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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.07.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192507279
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19250727
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19250727
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-07
- Tag 1925-07-27
-
Monat
1925-07
-
Jahr
1925
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sion bisweilen so weit, daß die KlanKwellen des Orchesters aus tiefen Horizonten der Buhne aufzu steinen scheinen. Der erste Akkord des Meistersinger- Vorspiels scheint sich wie ein strahlender Klanggürtel um den Bühnenrahmen zu legen. Bühnentiefe und Zuschauerraum sind magisch klanqcrfiillt, derart, daß Bewußtseinsläuschungen möglich wären, von welchem Punkte des Hauses die akustischen Wirkungen aus gehen. In einen solchen Klangraum gestellt, wirken die Werke Wagners unwirklicher, verzauberter, mystischer als in der Hellen Atmosphäre von Opernhäusern. Es ist weder zu beschreiben, wie sich in den „Meister singern* etwa der stimmige Reichtum von Chören und Ensembles von dem farbigen Orchestergrunde abhebt, noch zu sagen, welch märchenhafter Dämmer über dem Klangbilde des Parsifal liegt. Kommt hinzu, daß die diesjährigen Bayreuther „Meister- singer* auch losgelöst von ihrer Frstspielbestimmung al« ideale Aufführung schlechthin zu gelten hätten. Siegfried Wagner würde zweifellos den Ruf eines genialen Regisseurs auch in der breiteren Oeffentlichkeit genießen, wenn sein Wirken nicht auf Bayreuth beschränkt bliebe. Er besitzt jene kindliche Naivität des Einfalls, die das Kennzeichen alle« Großen, echt Empfundenen ist. Man muß den ersten Akt der „Meistersinger*, muß die Lehrvubenszenen und di« Prügelgroteske in seiner Inszenierung ge sehen haben, um überhaupt erst zu begreifen, was die „Meistersinger* sind. Wie Siegfried den Willen Richard Wagners im Szenischen vollstreckt, so Karl Muck im Musikalischen. Unbegreiflich, warum dieser Dirigent nicht an der ersten Stelle in Konzert und Oper wirkt, die Deutschland zu vergeben hätte. Un. begreiflich, wie noch ein Zweifel darüber bestehkn kann, daß die Leistungen Karl Muck» al« „Meister singer*. und „Varsifal*-Dirigent einzig ihren Ver gleich in dem Wirken jener großen Musikerqenera- tion der Mabler, Mottl, Nikisch finden. Das ist in den „Meistersingern* die unendlich große und zart« Linie, die das Ganze überspannt, da pulsiert un unterbrochen der Rhythmus, da kichern Geigen und Holzbläser, wie man es nie gehört, da schäumen in den Tiefen die Tuben, Posaunen und Hörner. Man wird diese Leistung des Dirigenten Karl Muck, die non dem Oribester virtuos ermöglicht wurde, al» Ideal einer Dagner-Interpretatioa und al» bt- Sette r gesetzt die Durchführung des diesbezüglichen Ver botes. Eine etwas andere Stellung nimm: die V a y - risch« Regierung ein. Den Beamten könne nach Art. 130, 2 der Reichsverfaffung nicht das Recht verwehrt werden, sich zu jedem zulässigen Zweck, also auch zur gemeinschaftlichen Beschaffung von Waren, zusammenzuschließen. Solang« nicht die allgemeine Wirtschaftslage eine nachhaltige Besse rung erfahre und nicht die Möglichkeit bestehe, den Beamten wieder auskömmliche Gehälter zu zahlen, werde es schwer halte», die Bestrebungen nach vor teilhaftem Selbsteinkauf zu unterbinden Es sei Sache des berufsmäßigen Handels, durch "ine ent sprechende Preispolitik und vorteilhafte Bezug.« brdingungen die Waren so günstig abzugcbeu, daß die Porteile der Einkaufsgenossenschaften von selbst hinfällig werden. Im übrigen müßte der zunehmen den Gepflogenheit von Firmen, sich privatgeschästlich unmittelbar an die Behörden mit Porzugsangebcten zu wenden, nach Möglichkeit vom Einzelhandel selbst entqegengetreten werden. Eine Beeinträchtigung de» Dienstes durch die Ausübung einer Perkaufstätigkeit ist nicht gestattet. Ebenso kommt eine unentgeltliche Benutzung von Diensträumen, Heizung. Beleuchtung usw. nicht in Frage. Das Reichsministerium des Innern hat in der Frage des Warenbezugs der Beamten in- zwischen Richtlinien erlassen, die für alle Reichsbehörden, einschließlich Post und Eilen bahn gelten. Danach sind Handcltreiben inn?>-hakd der Reichsbehörden grundsätzlich verboten Ver kaufsstellen sollen in Reichsbehörden nicht mehr be stehen. Durch Erlaß des Rcichsinncnministers om 7. Januar 1925 sind die von Beamren unterhalte' en Warenvertriebsstellen als wirtschaftlich nicht mchr zweckmäßig und als Schädigung des Einzelhandels anzusehen. Wenn auch der Zusammenschluß der Be amten zu Konsumgenossenschaften selbstverständlich nicht verhindert werden könne, so sollten doch diese Einrichtungen keine Drraiinstiaunaen durch die Be hörden erfahren und insbesondere nicht berechtigt sein, für ihre Zwecke dienstliche Einrichtungen »u be nutzen. , Perboten ist der Handel oder das Ausstichen von Warenbestellungen durch Agenten und Firm'n- vertrcter. Eine Ausnahme soll hier nur zulässig sein wenn es sich um Warenbestellungen handelt, an denen ein besonderes dienstliches Interesie vorliegst wie etwa der Pezua von Büchern und Geräten zur dienstlichen Verwendung Die Pächter der in den Reichsbehörden bestehenden Kantinen sind ach der Auffassung des Reichsministeriums hinsichistai der Konzessionspflicht sowie sämtlicher Stenern d'i allgemeinen für das Privatgewerbe aelt'n-en Vor schriften unterworfen Die Reichsbehörden solle» darauf achten, daß der Warenabsatz durch die Kan tinen sich in den gezogenen Grenzen bewegt, baß also z. B. Abgabe von Tabak, Lebensmittel, Spiri- lassen usw lediglich in kleinen Mengen zu dem innerhalb Dienststnnden in Betracht kommenden Verbrauch, nicht zur Versorgung der Familien und anderer Kreise. Dir Tätigkeit non Veschsbeamtrn als Ländler oder Handelsanaestelste ledgri im übr'- nen der Genehminunn der obersten Neichsbchö'de icdes. Ressorts. Rach Ansicht des Reichr-ministeri r des Innern sind derartige Genehmigungen in b ' fetzten Jahren nur in sehr geringem 1Ims"iiae nnrl.- -esucht und in noch kleinerem Maße erteilt worden. Oie Gefahr großer Armeen Williamstown, 26. Juli. Bei der l;cutigen Eröffnung der Diskussion über die Rii st unaseinschränk irrigen im Internationalen Institut fürPoli- t i k erhielt als erster Redner Generalmajor Sir Frederic Maurice das Wort. Sir Frederik Maurice, der während des Krieges der Chef der Operationsabteilunq beim Generalstab der bri- ! tischen Armee war. äußerte die Befürchtung, daß ein neuer Krieg unvermeidlich sei, falls die europäischen Armeen, besonders die Frankreichs. ! Rußlands. Italiens und Polens nicht sowohl an Größe, als auch an Bewaffnung eingeschränkt werden. Der Redner füget hinzu, daß für die europäischen Staatsmänner die Gefahr bestünde, von der Militärdiktatur verdrängt zu werden. MM- 1S25 Dir erste Hälfte des Festspielprogramms »st be wältigt. In den „M e i st e r s i n g e r n* erschien die Summ« guter Eigenschaften, die das heutige deutsche Operntheater rinzusetzen hat, vermehrt um das eine, bas nur Bayreuth geben kann: Festspielweihe. „Parsifal* vermachst die künstlerische Höhe des ersten Abends wohl zu erreichen, nicht mehr zu über bieten. Ohne die Ergebnisse der kommenden „Ring*- Darbietungen zu erwarten, wird man Rückschau und Ausschau halten dürfen. Seit einem Halbjahrhundert gibt es Bayreuther Festspiele. Inzwischen ist der Name Bayreuth Sym- Lol geworden: er dient zur Deckung irriger, richtiger und halbrichtiger Darstellungen. Niemand, der nicht Bayreuth erlebte, vermag recht zu sagen, was ihm der Begriff bedeute- Und daß die« Bayreuth nicht jeder Einzelne kennt, der den Drang zur Auseinander setzung mit den großen Problemen des Leben« uns der Kunst verspürt, ist symptomatisch für eine Zeit, in der die künstlerischen Instinkte sich schwach regen, der Druck materieller Nöte in« Ungemessene wächst. Der Staat selbst hätte zum Mittler, Helfer, An reger werden können, so wie es Wagner einmal er hoffte, bevor er sich ganz vereinsamt sah. Daß der Staat versagte, mindert die Schuld des Einzelnen und hebt sie auf: Schien es doch in der Tat, als ob Bayreuth seinen Zweck in dem Augenblick erfüllt habe, als sich die deutschen Bühnen der Werke Wag, rrers annahmen, als sich Wagners Kunstgedanke aus der romantisch-weltfernen Idee in konkrete künst lerische Macht umzusetzen begann. Die Krise für Bayreuth besteht also schon ebenso lang, als es ein europäisches und außereuropäisches Wagner-Opern- revertoire gibt, da« scheinbar alle Ansprüche de« Publikums erfüllt. Das Jahr der „Parsistil* Frei- pabe, 1913 batte folgerichtig das Ende von Bayreuth eräugen müssen. Denn nun gab es auch keine reale kiinfnerische Voraussetzung mehr, ous tst Bayreuth seine Sondereristenz Hütte gründen kann-" Schließ lich kant der Krieg und damit ier n atericlle Ruin der F-sspiefe. Bayreuth schien verlor.n und ver- »essen. Di« UpAind«, unter denen dann im vorigen H-Hk» bi« Wagn«r-F,stspiel» wird«r ouflebten, find l-elp«ig«r Tsgedlstt Frieden oder französische Offensive Pari«, 26. Juli. „Echo de Paris' zufolge soll für den Fall, daß Abd el Krim die tranzösisch-spanischen Friedens bedingungen zur Kenntnis nehmen sollte, sich als offiziöser Vertreter Spaniens Oberst Aguilar und al» offiziöser Vertreter Frankreichs ein Beamter der Bergwerksverwalturig, namens Gabriels, nach Alhucemas begeben. Diese habe» bereits kürz lich im Auftrage des Generalresidenten von Marokko mit Abd el Krim Fühlung genommen. Sollte jedoch Abd el Krim die französisch-spanische Aufforderung unbeachtet lasten, so würde ihm eine Note mit der Mitteilung zuqeleitet werden und hiermit an ihn die letzt« Warnung ergeben, daß. wenn dieses Ultimatum unbeantwortet bleiven und Fricdensverhandlungen nicht einqelcitet werden sollten, eine regelrechte Offensive eröffnet werde. Oos Marolko-Abkommen unterzeichnet Parts, 20. Juli. Havas berichtet aus Madrid, daß die französisch spanischen Delegierten der Marokkokonferenz in einer Vollsitzung gestern abend die Abkommen betreffend die Grenze der französischen und der spanischen Ein- slußzone in Marokio und der Zusammenarbeit der französischen und der spanischen Behörden unter zeichnet haben. General Iordane, der Vorsitzende der Konferenz, hat, wie eine weitere Havas-Meldung aus Madrid besagt, noch während der Sitzung der Presse ein Kommunique übermittelt, in dem es u. a. heißt: Die Negierung wird bereitwilligst olle ge- troffencn Abkommen veröffentlichen. Für den Augen, blick ist das allerdings unmöglich. Beide Regie- rungcn müssen sich zunächst darüber verständig-», welche Veröffentlichungen sie für geeignet haiten. Das erste bereits in die Praxis umgesetzte Ab kommen ermöglicht die Zusammenarbeit der fran zösischen Marine mit dem von der spanischen Marine ausgeübten Ueberwachungsdienst zum Zwecke der Unterdrückung des W a s f e n s ch m ug g e l s zu Master und zu Lande. Eine völlige Verständigung ist hinsichtlich der Ueberwachung der Zone von Tanger erzielt worden, und zwar derart, daß die durch das Tangerstatut vorgesehene Neutralität ge- wahrt bleibt. In dem Abkommen über die politische Zusammenarbeit ist vor allem die beiderseitige Ver pflichtung, keinen Sonderfrieden zu schließen, von Bedeutung. llcbrigens bedeutet die Festlegung der Friedeiisgrundlage keineswegs, wie man vermutet hat, daß Frankreich und Spanien die Absicht haben, den Rebellen einen Frieden anznbieten oder daß sic das bereits getan haben. Als Friedens- grundlage müsse die Sichcruria eines soliden und dauerhaften Friedens unter Wahrung der Würde Frankreich und Spaniens dienen. Das Recht der Verfolgung und das Recht, die Grenze zu über fliegen, hat man sich gegenseitig zugcstanden. Antikommuttifflsche Maßnahmen in Zrankfeich Pari», 26. Juli. Zu den Beratungen der Regierung über die zur Unterdrückung der kommunistische» Umtriebe zu er greifenden Maßnahmen ersähet „Petit Journal*, es sei in offiziösen Kreis'» dieser Tage davon gesprochen worden, die Aushebung der parlamentarischen Im munität während der Parlamentvferirn dazu zu be. nutzen, die Umtriebe gewisser kommunistischer Ab geordneter abzustellen Es wurde in diesen Tagen bereits von der Möglichkeit einer Verhaftung der kommunistischen Abgeordneten Cachein und Doriot gesprochen. Pari», 26. Juli. Die gestern in Bordeaux eingetroffenen aus Marokko ausgcwiesenen beide» Schweizer, die elncr kommunistischen Jugendorgani sation Algiers angchört haben sollen, wurden verhaftet. In Angers hat das Strafgericht den kommunistischen Bürgermeister wegen Aufforderung zum militärische» Ungehorsam zu 6 Monaten Ge fängnis verurteilt. Sofia und seine nähere Umgebung wurden von einem Erdbeben heimgcsucht, das im Vorort Tuajews besonders stärkt war. Ein nennenswerter Schaden ist nicht entstanden. Vie enMche Bergbaulrife auf Dem Höhepunkt London, 26. Juli. Premierminister Baldwin verbrachte käst den ganzen Sonntag mit den Vorbereitungen für seine morgigen Besprechungen mit dem Ausschuß des Ge werkschaftskongresses. Der Sekretär de« Bergarbeiter verbandes Look erklärte in einer Unterredung, die er den Pressevertretern gewährte, aus Bemerkungen verschiedener Staatsmänner, darunter auch des Premierministers, könne man schließen, daß die Hoffnung für eine friedliche Regelung der Bcrgbaukrise nur sehr gering sei. Die Staate- männer hätten nichts weiter vorschlagen können, als daß die Bergleute ein Kompromiß annehmen sollten. Die Bergleute würden aber bestimmt keine Verein barung annehmen, die eine längere Arbeitszeit cder eine geringere Bezahlung als im Jahre 1V14 vorsehe. Die allgemeine Besorgnis wegen eines möglichen Generalstreiks der Bergleute spiegelt sich in den Blättern und heute gehaltenen Reden zahlreicher Kabincttsmitglicder und Politiker, sowie in den Leit artikeln der Plätter wider. Der „Observer* be zeichnet die kommende Woche als eine der kritischsten rn der Geschichte der britischen Industrie. 1)3 000 englische Textilarbeiter im Streik London, 26. Juli. Dem „Observer" zufolge ist bisher keine Regelung des Streikes im Textilgebiet von Porkshire und Manchester in Aussicht. In die sem Bezirk haben 135 000 Arbeiter die Arbeit niedergelegt. Oie Moral als Geschäft Budapest, 26. Juli. Vor dem Polizeirichter des 5. Budapester Be zirkes wurde gestern eine Art Affenvrozeß geführt. Zu Beginn der vorigen Woche erschien im Laden des Kunsthändlers Ernst Fränk! zwei De tektive und forderten ihn auf fünf im Schaufenster befindliche Bilder, die von der Behörde als pornographisch befunden worden seien, von dort zu entfernen. Fränkl weigerte sich, dies zu tun und ! berief sich darauf, daß es sich durchweg um Werke der hervorragendsten ungarischen Künstler handele. Die Detektiv bestanden jedoch auf ihrer Forderung und teilten mit, die Leitung eines völkischen Jugend bundes hätte die Polizei auf die Bilder aufmerksam gemacht. Fränkl gab nicht nach, und die Detektive entfernten sich, um zwei Tage später wiederzukommen und ihre Forderung mit dem gleichen Mißerfolg zu wiederholen. Weitere zwei Tage später kamen die Detektivs unter Führung eines Po'>' riosiiziers noch mal und überreichten Fränkl ein polizeiliches ERei ben, wonach die Bilder zu konfiszieren seien und gegen Fränkl das Strafverfahren einqelcitet werde. Fränkl hatte sich vor dem Polizeirichter zu verant worten. Er wurde zu einer Million Geldstrafe ver urteilt. Die Konfiszierung der Bilder wurde nur zum Teil aufrechterhaltcn. Drei Bilder wurden Fränkl zurückcrstattet. Die beiden konfiszierten Bilder werden zugunsten des Staates ver kauft werden. Wie die Agentur Havas mittcilt, hat der eng lische Botschafter in Paris dem französischen Außenministerium den für gestern nachmittag von der Dresse anqekündigten Besuch, bei welchem er den Standpunkt des „Foreign Offirc" zur deutschen Antwortnote darlcqen wollte, nicht abgestattet. Die französische Finanzdelegation, die mit dem englischen Schatzamt über die Frage der Regelung der französischen Schulden verhandeln wird, wird, wie Havas berichtet, morgen nach London abreisen. Chicago, 26. Juli. Heute verstarb hier der bekannte Chirurg Dr. Albert I. Ochsner, der sich besonders für sein Dorkämpfen der Radiobehandlung von Krebswuche rungen einen Namen erworben hatte. noch in aller Erinnerung. Die Politisierung des Fest- fpielgedankene war die Tat eines mißleiteten Dilet tantismus, ein Frevel am geistigen Erbe des großen Künstlers Wagner. Daß man sich inzwischen eines Besseren besonnen hat, beweist der „offizielle Fest spielführer* des Jahres 1825, ein Buch, aus dem dir geistige Armut zwar noch nicht völlig geschwunden ist, das aber den Anspruch erheben darf, in objektiverem Sinne den Interessen Bayreuths zu dienen, als die Tendenzschrift vom vorigen Jahre. Stärker als dieses äußere Dokument des Gesinnungswechsels beweisen aber die künstlerischen Ergebnisse der Festspiele, daß Bayreuth al» geistiger Faktor wieder Geltung ge winnt. Man stekt einigermaßen ratlos vor der Tat sache, daß jede» der Merke Wagners in diesem Fest spielhaus«, da» doch nichts weiter ist als ein not dürftig improvisiertes Gehäuse aus Ziegel und Balken, auf sonderbare Weise zu leben beginnt. Zweifellos svrelen subjektive Stimmungen und Emo- sindungen hinein, zweifellos bleibt man nicht gleich- gültig gegen den Gedanken, welch großer Geist sich selbst in diesem brüchigen, ins Kolossale strebenden Theatcrgehäuse noch ein Denkmal seines Selbst zu setzen wagte. Aber die „Stimmung* weicht doch schließlich, und es bleibt die nüchterne Frage nach den Ursachen: Warum ist das Werk Wagners erst in diesem Festspicltheater zum Ideal erhöht, warum es erst hier auf der Stufe der Vollkommenheit er scheint — die» zu erklären reichen rationale Gründe allein nicht zu. Auch die festspielhafte Repräsenta tion innerhalb eines eigens zu schaffenden architck- ionischen Raumes ist bei Waaner schon in die Kon- zeption einer Werkidee cingeschloffen. Intuitiv er- kannte da» Genie die Wirkungvmöglichkeiten einer in den außergewöhnlichen architektonischen Rahmen ge- stellten Kunst. Man mag prinzipiell die künstlerische Berechtigung de« „v e r d e ck t e n Or ch e ste r »*, da, ja die originellste Einrichtung de» Bayreuther Theaters ist, bestreiten —: für die Werke Wagners bleibt es ein Mittel ungeahnter Illusionssteigerung. Nicht so sehr an einer bewußten Perschleierung, „Zerreibung*. Dämpfung de» Orchesterklang» zu gunsten der Bühnenwirkung scheint es Wagner ge legen zu sein, auch nicht etwa nur an der Ans- schaltunq de» äußeren Orchcüerbildes für dcw Auge, sondern an einer illusionären Persck iclzunq von Klang und Bühnenbild. Geht doch die Illu Loutsg, ckea 27. lutt Gültige Doppelehe? Ein juristisches Kuriosum. Seit vielen Jahren streiten sich die Juristen über di« Frage, ob es möglich sei, daß ein Mann nach dem in Deutschland geltenden bürgerlichen Recht zu gleich mit zwei Frauen in rechtsgültiger Ehe »er- heiratet sein kann. Bevor da» DGB. in Kraft trat, wurde diese Frage bereits aufgeworfen- Nun hat endlich da» Leben den Juristen einen solchen Fall beschert. Er trug sich vor einigen Jahren an einem bay rischen Landgericht zu, und Rechtsanwalt Pfleger berichtet über ihn in der „Deutschen Juristen zeitung*. E» handelt sich um folgenden Tatbestand: Der Kaufmann 8k. lebte mit seiner Ehefrau Ä- in einer recht unglücklichen Ehe. Schuld daran hatte ausfchließlich 8k. —, insbesondere wegen seiner vie len Ehebrüche. Aus religiösen Gründen erhob die Ehefrau keine Scheidungsklage. Da aber das Zu sammenleben schließlich unhaltbar wurde, einigten sich die beiden folgendermaßen: die Frau sollte die eheliche Wohnung im geheimen verlassen, nm so zu vermeiden, daß die unglücklichen Familienver- hältnisse in die Oeffentlichkeit gelangten- Der Ehe- mann verpflichtete sich, seiner Frau eine regelmäßige monatliche Unterhaltsrente zu bezahlen. Mit einem Nachtzuq reiste also die Ehefrau zu weit entfernt in einem kleinen Ort wohnenen Verwandten. Was aber tat der Ehemann? Er schlug Lärm, wandte sich an die Polizei, forschte eifrig und emsig nach dem Verbleib seiner Frau. Er erhob Klage auf Wiederherstellung des ehelichen Lebens, und weil sich die Frau polizeilich nicht abgemeldet hatte und weil er beweisen konnte, daß sie sich unter Mit- nähme von Kleidern und Wäsche heimlich aus dem Haus entfernt hatte, erwirkte er schließlich die Lffent- liche Zustellung dieser Klage. Da die Frau weit ge nug weg war, um von dieser öffentlichen Zustellung nichts zu erfahren, meldete sie sich natürlich nicht; es erging also Persirumnisurteil, das ebenfalls öffent lich zugestellt wurde und das Rechtskraft erlangte. Unterdessen schickte der Ehemann pünktlich die monat liche Unterhaltsrcnte an seine Frau Als ein Irhr nach Eintritt der Rechtskraft des die Ehefrau zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft anhaltenden Urteils verflossen war, erhob der Ehemann die Scheidungsklage wegen böswilligen Verlassens. Wiederum konnte er beweisen, daß über den Per- bleib seiner Ehefrau nichts bekannt war: infolge- dessen wurde auch diese Klage öffentlich zugestellt. Es erging alsbald ein Urteil, das die Ehe aus Ver schulden der Ehefrau schied. Auch dieses Urteil wurde öffentlich zugestellt und rechtskräftig. Im zu ständigen Heiraisregister aber wurde ordnungsgemäß die erfolgte Scheidung vermerkt. Kurz darauf lernte T- die B. kennen und heiratete sie. Die Untcrhaltsrentcn an seine Frau A. aber zahlte er weiter. Etwa ein Jahr nach Eingang der neuen Ebe hörte er aber damit auf und nach einiger Zeit erhebt Frau A. Klage auf Unterhalt. In die sem Rechtsstreit beruft sich der Ehemann aus das rechtskräftige Ehescheidungsurteil. Erst hierdurch erhält Frau A. überhaupt Kenntnis von Len früheren Prozessen. Sie beantragt Wiederaufnahme des Verfahrens, legt die P o st - L i n z a h l u n g s - scheine über die erfolgten Unterhaltsleistungen vor und gewinnt den Restitutionsprozeß, was zur Folge hat, daß der Rechtsbestand der ersten Ehe in vollem Umfang wiedcrhergestellt ist. Aber auch die zweite Ehe besteht formell voll- ständig zu Recht. Allerdings hätte die B- die Ehe anfechten können, aber da sic von 8k. bereits zwei Kinder hatte, kam für sie die Anfechtung ihrer Ehe mit 8k. nicht in Frage. Auch die Staatsanwalt schaft konnte nicht einqreifen, weil ja die B. den bk vollständig gutgläubig geheiratet hatte. Leider starben 8k. und B. kurz nach der Aufdeckung des Sachverhalts, und so ist dieser Fall der gültigen Doppelehe praktisch bedeutungslos geworden. Aber es läßt sich aus dieser Geschichte die Lehre ziehen, daß das DGB- eine Lücke aufwcist. Denn welche Ehe sollte ungültig sein? Die Ehe B. bestimmt nicht. Ihr stand zur Zeit ihrer Schließung kein Nichtigkeitsgrund entgegen, weil jo T. damals mit A- nicht mehr in gültiger Ehe lebte, sondern rechts- kräftiq geschieden war. Nachträgliche Nichtigkeit einer gültig geschlossenen Ehe kennt aber das BGB. nicht. Es hätte also nur die Ehe A- ungültig is'n können. glückendes Erlebnis dieser Bayreuther Festspieltaoe gelten lassen. Die Leistungen des Solistenensembles waren an beiden Festspieltagen durchweg befriedigend, oft vor- bildlich. Zum Einzigartigen gehört die Kundry der Barbara Kemp, eine Gestaltung von hinreißcn- der Leidenschaftlichkeit. Bedeutend waren Scheidls Amfortas, Habichs Klinaeor, Mel chiors Parsifal, Heinrich Schul tzs Beckmesser, Claire Borus' Evchcn, Hermann Weils Hans Sachs. Freundliche Erfolge hatten die Leipziger Künstlerinnen Lotte Dörwald (Magdalene) und Maria Ianowska als Führerin im Chore der Blumenmädchen. Für Zoom er, den man im „Parsifal" gern an Stelle Carl Brauns als Gurnemanz gesehen hätte, Erich Zimmermann und Walter Elschner werden erst die kommenden Festspieltag« eine ihrer Bedeutung entsprechende Be schäftigung erbringen. Es entspricht Bayreuther Gepflogenheiten, daß das Verdienst des einzelnen nur im Zusammenhang mit den Verdiensten der Gesamtheit Geltung erhält. So wird man davon absehen dürfen, die Leistung des einzelnen für das Gelingen des Ganzen näher ab zuwägen. Fragen der Regie, der musikalisch-drama- tisckren Intervretation. der künstlerischen Gesamt wirkung und Gesamtstimmung sind es, die in Bayreuth stet» ein Höher und Mehr bedeutet haben al» alle Interessen am Persönlichen. Ls wäre be dauerlich, wenn dieser tiefere kunstethische und kunst- erzieherische Wert Banreuihs in Zweifel ge zogen werden sollte. Wenn heute noch Künstler von Rang dem Bayreuther Gedanken sernstehen, oder wenn sie durch eine nicht rein sachlich begründete Politik in Versonolsrogen abqeichreckt würden, so berechtigt doch das künstlerisch« Ergebnis dieser Fest spiele zu der Ern'artuna. daß Bayreutb wieder zum Eammelvunkt aller erlesenen Kunstkr'äfte werden kann, über die Deutschland verfügt. In diesem Sinne ergeben sich Hoffnungen, die vielleicht di« nächsten Festspiele erfüllen werden. Auf Sieg fried Wagner liegt die ganze Last der Perant- wvrtung. Denn er als künstlerischer Gesamtrcqisseur halten wird, wo« er als Spielleiter im engeren Be reich versprochen hat. so steht re nicht schlecht um die Zukunft von Bayreuth. vr. »odiwae
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