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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.08.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-08-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192508246
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19250824
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19250824
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-08
- Tag 1925-08-24
-
Monat
1925-08
-
Jahr
1925
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Sette S Oelprlger r«gedl«tt M-LkWtt Hösk Das wirbelnde Leben des Sommerabends wogt achtlos an so manch' Schönem vorbei. Hat man denn Zeit, etwa die Giebel der Häuserfronten, die ihre ge zackten Schatten auf des Marktes wappengeschmücktes Pflaster werfen, groß zu beachten? Und wie drollig keck hockt seit altershcr dort der Dachreiter, das kleine Türmchen, an dem ehedem Baarmann schen Haus- first, und lockt nicht der Mondschein, der alte Freund aller Geheimnisse, in diese feierlichen Dogcnportale? Indessen, wie grimmig blickt der geflügelte Iu- pitcrkopf unter der kleinen Steinbalnstrade des fein- gegliederten Barockbaucs, daß man sich kaum einzu- treten getraut. Jedoch daneben der oblonge Hof, wie liegt er abcndruhig da, und nun in dieser Raum harmonie der Hochwuchtenden Wände ist's nicht als ob der tiefe Strich eines Cellos leise, leise zu summen begänne? Möchte man selbst nicht zum Takt einer zierlichen Gavotte die Steinflicßen, die Kühle atmend, schon so manchen gewichtigen Kaufherrn tru gen, aber nicht minder allerlei leichtes Volk, gar manch' mouchcngeschmücktes, weiß gepudertes Däm chen die Stufen des Treppenhauses hinaufhuschen sahen, gelassen den weiten Raum durchschreiten? Die drei Krane, die jetzt noch über den Stockwerken in die blauende Sommernacht hineintasten, könnten genug erzählen, welch' Fracht- und Mcßgüter ehemals die Markthelfer auf die geräumigen Lagerböden knarrend hochzogen. Und der Giebel mit Türmchen und Wet- terfahne, der Erker, fein abgemessen, mit Altan und Wasserspeiern, wie behaglich würdebcwußt thront sein schmaler Bau über dem Hofeingang! Ja, noch heute beweisen die zierlichen Läden aber auch die Akkuratesse der Kontore: Wohlstand und Ehrbarkeit herrschten seit Jahren in DarthelsHof, und das Schlänglein, das immer noch als Hauszeichen unter dem Erkerzipfel in Stein gehauen flimmert, ist nicht umsonst golden. Freilich hat Leipzig schon immer das Glück ge habt, in seinen Architekten und Baumei st er n — wir nennen, ganz abgesehen von dem berühmten Rathauserbauer, dem Bürgermeister Hieronymus Lotter, nur David Scholz, den Erbauer von Schloß Knauthein, den aus der Dresdner Schule, der Schule Pöppelmanns, hervorgcgangencn Ratsbaumeistcr Fuchs — für seine Baupläne die rechten Aiänner zu finden. Diese feinsinnigen Köpfe wußten mit geschick- ter Hand sowohl dem Handels-weck, dem Meß- verkehr, ihre Risse, Zeichnungen und Bauten anzupas- sen, als auch lebensfrohen Raumgefühles voll Schön heitssinn in ihren Entwürfen graziös zu betätigen. Noch heute finden wir auf Schritt und Tritt Reste ihrer Eigenart, und jetzt in dieser Schlenderstunde, wo das Ange Entspannung von des Tages Hast und der Tageslast sucht, ist so manches (wortwörtlich) „Er- bauliche" zu entdecken. Allerdings muß man eine Ader von einem hellsichtigen Sonntagskind haben, wenn einem all die Absonderlichkeiten der Althöfe des Zentrums lebendig werden sollen. EtieglihensHof und das Königs-Haus sind zwar, abgesehen von ihren wirkungsvollen Fas saden, mehr und mehr modernisiert. Verlaßt die Ar- kaden des Alten Rathauses, und ihr steht vor Kochs Hof, dessen Barockfront nicht vergeblich so einen festlichen Eindruck im schmeichelnden Mondsilber her vorruft. Schon die ganze Anlage beweist die Grazie der Schul« Pöppelmanns, des Dresdner Altmeisters. Welch' geschlossene Komposition und wie zwcckcntspre- chend die Durchfahrten des zweiteiligen Hofes! Ja, Maurermeister Werner, aber auch Architekt Schmidlein, der den Riß des Baues gezeichnet, ver- standen sich auf Raummusik, beherrschten die Dresdner Barockform auf das glänzendste. Aber auch in der Klostergasse findet das Auge der architektonischen Schönheiten genug. Ist das dort nicht das frühere Hotel de Taxe, wo galante Föten bei Geigen- klang in Kerzenduft stattfanden? Wie klug bemessen ist der rhombusartiqe Raum des Hofes, den Haus wände, in ihren Ecken abgestumpft, zu wohltuender Einheit umschließen. Ein Treppenturm steigt durch die Stockwerke himmelan, links am Eingang aber der Aufzug aber beweist jetzt auch noch, daß in diesem vornehmen Bau der Gott des Handels, Merkur, schaltete und waltete. Und gegenüber der Durchgang, die Rückfront des Hohmannschen Hofes, am Markt, mit seinem majestätischen Tor, läßt uns einen langgestreckten Hof gewinnen, wie er in seiner vornehmen Ruhe nicht sauberer und für den Handelsverkehr nicht besser ge dacht werden kann. Und steigt nicht feiner Wem- dunst aus dem Gestein dieses Barockbaues? Wir sind in Bacchus fröhlichem Bereich. Um Kantate aber geht in Aecke kleins Keller ein altes Buchhändler inventar, die wohlbekannte Buchhändlerhose, um und erbringt in launiger Fest- und Geschäftssreude ge wichtige Spenden für die Standeszugehörigen. Besonders reiche Ausbeute für den Altertums freund bietet auch die Ha in st raße, obwohl die Baulichkeiten sich den Zwecken der Jetztzeit anpassen und die heute so nötige Reklame mit ihren Tafeln und Schildern die vorspringenden Risalite der ver- schiedcnstcn Geschosse verdecken mußte. Immerhin erfreut uns da ein Rundbogentor, dort ein originell gestalteter Hoferker, bald eine Fassade in zierlichem Lisenenschmuck, und das Mondlicht fingert kosend um deren Schönheit und schenkt unserer Phantasie ein Bild früherer Stadthcrrlichkeit. Auch der Brühl und vor allem die Katha rine n st r a ß e sind noch reich an Kuriositäten, und der Typ des Mcßverkchrcs des 18. Jahrhunderts, der Kaufmannshof, zeigt sich, wenn auch verbaut, in der und jener Baulichkeit. Aber wir können nur das be- sonders Charakteristische anführen, wenn schon so manche originelle Hofanlage zu erwähnen wäre, wie z. B. dort das schöne Tor schon auf einen besonderen Bau hinzudeutcn scheint. Wieder thront über pilaster geschmücktem Eingang ein Figurenpaar, diesmal Handel und Wissenschaft, und im Obcrlichtgittcr weist ein russischer Doppeladler darauf hin, daß einst zur Zeit der Völkerschlacht der Kaiser von Rußland in diesem Patrizierhaus abzusteigen beliebte. Der Hof, quadratisch und behäbig, zeigt noch durch seinen Auf zugturm den Charakter des Handelshauses, wie es zu Anfang des 18. Jahrhunderts der damalige Groß- kausmann und Bankier Hohmann vom Ratsbaumcister Fuchs sich erbauen ließ. Gleichfalls reizvoll in seiner Hofanlage ist schräg gegenüber das Fregeschc Haus; ein Steinrelicf aus dem Mittelalter beweist das hohe Alter des im- posanten Baues, dem eine Galerie, heute mit ranken den Blumen geschmückt, etwas ungemein Trauliches verleiht. Welche Wirkung mit Holzgalerien aber in einer Hofanlage zu erzielen ist, zeigt am deutlichsten in der- selben Straße das sogenannte Griechenhaus. Im Erdgeschoß mit korinthischen Säulen beginnend, er hebt sich auf jonischen Säulen durch drei Obergeschosse eine luftig gegliederte Holzarchitektur und gibt dem Hofe einen Anflug südlicher Anmut. Etliche hundert Schritt weiter, und wir sind am Neumarkt, sind im Hinterhaus derGroßenFeuer kugel, in der Goethe als Student seine Bude hatte. Durch ihn aber wurde nicht nur Auerbachs Hof, der in seinem Faustdrama bedeutsam eine Rolle spielt, von dem jedoch, abgesehen von weitläufiger Kellerei, mit allerlei altertümlichem Bildwerk, wenig aus damaliger Zeit übrigblicb, sondern auch die burg ähnlichen, himmelhohen Höfe, wie der Dichter sie in „Wahrheit und Dichtung" als eine Leipziger Sonder- heit rühmte, so recht dem Publikum vor Augen ge führt. Wir brauchen nur die Burgstraße, die Peters st raße als Abschluß unseres abendlichen Rundganges zu durchstöbern. Nun sah und sicht jedermann, welch geradezu klassisches Raum- gefühl die alten Ratsbaumeister und Architekten selbst in den Resten solcher Hofanlagc noch bekunden. Das Baumaterial der Umgegend, der rote Sandstein des Rochlitzer Berges, aber auch Granite, Tuffe und Ouarzporphyre aus der Mulde und der Tauchaer Grannporphyr fand ebenso wie das Bauholz aus Leipzigs Waldungen, die Linde, Weide, Pappel und Ahorn, die aber auch zu Schnitzereien an Balken, Gesims, und Erker dienen mußten, stets die zweckbeste Verwendung. Nicht nur der Raum wurde klug für den Handelszwcck, den Meßverkehr, ausgenutzt, son dern auch die Lager und Niederlagen der Höfe waren geschützt und zeigten, dem jeweiligen Zeitgeschmack angepäßt, dabei so viel Schmuck und Zierat, daß Leipzig eine besondere Note durch diese Bauspezialität bekam. Oer Mufferchauffeur Der Zentral.Wirtschafts-Verband Deutscher Motorfahrzeugbesitzer, dem es in verhältnismäßig kurzer Zeit gelungen ist, einen beträchtlichen Teil seines sehr umfassenden wirtschaftlichen und sozialen Programmes zu be wältigen, hat jetzt mit Erfolg auch d«n ersten Schritt zur Lösung einer der schwierigsten Fragen getan, mit denen der Motorfahrzeugbesitzcr bisher belastet war. In einer Tarisvereinbarung für Personen- kraflwagenführer, die der Zentralwirtschaftsverband Deutscher Motorfahrzeugbesitzcr mit dem Reichsvcr- band der Berufskraftfahrer getroffen hat und die dazu dienen könnte, die Beziehungen zwischen den Arbeitgebern, in diesem Falle den Motorfahrzeug- Hallern, und den ihnen vom Zentralwirtschaftsver band Deutscher 'Motorfahrzeugbesitzcr nachgcwiesenen Chauffeuren in mustergültiger Weise zu regeln, heißt es in 8 3: „Die Verbandskraftfahrcr verzichten aus drücklich darauf, irgendwelche Provision oder son- stig« Vorteile auf Kosten ihres Chefs sich auszube- dingen. Verstöße gegen diese Vereinbarung be dingen den Verlust der Bezeichnung als Verbands- kraftfahrer." Der Verband prüft die Personenkraftwagen führer, die er seinen Mitgliedern nachweist, auch auf Eignung und Stadtkunde und stellt nur denen einen Ausweis als Verbandskraftfahrer aus, die sich auch durch lückenlose Zeugnisse über ihre Ehrlich keit und Zuverlässigkeit auszuweisen vermögen. Da durch, daß der Kraftfahrer nunmehr durch Ablegung der Prüfung usw. seine Befähigung für die Aus füllung einer erstklassigen Stellung nachgewiesen hat, soll er berechtigt sein, fünf Prozent über die jeweils für Personcnwagcnkraftführer zwischen dem Reichs- verband der Berufskraftfahrer und dem Deutschen Reich und Preußen geltenden Tarifvereinbarunqen zu verlangen. In allen Streitfällen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer entscheidet umgehend und endgültig ein zwischen dem Reichsverband der Berufskraft, fahrer und dem Zentralwirtschaftsverband verein bartes Schiedsgericht. Wenn der Schieds spruch gegen den Kraftfahrer fällt, verliert dieser die durch die Vereinbarungen ihm zugebilligten Rechte und darf von dem Reichsvcrband der Be rufskraftfahrer bei Stellenvermittlungen dem Zen- tralwirtschastsverband nicht mehr in Vorschlag ge bracht werden. Di« Verbandskraftfahrcr werden über alle ihre bestehenden Versicherungen hinaus in einer Unfallversicherung sonderversichert, und die Tarifvereinbarung versucht, ihnen einen regel mäßigen Urlaub unter Zuzahlnnnq des vollen Lohnes und Dienstfreiheit an wenigstens zwei Sonn- und Feiertagen im Monat zu erwirken. Die Tarifvereinbarung geht von dem richtigen Stand- punkt aus, daß, wer einen erprobten und absolut ehrlichen Fahrer haben will, diesen auch sozial und wirtschaftlich so stellen muß, daß er nicht nach un reellem Nebenverdienst Umschau zu halten braucht. Modernes Tourtstentum. Die Trans-Europa- Union hat von München ausgehend Alpenrund- flüge mit Iunkers-Flugzeugen eingerichtet, die den nach der Alpenschönheit verlangenden Reisenden von München in die Alpen und wieder nach München zurück in 1—2 stündigem Fluge führen. Diese Mög lichkeit, in kurzer Zeit zwischen Nachmittagstee und Abendessen die großartigen Schönheiten der Gebirgs welt zu genießen, wird dem Luftverkehr neue An- Hänger zuführen. Der japanische Film kommt! Dem europäischen Westen dürfte auf dem Gebiet des Films eine Kon- kurrenz erstehen. Dies ist um so wahrscheinlicher, wenn man sich vergegenwärtigt, welche gewaltigen Fortschritte die Filmindustrie Japans in letzter Zeit gemacht hat. Hat doch beispielsweise eine der groß- ten japanischen Filmgesellschaften im vergangenen Jahre einen Gewinn von nicht weniger als 10 Mil lionen Mn buchen können. In jüngster Zeit haben vier der maßgebenden japanischen Filmfirmen Woche für Woche vier neue Filme herausgebracht. Bekannt lich spielen die Kinotheater Japans in der Nacht und schließen erst bei Sonnenaufgang. Seit dem Vorjahr ist in Japan zugunsten der einheimischen Filmproduktion eine Doykottbewegung gegen die ausländischen Filme in Fluß gekommen. Hiervon werden freilich in erster Reihe die amerikanischen Filme betroffen. Ser LirbeMi 38) Don »ans „Nein, Gert, ich glaube, du würdest der beste Ehemann werden, wenn du eine vernünftige Frau bekämest." „So. Du warst also keine vernünftige Frau, Detta?" „Ach — nein!" „Na — das ist ja ein schöner Fortschritt, daß du das jetzt einsiehst." „Du — Gert!" -Ja." „Weißt du, ich bin eigentlich — eigentlich recht froh." „Worüber denn?" „Ucber drei Dinge." „Welche?" „Erstens, daß du noch keine neue Freundin hast. Zweitens darüber, daß dir Dabette nicht gefällt. Drittens, daß du an heiraten vorläufig nicht denkst." „Darf ich dich auch etwas fragen?" Gert sah Detta etwas unsicher an. „Endlich," jubelte sie, „endlich! Das machte mich ja so verzweifelt, daß du mich nichts, nichts fragen wolltest. Daraus entnahm ich ja doch, daß ich dir schon gleichgültig geworden bin." „Mir kann wohl kein Mensch in dem Grade gleichgültig werden, der mir so viele Schmerzen öereitet hat." Sie senkte schuldbewußt das Haupt. „Was also, Gert, wolltest du wissen?" „Wie stehst du mit Kornelius?" „Bin ganz fertig mit ihm. Er hat mir nicht Wort gehalten. Hat mich völlig enttäuscht." „Als Lehrer?" „Ja — und Förderer meiner Opcrnlauf- bahn? Er ist der krasseste Egoist der Welt. Das habe ich nun gesehen." „Alles das meine ich nicht, Detta. Wie stan dest du früher mit dem Manne? Bestand zwischen euch beiden nie eine erotische Be ziehung?" Detta lachte hell auf. Gert sah ihn fragend an. „Erkläre mir, Detta. Was ist das denn? Sobald man irgendwen, auch deine Eltern, hier nach fragt, lachen sie los. Gib doch eine Antwort — eine ehrliche. Hat zwischen dir und Kornelius nie so etwas be standen? Kein Flirt — keine Tändelei? Ich war doch schwer eifersüchtig auf den Kerl." Detta prustete, erstickte fast vor Lachen. Jetzt wurde Gert ungeduldig. „Erkläre mir endlich!" rief er erregt. „Ach, Gert — ach — ist das komisch! Korne lius— auf den warst du eifersüchtig! Das weiß doch jedes Kind in Berlin, daß der — aus Frauen sich nichts macht! Der ist doch ganz — ganz — anders . . ." „Und das wußtet ihr alle?!" „Schon als Backfisch wußt' ich das, Gert. Denkst du, meine Eltern hätten mich sonst dem halbe Tage lang anvertraut? Auf den warst du eifersüchtig! Das ist zum Kugeln. Der guckt doch keine Frau an! Weißt du, sein Inter esse für mich — dahinter komme ich jetzt auch — hatte ebenfalls ganz egoistische Gründe. Es paßte ihm sehr vor den Leuten, mit einem jun gen Mädchen vertraute Freundschaft zu haben. Damit glaubte er, seine ganz entgegengesetzten Neigungen ein wenig zu verstecken. Auf den warst du eifersüchtig, Gert?! Darüber lach' ich — bis an mein Lebensende." Gert schüttelte den Kopf. „Warum," fragte er ernst, „warum hat nie mand auf diesen Sachverhalt mich hingewiesen?" „Na — Gert, wahrhaftig! Bloß du weißt nicht, was in der ganzen Welt doch so be kannt ist!" Gert sah sehr ernst drein. „Bedauerlich," sagte er. „Sehr — sehr be klagenswert! Ich versichere dich, Detta, es wäre manches anders gekommen, wenn dieser Umstand mir bekannt gewesen wäre. Denn ich führte die große Macht und Gewalt, den ganzen starken Einfluß, den der Kammersänger auf dich ausübte, zuletzt auf Erotik zurück. Nahm zum mindesten an, deine große Schwärmerei gälte dem Manne als solchem. Deshalb erbitterte es mich so, daß er für dich das reine Orakel war. Dein Vater selbst nannte ihn deinen Vormund. Auch ist das eine klar, daß er dich heftig gegen mich aufgehetzt hat." „Gert, darüber ist kein Zweifel, daß Korne- lius ein großer Künstler ist. Er gilt dafür in aller Welt. Natürlich war er mir Leitstern und Vorbild, Lehrer und Wegweiser, solange ich noch selbst Künstlerhoffnungen hatte. Er hetzte gegen dich. Gewiß. Weil seine Eitelkeit cs gern gesehen hätte, wäre ich ein Heller Opern- stern geworden. Da ich's nicht wurde, ließ er mich brutal fallen." „Ach — Detta, wie viele Irrtümer und Miß. Verständnisse trieben uns beide auseinander. Das war ja das reine Verhängnis!" „Beklagst du es, Gert?" „Es mußte wohl alles so kommen. Denn wir beide waren ja doch zu keinem Einklänge zu bringen." Er sah recht traurig drein, als er das sagte . . . „Könnt' ich jetzt Tee bekommen?" fragte Detta und sah ganz träumerisch ins Leere. Gert stand auf, ging hinaus, kam bald dar auf zurück. „Der Tee kommt gleich. Du wirst eine stumme Begrüßung mit Frau von Wartenberg haben, während deren ich, dich persisch anredend, der alten Dame einige Aufklärung gebe . . ." Detta lächelte. Jetzt kam Frau von Wartenberg mit dem Teewagen herein, nickte Tamara freundlich zu, die sich aus ihrem Sessel erhob und der alten Dame eine orientalische Degrüßungsgebärde Ltorttsg, ckea 24. Lugnst Kunstkalender von den «iSdtischen «ahnen. 9» der heutig*« vor- stellu-ng von .ToSca' singen z»m ersten Male hivr Fanny Cleve die Ti-Mparnc und Niodols Valve die Parst« des Savaradosst. Leipziger Kunstverein. Ter Leipziger Kunstvrretn «m Museum der bildenden Künste am AugusiuSplay er» össnct am 30. August seine nächste Ausstellung. Sie wird eine Zusammenstellung von „Alten und Neuen Linier» glasbildern" enthalten, wie sie bisher noch nirgends ge boten wurde. Neben einigen Proben älterer Glasbilder aus dem 18 und IS. Jahrhundert sind säst alle nam» hasten neueren Künstler, die sich aus diesem Gebiete be tätigt haben, wie Franz Marc. Heinrich Campendonk, August Macke, Reinhold Nägele. Paul Horst-Schulze. Gertrud Stamm-Hagcmann und viele andere vertreten. Gleichzeitig soll eine besonders gut ausgewählt» Gedächt- niSauSstellung dem im vergangenen Jahr verstorbenen Wilhelm Stetnhausen gewidmet werden, die in allererster Linte den Nachdruck aus die bisher noch viel zu wenig bekannte LandschastSkunst des Meisters legen wird Sonntag, den 6. September, wird ein Bortrag von Frl. Tr H Heyne im Rahmen der Steinhausen-Aus- stcllung stattsindcn. und zwar vormittags 11,30 Uhr bet lretem Eintritt für Mitglieder, während durch die Aus stellung von Alten und Neuen HinterglaSbtldern an den Sonnabenden des Monats September ständtge unentgelt liche Führungen durch den AuSstellungSletter abgehalten werden. — Bibliothek und Lescsaal des Kunstvereins sind den Mitgliedern zur Benutzung bereits wieder zugäng lich, jedoch nur an den Wochentagen Montags von 12 bis 3 Uhr, an den übrigen Tagen von 10—2 Uhr nach mittag?. Rundfunk-Programm Montag. Montag, 24. August: 10 Uhr: WirtschastSnachrtchten: Well, und Baumwollprctse: amerik Metallmeldungcn des Vo. ocndS 4 Uhr: Landwirtschaftliche; Baumwolle, Devisen. Berliner Metalle amtlich und Del-Notiz. 6 Uhr: WirtschastSnachrtchten: Dasselbe: Wiederholung. Londoner Metalle amtlich Hamburger Metalle amtlich. 6.15 Uhr. Wtrtschaftsnachrichten: TaSselbe: Fortsetzung und Mitteilungen des Leipziger MctzamtcS sür Handel und Industrie. 10,15 Uhr: Was die Zeitung bringt. 11,45 Uhr: Wetterdienst und Voraussage der Wetter warten Dresden, Magdeburg, Weimar. 12 Uhr: Mittags- mnstk aus der Hiipseid-Phouola. 12,55 Uhr: Nauener Zeitzeichen 1 Uhr: Börsen- und Pressebericht. 4,30 bis 6 Uhr: NachmtttagSkonzcrt der RundsunkhauSkapclle. 7—7,30 Uhr: Vortrag (von Dresden auS>: Regierungs amtmann Schäser-DreSdcn: „Vom sächsischen össeniltchcn ArbeitSnachwciswcsen ' 7.30 Uhr: „Ton Juan', Oper in 2 Akten von W. A Mozart. Dirigent: Alsred Szendrei. Orchester: TaS Leipziger Sinfonie-Orchester. Chor: Leip- ziger Lralortenvcrcinigung. Anschliefzend tetwa 10 Uhr): Pressebericht und Sportsunkdtcnst. Änfere stadtbekannte Tante Mieke feierte gestern ihren achtzigsten Geburtstag. Eine stattliche Schar von Gratulanten hatte sich in ihrem trauten, nach lavendclduftenden Stübchen eingefun den. Tante Mieke ist sich treu geblieben und ver- abscheut nach wie vor alle Errungenschaften der neuen Zeit. So ist sie nie mit der Eisenbahn oder gar mit der Elektrischen gefahren. Sie brennt noch ihre von ihrem Urgroßvater ererbte Oellampe und trägt Klei der, wie man sie vor 50 Jahren trug. Ihr Stolz sind 26 Paar Schuhe, die aber auch sämtlich über 50 Jahre alt sind. Da nun Tante Mieke sich auch die Schuhwichse aus Ruß und Wasser selbst herstellt, haben natürlich die Schuhe an Schönheit sehr ein gebüßt. Lin Gratulant brachte ihr nun au» Scherz eine Dose Büüo, die bekannte Schuhcreme, mit. Tante Mieke war entrüstet, daß man in ihre ge heiligten Räume solch ein teuflisches Produkt der Neuzeit itzubringcn u..gt. Als aber der Gratulant die ältesten der Schuhe, die grau, hart und unansehn- lich geworden waren, hernahm, mit Büdo einrieb, und dieselben durch ein paar Striche einen Hochglanz bekamen, das Leder weich wurde, da fiel Tante Mieke vor Schreck auf's c?ofa. Doch bald darauf sagte sie: „Laß mir auch mal!" und sie putzte mit „Büdo" olle 26 Paar Schuhe. In verblüffend kurzer Zeit standen die alten Schuhveteranen mit einem tiesschwarzen Hochglanz da, daß Tante Mieke vor Freude in die Hände klatschte und rief: „Büdo! Büdo! Das es so etwas gibt!" — Man sollte eigentlich vorstehendes Geschichtchen dem Püdowerk, chemische Fabrik in Schwenningen a. N., welche die ganz ausgezeichnete Schuhcreme „Büdo" herstellt, cinscnden. Es wäre eine glänzende Reklame für ihr hochwertiges Prä parat, das übrigens überall erhältlich ist. machte. Sie kreuzte beide Arme über der Brust und neigte ihr Haupt. Gert sagte feierlich: „Lmptura mpu osatoücen." Detta nickte, ihm zustimmend, und Gert rich- tete nun das Wort an die weißhaarige Wirtin. „Gnädige Frau, die Prinzessin begrüßt Sie durch meinen Mund. Ist sehr erfreut. Sie wohlbehalten wiederzusehen. Hoheit war in- zwischen daheim. Es sind, fast dreiviertel Jahre darüber verstrichen. Durch die unerhörte Hals starrigkeit beider Höfe — ich betone beider — stehen wir zwei leider noch immer auf dem alten Fleck. Es sieht fast so aus, als sollten wir alt und grau werden, bis wir in den Eh^hafen einlaufen. Haben Sie Dank, gnädige Frau, für Ihre gütigen Bemühungen um uns. Wir sind sichr glücklich, wieder einmal unter Ihrem gastlichen Dache zu weilen." Gert verneigte sich. Die alte Dame grüßte liebenswürdig und entschwand in ihrer laut losen Art. Detta hatte sich inzwischen auf die Rocque- fortkeks gestürzt und knabberte den ersten mit dem Ausdruck des Entzückens. „Gert," rief sie, „es muß ein Zauber darin stecken! Oft — besonders in der letzten trauri gen Zeit, besorgte ich mir Rocquefort, genau die gleichen Leipnitzkeks, die feinste ungesalzene Teebutter und versuchte, mir dieses Avalunbrot selbst herzustellen. Um mich in diese lieben Er innerungen hier ein bißchen zu versenken. Glaubst du, das Zeug schmeckte? Kein Ge- danke! Erst hier — hier wieder hab' ich die ganze Geschmackssinfonie wieder auf der Zunge. Wie ist das möglich?" „Aoalunbrot, meine Liebe, schmeckt eben nur in Avalun selbst." „Es muß wohl so sein, Gert." ^Fortsetzung folgt.)
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