich« Lag«* und ausführlich« Darlegungen von Herrn Schocken, Zwickau, über die Prei»beweaung auf den für die Darenhausbetrieb« wichtigsten Märkten. Da» an Hand reichsten einwandfrei statistischen Materials gegeben« Referat gab hochinteressant« Einzelheiten über die verschiedenartigen Kalkulation», und Teue- rungssatze in den einzelnen in Frage kommenden Branchen. Eingehend besprochen wuttkn weiter di« den Warenhausbuchhandel interessierenden Fragen, dec Verlauf der Derbilligungsaktion der Reichsregie, rung und Orgcniisationssragen Direktor Greiffen- ! Hagen vom Berlage L. Scbottlaender L To., G. m. f b. H., hielt einen sehr interessanten Vortrag über das : Verbandswesen in den Vereinigten i Staaten. Di« deutsch-frau-äsische» Wirtschaft»verhand- lungen. Die Wirtschaftsoerhandlungen zwischen der deutschen und der französischen Industrie gehen in ein aktiver«» Stadium über. In Frankfurt «Main) haben bereits Verhandlungen zwischen den Röhrenindustrien beider Länder stattacfunden, zu denen auch Vertreter der belgischen, tschechischen und polnischen Röhrenindustrie zugezogen waren. Bei den übrigen Eisenorrhandlungen wird offenbar noch die Entwicklung der deutsch-französischen Zollverhand. lungen abaewartet, bei denen ganz erhebliche Schwierig körten bestehen. Die Kartellgerlchtsverhandlungen vertagt. Laut „I. u. H." ist di« Verhandlung des Kartellaericht» über die Bcsoitiyung der Froibleibend-Klaufel, di« ursprünglich auf den 4. und 3. Dezember festgesetzt mar, vertagt worden, ohne daß bisher ein neuer Termin lestze^tzt worden wäre. Wir erfahren hier zu, daß der Venzolvertricb des Ostens, D. m. b. H., inzwisch'n zu Festvreiir:' üderg^angen ist, >o daß sich gegen dirstn die .'ttage erübrigt. Die Matrrnalsirmmlung über di« Preisberechnung der anderen beklagten Verbände könnt« noch nicht so weit gefördert werden, daß die Verhandlung vor dem Kartellgericht ausgenommen werden konnte. »er Gewt»»er am dewtsch^olulscheu Handel»- krieg. Der englisch-polnisch« Handel zeigt für di« ersten sechs Monate dies« Jahre» ein beträchtliches Anwachsen gegenüber der entsprechenden Zeit de» Vorjahre». Dies ist vor allem durch den erhöhten englischen Export nach Polen begründet. Te»er»»,»w«ü« t» Pole». Trotz der kürzlich er- folgten Befestigung de» Zlotykurses geht durch ganz Polen eine heftige Teuerungswelle, die fast alle Ar tikel des tätlichen Bedarfs umfaßt. In den Lebens- mittelgeschästen werden die Waren mit einem Auf- schlag von SO—100 v. H. verkauft. Di« Sozialdemo- traten fordern die Bekämpfung des Lebensmittel- wüchse» mit den allcrschärfsben Mitteln, u. a. durch ein Detrotdeausfuhrverbot. V/äii'LnrnM'kte Wolle Marktbericht der Firma Lohmon« L Lo., Breme«. Uustralie«: Di« diemoöchioen Auktionen brachten «in An-cbot von 40 000 Ballen; 90 v. H. davon find oer- kauft. Die Woche «rönne!» etwas billiger al» dl» Bor- woch«. doch h^ben fich im Laufe derselben di« Preis« wieder befestigt. Frankreich und England kaufen stär-er. In nächster Woche werd«» in Sydney ca. «OONY Ballen ange- doten, in der darouffvlgenden Woche verlauft Brisbane SO 000 Ballen Buenos Aires: Die Herren vahusen L Cia. Ltda., Buenos Aires, kabeln: Die Auswahl in Buenos Arres und Montevideo ist gut. In Buenos Aires neigen di« Preis« für grobe Lrofbreed^vollen zu Käufers Dunsten. Di« Umsätze in diesen Wollen find Verhältnis- mäßig gering; der Markt bietet günstige Einkaufs chancen. In Montevideo ist di« Auswahl in Merinos und feinen Kreuzzuchten gut. Di« Amerikaner kaufen gröbere Posten fe.ner» Lroßbreeds, und die Sdimmung ctt oef er als m der Vorwoche. Verkauft wurden in letzter Woche 7000 Bolle«. London: Di» Airktivnen in London zeigen gegen- über Eröffnung kein« Veränderung, nur fehlerhafte Merino-Wollen stnd etwas billiger geworden. Schöne Punka-Wolkn. ebenso grr-de Ldreeds find eher teurer als in der Vorwoche «vtt» 7 Englischer Etufuhr-oll m»j Handschuhe und Glüh- lamp«». Dos Unt«rhau» hat den Industrieschutz, anlmg d«r Regirrung, der die Auferlegung einer Einfuhrabgabe von 33X v. H. auf Hantsichuhe und Glühlampen vorsieht, mit L18 gegen 12S Stimmen angenommen. Internationale MetallmSrkte Bericht der Firma Brandei,, Goldschmidt L Lo. . in London. Kupfer: In der verflossenen Woche find dir Preis« weiter gesunken. In den Bereinigten Staaten wird Elektrolyt für einheimischen Bedarf zu 14.12 c offer.crt, und Verkaufe in zweiter Hand sind dis zu 14 c herunter getätigt worden. In Europa machen sich noch keine An zeichen auf eine Besserung bemerkbar: das Geschäft auf dem Kontinent ist weiter ruhig, und auch in Lirgland ist der Bedarf sowohl seirens der Kabel- und Dralsiwerke als auch der Mcs ing-Fabrikanten wesentlich abgeiällen. Blei: Di« Reduktion der offiziellen Notiz la New Port zu Anfang der Woche vir S.7L auf 9 50 c per engl. Pfund wirkt« drprimlrrrnd auf d«n Londoner Markt. Zink: Dir Schwäch« erstreckte sich auch auf dieses Metall, und die Kurs« sind zirka 2v/— gegen vorwöchig«» Schluß gefallen. Zinn: Die Knappheit von effektivem Metall ist akut, und der Markt ist äußerst empfindlich. Die Statistik per November weist ein« Zunahme von zirka 2000 Tonnen in den sichtbaren Beständen auf. Geringe Kauflust am Holzmarkt pr. Bon unserem Mitarbeiter wird uns geschrieben: Krisenhafte Erscheinungen am polzmarkt haben zu einer weiteren Abschwächung der Kauflust geführt. Einige Zu- somir.enbrüche blieben nicht ohne Eindruck auf di« Markt- läge. Die Umsätze am Schnitthoizmarkt be- schränken sich auf die allernvtigsten Umsätze des Platzholz. Handels, während der Konsum fast ganz teilnahmslos biieb und meist nur besorgt war, die zur Deckung der laufenden Verbindlichkeiten erforderlichen Mittel aufzubringrn. Buch in den Kreisen des Möbelhandel» hält die schlechte wirtschaftliche Lage an. Die Mißstimmung am Holzmarkt kommt auch in den Holzverkaufsterminen der Staais- fvrsten zum Ausdruck, wo meist nur sehr modrig« Gebot« abgegeben und die Zuschläae häufig versagt werden. Man nimmt an. daß di« P r e i sb e w e g u n g für Roh- Holz weiter abwärts fahren wird, da es un- möglich ist, daß fich bei den im vorigen Winter gezahlten Preisen die Sägewerke behaupten können. Hierzu kommt, daß nach vorliegenden Gerüchten die zur Hergabe vdn Bürgschaften bereiten Institute beschlossen hoben, nur in solchen Fällen Garantien zu übernehmen, wo die Ver- pflichtungen aus der letzten Einkaufszeit erfüllt sind. Dadurch wird «in größerer Teil der Eägtwcrksbesitzer fsdkik- vnil IVIulllsi'-l.sgek: l.eiprig, l.rmgs 81i-aKs 7, lelspston 24711 Kropfansatz gewann nicht durch die grellen Farben, die in der Sonne förmlich leuchteten. Die dicke Fran nickte Lori freundschaftlich zu, so daß sie stehen bleiben mußte: „Na, Frau Kirchner, auch ein bissel spazieren bei dem schönen Wetter?" fragte sie liebenswürdig, und ihre Hellen, wässerigen Augen bohrten sich dabei in das Buch, das Lori bestrebt war, ihren neu gierigen Blicken zu entziehen: „Aha — waren in der Bibliothek, gelt- Ja wer halt auch so viel Zeit hätte, um sich einmal mit Büchern unter halten zu können!" sagte sie, ohne Loris Entgeg nung abzuwarten, und in ihrer Stimme klang es wie Neid. „Ich lese nur abends, Frau Hartberger, das bin ich schon so gewöhnt!" Lori überlegte krampfhaft, wie sie am ichnellsten dieser ungewollten Auseinandersetzung ein Ende bereiten könnte, denn sie wußte, nun würde die mißgünstige Person natürlich wieder lang und breit darüber reden, daß „die Kirch ner" ihre Zeit mit dem Lesen von unnützen Büchern vergeudete. Sie kannte ihre Leute, denn Frau Hartberger meint« spitz: „Abend? Ja unsereiner ist da natürlich viel zu müd — und dann tut's Ihnen nicht leid um» Licht und um die Augen?" „Wenn ich müde bin, lese ich eben nicht, und das bissel Licht bringe ich schon wo ander» wieder herein!" sagte Lori, tapfer gegen ihre Lust an- tämvfanb, der ekelhaften Dicken «in richtiges „Maul anzuhängen"; sie hatte doch schon viel gelernt, denn sie neigte sich vor, und liebens würdig bewundernd Über das Apachentuck strei chend, meinte sie: „Wunderschön die Tücher — paßt Ihnen gut, Frau Hartbergerl" „Ja? Finden SIe's hübsch, Frau Haupt mann? Da» freut mich! Na ja, ich bitte Sie, wenn schon einmal was Neues herauskommt, muß man's doch tragen, schließlich ist der Maßen doch auf uns paar Frauen angewiesen, die was auf sich halten! Er hat doch wunderschöne im I Geschäft — müssen dem Herrn Gemahl ein bissel I um den Bart gehen, damit er Ihnen auch eines kaust!" „Gott — mein Mann — da kann ich lange warten!" sagte Lori gewaltsam lackend und empfahl sich eilig von der dicken Kaffeesiederin, um dann hastiger als bisher ein« der schmalen Straßen entlang zu gehen, die tn die innere Stadt führten. Sie war zornig und aufgeregt. So ein ekelhaftes Ding -- wußte ganz genau, daß Bernhard «in Feind aller Neuheiwn war. e» am liebsten gesehen hätte, wenn sie fich heute schon trüg« wie ein« alte Großmutter! Aber nun wollt« fie just am End' so ein Apachentuch haben — nun gerade! Rur wie — das war der hüb schen Lori im Augenblick nock schleierhaft! Teuer würden dir Dinger sicher sein — und fie hatte ihr letztes erspartes Geld in dem Monat auf Zigaretten. Parfüm, Bonbon» und die Rate für die Schneiderin aufgebracht! Heute war erst der Vierzehnte und sie schon vollkonrmen stier! Na ja, bei dem kleinen Taschengeld, da» Hr Bern- Hard bewilligte! Seit sie nicht mehr die Wirt- schäft führte, sondern den Drachen, die Brigitte im Hause hatte, blieben ihr ja keinerlei MSg- lichkeiten, zu ein paar Knöpfen heimlich zu kom men! Ach — es war schrecklich, wenn man so ganz und gar von so einem Mannsbild abhing! Aber — so ein Tuch mußte sie haben! Mußte! Mit Bernhard war gar nicht zn rechnen! Ob sie Bertha anpumpte? Mer die würde ja sicher auch kein Geld haben, und wie sollle sie ihr's denn zurückgeden? Plötzlich blieb Lori stehen und sah wie gebannt auf eine Tafel, die, über einem kleinen Laden auffällig angebracht, ihr gerade in die Augen stach: „Pfandleihe". Komisch! Sollte da» rin Fingerzeig sein? Ein Wink des Schicksals? Beim Theater würde man da» doch sicher so »«»legen! Nie noch war ihr do» Schild ausgefallen — und just heute! Nachdenklich stand Lori und starrte wie gebannt in die Au»lage des kleinen Geschäfte», in welcher sich die ver schiedensten Dinge zusammendrängten: BiDer, Schmucksachen, Silber gerät« neiden alten Stie feln und Wäschestücken, eine bunte Illustration der harten Zeit, die mit eiserner Hand das er greift, was überflüssig zu sein scheint, um es in Notwendigkeiten umzutanschen. Den Weg kannte die blonde Lori wohl von früher her nur allzu gut, von früher, da die kleine Chor stin von einem Akontotag zum andern versetzte, auslöste und wieder versetzte! Seit sie aeheiratet, war fie ihn nie mehr ge gangen diesen Weg — aber — wenn sie es nun einmal doch versuchte, um zu ein paar Pfennige:: zu kommen, von denen niemand zu Hause was wußte! Neue Spangenschuhe reizten sie auch, und die hübschen Seidenstrtunpfe in der neuen rosigen Sonnenbrandfarbe — ach und so hübsche wei^ Spitzenkräaelchen gab es, die auch das älteste schäbigste Kleid so reizend putzten! Nur — was sollte sie versetzen? Die wenigen Schmuck- stücke, die sie von Bernhard bekommen hatte, hielt er in strenger Evidenz, und bei den ge legentlichen Staatsvisiten, vor denen ihr so graute und denen fie doch nicht entging, „weil inan Rücksichten zu nehmen ljatte," wie Bern- Hard behauptete, mußte sie die Ohrgehänge und die Brosche und die Goldkette jedesmal anlegen, obwohl sie all da» altväterisch und scheußlich fand, schon deshalb nicht mockte, weil «» „der Seligen" gehört hatte, der ersten Frau, ihr also quasi nur geliehen wurde. Und sonst? Sie be saß wirklich gar nichts, was auch nur einiger maßen wertvoll war. — „Jesus — da» Silberbesteck!" sagt« sie plök- lich halblaut und blieb stehen. Das war eine Idee! Da» Taufbesteck von der Lenerl, diese schweren, unmodernen Löffel und Gabeln, di« sie von dem alten Onkel bekommen hatte und die nie in Verwendung kamen; erstens, weil man für gewöhnlich nur mit dem alten, häßlichen, schwarzen Besteck wirtschaftete, weil Besseres viel zu schade war, wie Bernhard immer meint«; und zweiten», wenn schon einmal Gäste das bessere Srrvice und Silberbesteck erforderten, doch nie»«!» da» Taufbesteck hercmaezoaen wurde, da» ja dem Kinde gehört« und für das Kmd bleiben mußt«. Bernhard war in solchen Dingen lächerlich schwerfällig. Um das Taus- besteck kümmerte sich niemand! Das stand zu unterst im Eilberkasten und wurde nicht einmal von der« Brigitte allmonatlich geputzt, wenn sie „gründlich" machte. Wenn sie sich das auslich! Silber stand jetzt hoch im Preise, das hatte Luri gehört, sicher bekam sie da so viel, daß sie sich alle ihre kleinen Wünsche erfüllen konnte! Und bis zum Herbst, wenn Brigitte alles umstürzre und zuoberst kehrte, hatte sie schon irgend eine ! Gelegeul-eit gesunden, um das Besteck wieder auszulösen! Ja — sie wird sich diesmal zum , Geburtstag von Bernhard nur Geld wünschen — Hurra — das ist eine Idee — so gcht's! Wie gejagt lief Lori jetzt nach Hause. Bri gitte war mit der Lenerl tm Stadtgarten. Bern hard saß sicher :rgendwo draußen in der Au — das Haus war leer! Eilig schloß sie die hohe, schwere Eichcntür auf, zu der zwei Stufen hinaufführten und schrak fast zurück vor der dämmerige« Kühle, die ihr aus dem dunkeln Gang entgegenwehte. Das Haus des Haupt manns mar ein altes, massiv gebautes, schmales, altmodisches Gebäude, mit langen Gängen, qro- ßen niedrigen Stuben, ohne jeglichen modernen Komfort. Es stammte von der ersten Frau, und die altmodisch«, wenn auch außerordentlich solide, bürgerliche Inneneinrichtung wirkte nie ein Ucberbleibscl aus einer längst versunkenen Zeit. Lori huschte durch die leeren Zimmer — «in Blick nach dem Silberkasten ließ sie aufatmen — gottlob, der Schlüssel steckte. Sie zog hastig «in schmales Lederetui aus dem untersten Fach her vor, schlug es rasch in Panier ein und lief dann wieder den Weg zurück, den sie eben gekommen war. Einen Augenblick bedrängte sie der Ge danke- wenn sie nun jemand zu dem Pfandleiher hineinhm'cken sah! Oder — wenn der alte Mater, der ein Schwäher war. nickt den Mund hielt? Schwer war e» auch, wie sie Bernhard einrrdcn sollte, woher sie das Geld zum Kauf des ersehnten Tuche» genommen Hecke? Mer stber alle diele Bedenken flirrte und flnmnerte in lockenden Farben das Seidentuch, und sein Reiz war stärker al» alle Einwände der Vernunft. (Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)