Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.08.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-08-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192508246
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19250824
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19250824
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-08
- Tag 1925-08-24
-
Monat
1925-08
-
Jahr
1925
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Seite 2 Ausgabe betrachten, vor sich. Suchomlinow schrieb nun sein Buch gegen den Großfürsten, U'.n nachzumeiseu, daß er für diese Rolle de» Sammlers der nationalen Kräfte in der russischen chnngration nicht geeignet und gar nicht fähig sn, in Rußland selbst die Aufgaben zu erfüllen, die ihm seine Anhänger zuschrciben möchten. An einer Stelle nennt er den Großfürsten sogar einen „Banditen", wobei allerdings die Rede von einem wirklich skandalösen Falle ist. Die Wirkung des Buches Suchomlinows aber wäre sicher stärker, wenn er sich nicht so von seinm Haß leiten ließe, der ihn zu zweifellosen Ueder- treibungcn führt. Diesen Haß hegt er übrigens nicht nur gegen den Großfürsten, sondern auch gegen eine ganze Reihe von Persönlichkeiten, die früher in Rußland eine große Rolle gespielt haben, so gegen den früheren Premierminister Kokowzew, dem er zum Porwnrf macht, daß er setzt in Paris als Bankier lebt und „dort alle Freuden des Daseins genießt", ebenso gegen eine Reihe von früheren Generalen, so z. B. Denikin, den er als „stumpfsinnig" und „nichts nutzig" bezeichnet. Diese Fülle von Haß ist bei Suchomlinow allerdings bis zu einem gewissen Grade verständlich. Während des Weltkrieges, als die russische Armee ihre ersten schweren Niederlagen erlitt, lud die öffentliche Meinung in Rußland die ganze Berantwortung für die russischen Mißerfolge auf das Haupt Suchow- linows, den man als den Hauptschuldigen dafür erklärte, daß Rußland nicht genügend für den Krieg ausgerüstet sei. Man erzwang seinen Rücktritt, obwohl der Zar lehr an ihm hing, und machte ihm schließlich schon während der provi sorischen Regierung noch den Hochverratsprozeß. Gs ist daher vielleicht natürlich, daß er nicht nur sich reinzuwaschen sucht, sondern auch gleichzeitig bestrebt ist, die Schuld auf andere Häupter zu wälzen. Nur begeht er dabei den Fehler, daß er weit über die Schnur haut. Die Wahrheit ist, daß die Schuld am rus sischen Zusammenbruch nicht an dieser oder jener Person allein haftet, sondern daß sie mehr oder weniger alle belastet, die früher an leitender Stelle standen. Ls war gewiß eine grenzenlose Uebcrtreibung, wenn man früher in Rußland Suchomlinow allein die Schuld zuschricb und ihn fast zu einem Agenten Deutschlands machen wollte. Immerhin lastet auf ihm ganz zweifel los eine ungeheure Verantwortung für den Zu stand des Heeres. Ebenso sicher ist es, daß an den Mißerfolgen des russischen Heeres nicht allein sein früherer oberster Befehlshaber, der Großfürst Nikolaus, die Schuld trägt, obwohl er sicher kein militärisches Genie war und eine Reihe sehr folgenschwerer Fehler mochte. So verständlich auch die persönliche Ranküne des früheren Kriegsministers gegen den Oberbefehls. Haber sein mag, so wäre es sicher würdevoller gewesen, wenn er sich in der Öffentlichkeit jetzt mit weniger Lärm als die reine Unschuld be- zeichnete und seine Feinde als die alleinigen Sündenböcke hinstellte. Aber Würde ist etwas, was im Emigrantendasein nicht häufig vor kommt. Wieder ein Eisenbahnunglück in Frankreich Pari», 23. August. Auf dem Bahnhof Bar le Duc fuhr gestern eine Lokomotive auf einen im Bahnhof haltenden Personcnzug auf. Drei Reisende wurden leicht verletzt. Der Schaden ist bedeutend. Oie japanischen Flieger in Moskau Unitod-Preß. Moskau, 23. August. Die beiden japanischen Flugzeuge der Zeitung „Asahi" sind auf ihrem Flug nach London in Moskau cingetroffen. Slelm WMmiam Bon Visltsr «a»»no>»v»e. In Rennes stieg eine Nippfigur in den Zug. Sie trug nicht bretonische Tracht, sondern war mit Pattser Eleganz gekleidet, begleitet von einem Iüng- ling, dessen Zugehörigkeit zur Konfektion unschwer am Schnitt eines unechten Ulsters zu erkennen war. Dieser als Liebhaber folgende Herr, dessen markante Züge wir au» manchem illustrierten Roman kennen, zeigte deutliche Spuren von Eifersucht, die seine Freundin nicht hinderte, hinter seinem Rücken tief und liebenswürdig zu flirten. Infolgedessen sah ich wenig von der Landschaft. Ich weiß nicht, ob die Bretagne sich durch Fichten, Eichen oder Fohren aus- zeichnet. Und schließlich tat es auch nichts zur Sache. Ich weiß nur, daß Eifersucht bei anderen unerträg lich ist. Don mir selber will ich nicht reden. Solange Züge durch die Welt fahren, pflegt an irgendeiner Station eine Dame einzusteigen, die uns für kurze Zeit die Aussicht raubt. Olt ist sie allein, in der Regel zu zweien. Der Psychologe, dem es gegeben ist, aus einer zufälligen Begegnung einen Eisenbahnroman zu machen, läßt da» Paar im See- bad landen. Die Koffer werden geöffnet, Smoking und Abendkleid flattern heraus. Schon tönt die Iazz-Band. Schon wartet man auf Verwicklungen. Schon naht der Dritte, ohne den das zweite Kapitel nicht möglich wäre. . . . In diesem kritischen Augenblick versucht eine Llt- liche Dame in meinem Kupee vergeblich, ihren neuen Hut über die aufgeweichte Frisur zu stülpen. „Geben Sie her, Madame", sagte die junge Dame mit ihrem reizenden Lächeln, „das ist leicht zu ändern." Sie stand auf, ergriff den engen Hut mit sachkundigem Griff, bog ihn übers Knie und weitete ihn. Sie preßte, entformte und formte ihn wieder. Ihre Ohr- ringe tanzten aufgeregt. Sie war von ihrem beruf- lichen Eifer so erfüllt, daß sie das Entzücken der Mitreisenden gar nicht merkte. Endlich gab sie den Hut zurück. Lr paßte. Es war ein großer Triumph. Der Psychologe schließt folgerichtig, daß die Heldin des Romans eine Modistin ist. Sie fährt mit ihrem Freund in ein Fischerdorf der Bretagne. Zwei Zimmer mit Küche sind gemietet. Sie wirt- schäften selbst. Eie haben ein paar INO Franken ge spart, das reicht für vier Wochen. Im September sind sie wieder in Rennes. Die Saison beginnt. Er Ofibundtagung in Leipzig Sechzig, 23. August. Am Sonntag veranstaltet« der Lan-e»veeban- Freistaat Sachsen de» Ostbund«» eine Ostbundtagung im Grldensal des Güdbräu» zu Leipzig. Bereit» morgen um S Uhr begann die Versammlung der Orts- gruppcnvorsitzenden zur Beratung interner und organisatorischer Fragen. In der darauffolgenden Hauptversammlung hielt Bundesdirektor G i n s ch « l - Berlin «in mehrstündiges Referat über Zwecke und Ziel« de». Ostbundes und über di« den Ostbund besonders interessierenden Fragen der pol nischen Politik gegenüber Deutschland. Die eingehenden Darlegungen des Redners gaben ein aufschlußreiche» Bild über da» Dorgehen Polen» gegen die deutsche Minderheit, über di« zahlreichen Gewaltmaßnahmen bei der Vertreibung und Aus- Weisung der Reichsdeutschen von dem Boden ihrer Väter. Mit viel Sachkenntnis legte der Redner dar, wie es Polen versteht, durch unverfängliche gesetz geberische Maßnahmen di« Deutschen unter Zurück- behaltung ihres Eigentums aus dem Land« zu jagen. Das polnische Verbot, Geld und Wertpapiere aus zuführen, hat fast olle Flüchtlinge und Verdrängten mittellos gemacht. Das polnische Dorgehen ist aber noch lange nicht zu Ende, auch die jetzt noch in Polen lebenden Deutschen werden durch die verwerflichsten Mittel zur Auswanderung getrieben,und können da- bei von dem in harter Arbeit erworbenen Besitz nur sehr wenig mitnehmen, obwohl di« vom Völker bund erlassenen Bestimmungen die Mitnahme de» ganzen Eigentums gestatten. Dem Gesetz über die Enteignung des Grundbesitzes werden noch viele Deutsche zum Opfer fallen. Wie der Redner nachwies, geht die polnische Politik aber noch viel weiter. Sie will den Staat in Zukunft auf Kosten Deutschlands noch weiter ver größern. Zunächst einmal sollen die polni schen Staatsgrenzen zur Oder vorge rückt werden. Di« Einrichtung polnischer Minder heitsschulen, Erbauung von Kirchen, die Belassung der Polen und ihre weitere Ansiedlung in Deutsch land sind di« dazu benutzen Mittel, die bei dem starken Kinderreichtum und dem ausgeprägten pol- Nischen Nationalgefühl bereits in Schlesien, der Grenzmark und in Pommern zu großen Erfolgen geführt haben. Auf diese Weise entwickelt sich Polen jetzt aus einem Nationalisten- zu einem Natio nalstaat und bei dem immer geringer werdenden deutschen Geburtenüberschuß, von dem nicht nur die Großstädte, sondern auch das flache Land im steigen- den Maß« betroffen werden, ist die Befürchtung dirrchaus nicht von -er Hand zu weises daß Polen auch seine außenpolitischen Bestrebungen, di« Ausdeh- nung seines Staatsgebietes nach Westen, in einigen Jahrzehnten zur Tat machen wird. Diesen Gefahren sich entgegenzustemmen und das deutsche Dolk darauf aufmerksam zu machen, ist das ideelle Ziel des Ostbundes, der sich gleichzeitig auch der aus Polen Vertriebenen und Geflüchteten anneh men will. Die Kräfte der Ostmärker und ihr« Ver trautheit mit der polnischen Denkungsart will er ein- setzen im Kampf gegen die Großmannssucht unserer östlichen Nachbarn. Der Bund verlangt deshalb die Entschädigung und Ansiedlung der Ver triebenen, damit das vorzügliche Menschenmate rial sich wieder gedeihlich und erfolgreich entfalten kann und seine Kräfte dem verkleinerten Vaterland erhalten bleiben. Besondere interessant waren di« Ausführungen über die Optantenfra^e. Schwer und bitter ist das Los der jetzt Vertriebenen, doch sind sie zufrieden, so- bald sie wieder Arbeitsmöglichkeit und Boden zur De- arbcitung erhalten; sie werden dem Staat nicht lange zur Last fallen. Schlimmer ist es, -aß deutsche Gegenmaßregeln infolge der polnischen Politik nicht oder nur in kleinem Umfange vorgenommen werden können. Denn die polnischen Optanten wer den nicht von Polen genannt, wie es der Völkerbund bestimmt hat. Polen hat nur sehr unvollständige Optantenlisten an Deutschland bekanntgegeben, so daß nur sehr wenige Polen ausgcwiesen werden können, aber jetzt, nachdem der größere Teil der Deutschen das Land verlassen hat, hebt Polen die weiteren Auswei sungen auf. Das Reich muß folgen, will es nicht an moralischem Ansehen verlieren, und die polnischen Op tanten können infolgedessen hierbleiben und sich zu einem wirksamen Instrument der polnischen Politik entwickeln, während man in Warschau noch immer einige Reichsdeutsche für Repressalien in der Gewalt behält. Ueber di« Frage der Entschädigung und Nachentschädigung der Verdrängten machte der Rod- ner ebenfalls interessant« Mitteilungen über die Wirksamkeit des Ostbundes, dem es jetzt gelungen ist, di« Erledigung der 27b OOO Entschädigung»- anträge zu beschleunigen und durch eine Nachent- schädigung da» den Vertriebenen zugefügte Unrecht in etwa» zu lindern. Dank seinen Bemühungen werden jetzt Verluste bi» 2000 Mark voll entschädigt, die mitt- Irren Schäden bis 30 000 Mark werden mit 15 Proz. vergütet, größere Verluste sind mit 6 Prozent abge- deckt worden. Da« Bestreben des Bundes richtet sich dahin, für alle Geschädigten nach und nach di« voll« Vergütung der erlittenen Verluste zu erreichen. Am Schluss« der mehrstündigen Ausführungen verlas der Redner eine Entschließung, die eine ausreichende Versorgung und Unterbringung der aus gewiesenen Optanten fordert und von der Reichs regierung die Ausweisung der polnischen Optanten sowie die Fortsetzung des Wirtschaftskriege» gegen Polen verlangt. Am Vormittag vereinsgt« eine F e st v e r a n st a I- tung der Ortsgruppe Leipzig des Ostbundes die Tagungsteilnehmer bei einem wohlgelungenen Kon zert und einer Theateraufführung. Die Festrede hielt wieder Dundesdirektor G i n s ch e l. Einstimmig nahm die Versammlung sodann die am Morgen vor bereitete Entschließung über die Optantenfrage an, auch die als Gäste anwesenden Vertreter der Grenz- und Auslandsdeutschenvereine schlossen sich namens ihrer Verbände der Resolution an. Die Veranstal tung schloß mit einem fröhlichen geselligen Bei- sammensein. Die Bergarbeiter gegen den (Schiedsspruch Essen, 23. August. In einer heute in Bochum abgehaltenen Revier- konferenz nahm der Allgemeine Bergarbeiterverband Bochum in mehreren Entschließungen Stellung zur Lohnfrage. Dor kürzlich gefällte Schiedsspruch, der bekanntlich die von den Gewerkschaften geforderte Lohnerhöhung versagt, wurde abgelehnt. Die Konferenz verlangte einen Ausgleich gegenüber den ge st iegenenLebensholtungsk osten, zum mindesten jedoch die baldige Angleichung des Berg- arbeitvrlohnes an den Lohn der übrigen gleich schweren Berufe. In einer weiteren Entschließung wird die Ausgestaltung des Reichsknappschaftsgesetzes durch Einführung der Familienhilfe verlangt. Ferner wird di« Notwendigkeit eines einheitlichen Um stellungsplane» des Ruhrbergbaues betont. Di« von den Unternehmern verlangten Hilfs maßnahmen würden höchstens den Erfolg haben, neue soziale Kämpfe im Ruhrgebiet zu entfachen. Drohender Eisenbahnerstreik in England London, 23. August- Zu -en lnnerpolitlschen Schwierigkeiten, die zum größten Teil durch die kommunistische Propaganda und die Garantie der Löhne in den Kohlengruben entstanden sind, während die Löhne in den anderen Industrien herabgesetzt werden, droht jetzt noch ein allgemeiner Etsenbahnerstrelk in England. Die Eisen- bahvgesellschaften erklären, daß sie ihren Betrieb nicht fortsetzen können, wenn sie nicht an den Löhnen elnsparen können. Die Mitglieder der Eisen» bahnergewerkschasten sind dagegen nicht der Meinung, daß sie eine Herabsetzung der Löhne annehmen kön ne». Di« Streitigkeiten werden zwar vor den nati o- nalen Lohnausschuß gebracht werden, der aber nicht die Macht hat, seine Entscheidung den be- teiUgten Parteien aufzuzwingen, um so weniger, als die Eisenbahnergewerkschaften für den Streitfall nicht weniger al» 2 Millionen Pfund Sterling als Reserve ««gesammelt habe«. Loutag, cien 24. August Außenminister Meirowicz s Bet einer Antofahrt verunglückt Riga, 23. August. Außenminister Siegfried Meirowicz ist auf einer Automobilfahrt tödlich verunglückt. Der Minister hatte mit seiner ersten Frau und seinen Kindern aus erster Ehe eine Fahrt in seine Heimatstadt unter nommen. Auf der Rückkehr geschah das Unglück. Der Minister wurde aus dem Wagen geschleudert und blieb mit schwerem Schädelbruch bewußtlos liegen. Er wurde nach Riega transportiert und starb unterwegs, ohne das Bewußtsein wieder er langt zu haben. Es ist Staatstrauer angesagt worden, und die Stadt hat halbmast geflaggt. All gemein wird der Tod des langjährigen Lenker» der Außenpolitik Lettlands bedauert. Der Minister ist nur 38 Jahre alt geworden. Riga, 23. August. Die Nachricht über den Tod des Außenministers Meierowicz ist hier in allen Kreisen mit großer Trauer ausgenommen worden. In den Artikeln der Blätter wird das Verdienst des Toten um sein Land eingehend gewürdigt und der Verlust, den Lettland erleidct, hervorgchobcn. Ueber das Unglück, dem der Minister zum Opfer fiel, sind inzwischen fol gende Einzelheiten bckanntgeworden: Der Außenminister hatte gestern zusammen mit seiner Gemahlin und seinen Kindern von Tukkum aus eine Fahrt im Automobil unternommen. An einer Biegung der Straße, die av dieser Stelle steil ab fällt, kam der Wagen aus der Fahr- bahn, rutschte über den Abhang und schlug um. Während der Minister mit schweren Verletzungen am Kopf und im Genick bewußtlos liegen blieb, kamen seine Gemahlin und seine Kinder mit leich ten Verletzungen davon. Der Waqenlenkcr, der ebenfalls nur leicht verletzt wurde, machte sich scfort auf den Weg, um Hilfe heranzuholen. Aus der nacksttgelegenen Ortschaft, etwa zwei Kilometer von der Unfallstclle entfernt, kamen alsbald mit Ver tretungen der örtlichen Behörden Aerzte, die nur den Tod des Außenministers feststellen kenn ten. Der Leichnam des Verstorbenen ist inzwischen nach Riga übergcführt worden. * Meirowicz ist als Sohn eines jüdischen Land- arztes 1887 in Hasenpoth in Kurland geboren. Sein Vater war mit einer Lutheranerin verheiratet und trat vor seiner Verheiratung zum Luthertum über. M. hat nach dem Besuch der Gemeindeschule in Grobin und einer Handelsschule im rigaischen Poly technikum studiert, wo er mit einigen lettischen Freunden die Studentenkorporation „Talavia" gründete. Er wurde Versicherungsagent^ Buchhalter, Lehrer der Buchführung, Bankbeamter. 1917 Ver treter Rigas im Allrussischen Städteverband für Lebensmittellieferungen für die russische Nordfront, dann Mitglied des livländischen Landtags in Riga und Propaganda-Gesandter in Paris. Der durch den Libauer Militärputsch im Sommer 1919 an die Spitze der Regierung gestellte ehemaliger Pastor Nccdra ernannte M. zum Außenminister, was dieser aber ablehnte. Im Spätsommer 1919 wurde er da- gegen unter Illmanis Außenminister und nach dessen Sturz im Juni 1921 Minister präsident. Er gehört der Dauerbundpartei an und ist ein zäher Verfechter einer deutschfeind lichen und auf enge Beziehungen zu Frankreich und Polen gerichteten Politik. Friedrich Naumann-Feier Der Deutsch-Denuckrc tische Iugeudbund „Fried- rich Naumann" veranstaltet Montag, den 24. August, abends 8 Uhr, im Grünen Saale des „Sachsenhofes" am Ioyannisplatz eine Friedrich. Naumcmn-Feir- anläß'/ch der sechstcnn Wiederkehr des Todestages des großen Führers. Schriftleiter Dr. Rudolf Brandl wird sprechen über „Er innerungen an Friedrich Naumann". Generalsekretär Ehr ich wird aus Naumanns Schriften vorlesen. Die Feier wird durch Beetho- vensche Klaviersonaten umrahmt, deren Vortrag Dr. W. Fischer übernommen hat. Die Feier ist öffentlich für jedermann bei freiem Eintritt. ist Rayonchef, und sie verkauft Hüte. Weihnachten reisen sie nach Paris. Er zeigt ihr die große Welt. Sie tanzen auf Montmartre und gehen in die Operette. Nebenbei studieren sie den Louvre; nicht die Bilder, sondern das Warenhaus. Sie lieben sich, aber sie heiraten nicht. Heiraten ist zu umständlich in Frankreich. Zumal wenn man in derselben Branche ist. Ich trat auf den Gang. Das Fräulein lehnte am Fenster. Sie lächelte. „Madame", sagte ich schüchtern, „nie pflege ich einen Hut zu tragen. Ich finde es barbarisch, auf meinem Kopf ein unförmige« Jnstru- ment zu pressen, da« mir die letzten Haar« raubt. Diese Stunde hat mich belehrt. Ich erkenne die Nütz- lichkeit der Kopfbedeckung. Sie ist eine Brücke zu Ihrem Herzen. . . ." „Wirklich?" sagte sie lächelnd. In diesem Armen- blick kam ein Tunnel. Gott, unser bester Regisseur, ließ ihn drei Minuten dauern. Es wurde finster. Ich wollte noch etwas hinzufügen, aber die Dunkel- hett vertrug keine Prosa mehr. Als es hell wurde, war da» Thema erschöpft. Im Kupee hatte niemand etwas bemerkt. Der Zug kielt. Das Paar stieg au». Mr geben uns die Hände. Wir sagen „Auf Wiedersehen" und „Glückliche Reise" und was man sonst in Romanen sagt. Wir winkten. Dann fuhren wir auseinander. Bretonische Bäuerinnen standen in kleinen Dörfern. Strohbedeckte Häuser flogen vorüber. In Fischer- Häfen die ersten Schiffe. Da« Land wurde flacher. Es roch nach Meer. Leipziger Oper. In der „Salome" hatte man Gelegenheit, sich neuerlich über den Zuwachs zu srruen, den da» Leipziger Opern-Ensemble durch das Engagement de» Herrn Balve (Herode») bekommen hat. Dieser Stimme zu lauschen, ist an sich schon Genuß: ihre dramatische Biegsamkeit vereint sich mit darstellerischer Gestaltungsfähigkeit zu einem Gesamt- eindruck von charaktervoller Geschlossenheit und Lebendigkeit. Marie Schulz.Dornburg, hier stets willkommen, gastierte al» Herodia» und über- zeugte auf» neue von ihren hohen gesanglichen und schauspielerischen Qualitäten. Die Ianowska al» Salome entfachte Helle Begeisterung; wieder und immer wieder wurde sie gerufen. Erstaunlich war, daß die Leidenschaft ihrer Darstellung nicht allmählich dem Andantecharakter -er Temvonahme erlag. Denn der Dirigent schien ermüdet und konnte sich nur selten zu stärkerer Teilnahme ausschwingen. So blieb der ' Gesamteindruck trotz der guten Einzelleistungen recht matt. Frau Luna Neue» Operettentheater. Eine angenehme, unterhaltsame Mischung aus älterer Operette und neuerer Revue- Man hört wieder einmal richtige Walzer und hört sie gern. Di« lustig« Jule« Dernesiade Bolten Bäckers mutet ein bißchen antiquiert an Mit dem Fesselballon zum Monde und di« Erfindung eine» Luftomnibus: das ist in unseren Tagen, da man tchglich von Berlin in ein paar Stunden nach London fliegt ein wenig überholt. Oben auf dem Mond ist auch nicht allzuviel los. Zum Glück aber sorgt Direktor Klein mit Schmiß und Ausstattung, daß auch in diese Bude Leben kommt. Paul Linck« » Musik ist sympathisch und selbst im Schla- aer noch distinguiert, wie der Komponist selbst, der Vie Eröffnungsvorstellung persönlich dirigiert«. Sein Melodienreichtum — es seien nur die populärsten Sachen erwähnt, wie „Laß den Kopf nicht hängen", „Schlösser, die im Monde liegen" und der rassjae, aber gar nicht rasselnde Schlager „Sein wir lustig, gehn wir schlafen" — besiegelte den Erfolg des Abend». Die Aufführung war au» dem großen Berliner Reservoir James Kleins gespeist. Line Ensemble- bilduna ist natürlich bei diesem System nicht gut möglich. In der Erscheinungen Flucht ist Rudi Dfaller der ruhende Pol. Als Spielleiter wie al» Flugzeugkonstrukteur Steppke waltete er mit bewährter Routine. (Die Deckung der Seitenkulisse scheint aber im Neuen Operettentheater ein unlös- bare, Problem zu sein, und das Spiel der Bühnen- arbeiter gehört mit zur Ensembleleistung.) Die lustige Miß Nielsen, die prächtige Erscheinung der Frau Luna (Grete Sellin), Martin Kett- ner, trockener Humor, Tea Tiziani und Erwin Schöngart seien lobend hervorgehoben. In Luna» Zaubergarten erregte das Lustballett der Mondelfen Sensation. In der Tat, ein Anblick voll Anmut, diese Tänzerinnen, vor allem di« Prima Ballerina Preciosa Grigolatis, in schönen Posen und verschlungenen Figuren durch den Luft- raum schweben zu sehen, auf Wolken auf- und niedergleitend, wie überirdische Wesen auf den Gemälden alter Meister. Nur schade, daß man den Mann hinter der Kulisse die Drähte ziehen sieht. Die 3 Manleys, diese prachtvollen Steptänzrr, schon aus einer der Revuen des Operettentheaters bekannt, wurden stürmisch begrüßt. Der durch schlagende Erfolg dürfte der Operette auch an den folgenden Abenden treu bleiben. —k. Kleine Profefforen-Geschichten Der Wiener Ordinarius für Anatomie Prof. Tandler würzt seine Vorlesungen mit manchmal sehr saftigen Witzen. Als er nun wieder einmal einen Witz gemacht hatte, rief ein Hörer dazwischen: „Den Witz kenn ich von Ihnen noch vom vorigen Iahrl" „Sie glauben doch nicht, daß ich Ihnen für 60 Groschen Kollegiengeld jedes Jahr neue Witze er- zähle," war Tandlers Antwort. * Prof. Tandler spricht vom Bau des menschlichen Körpers. „Der Mensch hat zwölf Rippen. Der Mann soll ursprünglich dreizehn gehabt haben. Aber eine hat ihm Gott genommen, um daraus das Weib zu machen. Man weiß nicht, ob diese unselige drei- zehnt« Rippe rechts oder links war. A rechte war'» auf keinen Fall." Prof. Hatsch ek, ziemlich beleibt, konnte zwischen zwei von Medizinern im Eafä Astoria be setzten Tischen nicht durchkommen. „Gehn's, lassen'» mich durch, ich laß Si« dann bei der Prüfung auch durch," sagte er. „Kommen oder fallen?" antwortete ihm ein Me-i- ziner. 4a». K»Im»e
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)