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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.03.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-03-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192503140
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19250314
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19250314
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-03
- Tag 1925-03-14
-
Monat
1925-03
-
Jahr
1925
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Sell« » probe Ghen in Rußland Wie solch ein „Ehevertrag" lautet. In den russischen Sowjetblattern wirb ein charak teristisches Dokument veröffentlicht, das klar beweist, wie das gegenwärtige System den Zusammenbruch des Famstienlebcns herbeisührt. Die Ehe wird in vielen Sowjetrepubliken nicht mehr auf Lebensdauer, wie tos in allen kulturellen Staaten der Fall ist» geschlossen, sondern man begrenzt das Zusammenleben zwischen Mann und Weib auf eine bestimmte Zett. Cnlsprechen die Ehegatten einander während dieser Bewährungsfrist, so kann di« Ehe vor dem Orksowjet wc.tcr auf eine bestimmte Anzahl von Jahren prolongiert werden-, harmonisieren aber die Ehegatten au» irgendeinem Gründe nicht, so geht Ulan nach der im Ehevertrag vereinbarten Frist wieder zum Ortssowjet, legt den Ehevertrag vor, gibt die Gründe an, weshalb der Ehevcrtrag nicht prolon giert wird, und acht ohne irgendwelche Ver pflichtungen auseinander. Nur muß der Dlann, falls ans dieser Probeehc Kinder vorhanden sind, die Erklärung abgcbcn, daß er bis zum 17. Lebensjahre feiner Kinder einen Erziehungsbeitrag, der etwa ein Drittel seines Gesamteinkommens beträgt, beisteuern wird. Weißrußland ist in der Frage derartiger „Probeehen" eine der ersten Sowjetrepubliken, die diese ans neuer Basis aufgebau'te Ehe anerkennt und die de» verschiedenen Gouvernements und Orts sowjets den Auftrag gegeben hat, derartige Probe ehen offiziell zu registrieren und die Befristungs dauer der Probeehen bis zu drei Jahren zu be grenzen. D'.e Institution der „Probeehc" hat in Sowjetrußland sehr rasch sehr viele Anhänger gefunden, und diese „Probeehe" soll dazu geführt haben, daß die Zahl der unglücklichen Ehen sich be deutend vermindert hat. Venn Braut und Bräutigam eine derartige Probeehc cingehcn wollen, so müßen sie mit einem Zeugen vor dem Leiter des Ortssowjets erscheinen, einen Ehevcrtrag unterzeichnen und eine schriftliche Erklärung nbgeben, daß sie nach Ablauf der verein barten Frist, die nicht länger als drei Jahre dauern darf, friedlich auseinandergehen, falls — was sich ja in den drei Jahren des gemeinsamen Zusammen lebens zeigen muß — sie nicht zueinander paffen. Der Kontrakt wird registriert, die „Probeehc" offiziell beglaubigt, und die beiden Teile, die diese Ehe schließen, sind nun ans drei Jahre Mann und Weib, und während dieser Frist werden sie von den Sowjet behörden als gesetzliche Ehegatten anerkannt und ge nießen alle Rechte, die den gesetzlich getrauten Gatten znerkannt werden. Dor uns liegt die Abschrift eines derartigen „Ehe vertrages", den wir in deutscher Uebertragung ver- öffentlichen: Sftevertrag. Am 4. März 1925. Ich, der Bürger des Dorfes Dubowka, im Kreise Nowoleljansk, Bezirk Kalinsk, Weißrußland, schließe heute folgenden Vertrag mit der Bürgerin Anna Nomancnko, und zwar in Gegenwart des Zeugen Genossen Karpekin: 1. Ich — Sergei Kowalenko, Bürger des Dorfes Dubowka, verpflichte mich, die Bürgerin Anna Nomancnko, wohnhaft zu Dubowka, in mein Hau» oufzunchmen, sie zu erhalten und sie wie eine eigene Frau zu behandeln. Der Vertrag tritt mit dem hcntiaen Tage in Kraft und ist auf die Dauer von drei Jahren abgeschlossen. Nach Ablauf dieser Frist müffen wir dem Vorsitzenden des Ortssowjets die Erklärung abgebcn, ob wir in eine richtige kommunistische Ehe cinaehen oder ob wir unsere freie Ehegcmcirßchaft auflösen. 2. Ich — Anna Romanrnko, Bürgerin de» Dorfe» Dubowka — erkläre mich hiermit einverstanden, die Nech e und Pflichten einer Frau, das heißt die Rechte und Pflichten einer gesetzlich getrauten Frau, beim obgenannten Bürger zu übernehmen, »md zwar im Lauke von drei Jahren nach Registrierung dieses Aktes durch die zuständigen Behörden. 3. Ich, Sergei Kowalew, erkläre, daß ich vom hrnt'gcn Tage, angefangen nach der amtlichen Re gistrierung unserer freien Ehegemeinschast, die Bürgerin Anna Romanenko siir drei Jahre als meine Gattin befrachte und daß ich während dieser Frist für sie so sorgen werde, wie das Gesetz für einen ge setzlich getrauten Gatten vorschreibt. Es folgen nun die Un'erschr.ften. Die rech'sgültige dreijährige Gültigkeit dieser „Probechr" wird amtlich bestätigt. Der Leiter des Ortslowjets von Nowoseljansk. lfolgt Unterschrift.) »1. I-elp»iger T»gedl»tt s« -elltMWZikln ui AtiWkusW Unter den Fürsorgeerziehungsonstalten Sachsen» erfüllt das Heilerziehungrheim Kleinmeusdors eine besondere Aufgabe- weil e« einerseits Kinder mit psychopathischer Veranlagung erzieht, anderseits als Bkobachtungshaus allen Fürsorgebediirstigcn des Kreises Leipzig vom 6. bi» -um 21. Lebensjahre Auf. nähme gewährt. Da 290 Plätze zur Verfügung stehen, sind Kinder und Jugendliche nicht allein aus allen Tellen Sachsen», sondern auch au» dem Reiche hier untergebracht. Zunächst erfolgt körperliche Unter- suchung, psychiatrische psychologische und päda gogische Beobachtung-, sodann werden, den Ergeb- nisten entsprechend, die Heimlinae in Krankenhäusern, Erziehungsanstalten, in Familienpslege, Lehr- und Dienststellen untergebracht. Die schwierigen Fälle psychopathischer Veranlagung bleiben im Heil erziehungsheim. Der wunden,olle moderne Bau der ganzen An- stalt, sowie die zweckmäßige und schöne Innen ausstattung der Räume sichern für alle Insassen die gesundeste Lebensweise. Das F a m i l i e n sy st e m, m dessen Rahmen die Erziehungsarbeit in Klein- meusdorf geleistet wird, wurde inirch die Anlage der Anstalt vorgeiehen. In den beiden großen Ge bäuden befindet sich je ein Mittelbau und zu Seiten die Wohnungen der Aöglingsfamilien. Dabei sind die kleinen Mädchen von den größeren getrennt, ebenfalls die kleinen Jungen von den größeren Burschen. Reben den großen, Hellen Schlafräumen liegen die Zimmer der Erzieher, die jederzeit durch ein Fenster die Zoo, linge beobachten können. Jeder Schlafraum Hot zwei kleine Nebenräumc, so daß besonders schwierige Kin der, die in irgend einer Weise die anderen gefährden, abgesondert werden können. Ganz besonders nützlich ist diese Absonderung bei Ausbruch ansteckender Krankheiten. In der großen Wohnstube wird den kleineren Mädchen die Nlahlzeit gereicht- die in der vortrefflich eingerichteten Küche von den Angestellten mit Hilfe der älteren Dlädchcn zubcreitet wird. Die Kinder sehen alle gut gepflegt aus, nehmen allgemein in den ersten Wochen stark zu, und ihr Gewicht wird dann durch regelmäßige Wägungen immer wieder kon trolliert. Da das Heilerzlehungshcim nahe an die Heil anstalt Dösen gebaut wurde, ist der Psychiater, der ständig mit der pädagogischen Leitung zusammen ar beitet, immer schnell zu erreichen. Dem Schul unterricht wird besondere Sorgfalt gewidmet: neben Normalklasten laufen Hilfsklaßen, außerdem bestehen eine dreiklassige Kna-bcn- und eine einklassige Mädchenfortbildungsschule. Besonders wichtig ist für die schulentlassenen Jungen die Ausbildung zur handwerklichen Arbeit, die sie in der Anstalt bekom men. Da ist eine Schneiderwerkstatt, eine Schlosser- und eine Buchbinderrvcrkstatt, da werden Schuhe an gefertigt und besohlt, wird Gartenarbeit geleistet, während die Mädchen mit Nadelarbeitcn und haus wirtschaftlicher Tätigkeit beschäftigt werden. In dem großen, Hellen Festsaale finden die Gottesdienste statt: jedem Insaßrn steht cs frei, daran tcilzunehmen. Auf der Bühne werden zur Weih nachtszeit und anderen Festtagen Theaterstücke ausge führt- die den Heimlingen besondere Freude bereiten. Imd Herbst 1923 gründeten mehrere schulentlassene Jungen eine literarische Arbeitsge meinschaft, die der Unterhaltung der Kameraden dient und den literarischen Schund bekämpfen will. Fast ausschließlich wurden klassische Stücke gewählt. Seit September besitzt das Heim eine eigene Haus- kaprlle. Lehrer und Erzieher musizieren mit den Heimlingen auf den Geigen, einem Cello, Harmonium und Klavier. Im Sommerhalbjahr bildet das Sportfest den Höhepunkt aller Veranstaltungen. Durch die Feier- tagsfreuden wird jene gehobene Stimmung hervor gerufen, die als heilpädagogischcs Mittel für die Zöglinge, die leicht reizbar, schnell und tief verstimmt sind, wesentlich ist. Weil die hier weilenden Jugend lichen mehr oder minder a'ozial eingestellt sind, in folgedessen jede Gemeinschaft meiden oder stören, ist die Erziehung innerhalb der Aöglingsfamilien für sie von günstigem Einfluß. Der Sinn für gemein schaftliche Betätigung und Genuß der Erholungs stunden wird in ihnen geweckt und gesellschaftsfeind lichen Neigungen entgcgcngcwirkt. Das Heilerziehungsheim besitzt ein Außengul, in dem ein I ug e n d h e i m mit 18 Plätzen für schul. entlaßene Zungen, die in die Stadt zur Arbeit gehen, eingerichtet ist- Die Gründung und der Au», bau solcher Heime ist besonder» wichtig, damit Ju gendliche, die kein« eigenen Angehörigen haben, eln Unterkommen finden und nicht schutzlos den Gefahren der Großstadt ausgeliefert sind. t.»nk» v. Xo»ed«e. Zum Turmhausbau am Augustusplatz E« wird uns geschrieben: Zn letzter Zeit ist in der Tagespreffe mehrfach Stellung zur Frage der Errichtung eines Turmhauses am Augustu»platz -ze- nommen worden, und es soll hier einmal nicht auf die städtebaulichen Gesichtspunkte «ingegangen wer den, sondern lediglich auf ine Berkehrssragen, die bei der Erörterung diese» Projekte» anscheinend völlig vergeßen worden sind. Da» nimmt um so mehr wunder, als im vergangenen Jahre sehr viel« bc- rcchtigte Klagen über die Verkehrsnot unserer Groß- stabte vorgebracht wurden. E» sei darauf bingewie- sei», daß diese Fragen auch an dieser Stelle grund legend erörtert worden sind. Wir erinnern daran, daß in Nummer 303 (16. November 1924) eingehende Ausführungen über die unhaltbaren Verkehrs zustände am Augustusplatz besprochen wor- den sind, die gerade an der Stelle, die für die Er richtung des Hochhauses in Betracht kommt, einer dringenden Regelung bedürfen, wenn nach Möglich keit für die Zukunft weitere Unfälle verhütet wer den sollen. Auch scheint man die seinerzeit bei der Planung des „Weltmeßpalastes" am Schwanenteich gemachten Einwendungen nicht berücksichtigt zu haben. Damals hegte man mit Recht die Befürch tung, daß die in dieser Gegend vorhandenen Stra ßen durchaus nicht zureichend seien, den gewaltigen Verkehr zu bewältigen, der mit der Errichtung eines solchen Riesengcbäudes für Geschäftvzweckc verbun- den ist. Auch hat man völlig übersehen, daß in Amerika heilte die enge Bebauung der Großstädte infolge der dadurch hervorgerufene»» großen Ver- kchrssckwierigkeiten, verbunden mit unwirtschaftlicher Bctriebsführung (Spitzenleistungen der Verkehrs- »nittel vor Arbeitsbeginn und nach Arbeiteschluß) als nachteilig empfunden wird. Die Zufahrtsstraße»» zu den» geplanten Turmhaus sind von beiden Seiten schon jetzt als unzureichend für Großstadtverkehr an zusprechen. Die Nikolaistraße hat sehr ungünstige Zugänge (Brühl, Grimmaische Straße), ebenso die Gocthcstraße (Hauptbahnhofsvorplatz, Brühl). Der Augustusplatz mit der Ausmündung der Grimmai- schen Straße an der Kreuzung Caf« Frische gehört schon jetzt zu den schlechtesten Derkeyrsstellen der Stadt Leipzig. Will man in Leipzig in Verkehrs- technischer Hinsicht nicht lernen? ». Segen bas Konkordat Die am Donnerstag abend in Leipzig tagende Versammlung des Lehrerverein s Leipzig- Stadt und Leipzig-Land nahm nach dem Vortrag des Reichstagsabgeordneten Saenger- München über das Bayerische Konkordat folgende Entschließung an: Der bavriic-c Staat Pot in Widerspruch zu klaren veltnnmun-cn der Neichsyersassuna ein Konkordat mit der kM-üolijchcn Kirche und entsprechende Verträge m l den beiden cbangcOIchcn LandeLkircden abgeschlossen. Damit hat er in wichi.-gcn Pnirktcn seine staatliche Lchuldohcit nu'sgcsebcu und die Schule der Kirche ausg-cricscrt. Di« ReichSrcgiernng bat das versassungK»v>4>rig« Vorgehen Bayerns ol-n« Eimpruch geschehen laßen Es -st darum die Befürchtung nicht von der Hand zu weisen, datz em- flußretchc Kräfte am Werk« silid. die bayrische RegÄu-ng auch aus das Reich »md di« Länder zu Übertragen. Da ader würbe bedeuten Auslieferung dcS gesamten deutschen BaldungSWesen» an den Konsess'>citaliSmuö, vSlliig.- Unterordnung de» Staate» unter dl« Kirche in allen kulturellen sira-gen. Ausbebung der Gewißen»- und Lehrfreiheit der Lechrer von der Volksschule bis zur Hochichule, Beaufsichtigung und Leitung des Stetig,onSunterrichtS durch die Kirche, konfessionelle AuSgcstaltuing der Lehrerbildung, Gründung der Prtvatschulcn durch Orden und Kon- greoativnen. Damit ist der Weg zur einheitlichen Staat schule ab- geschnitten, di« E-rnheit des deutschen Volkes schwer be droht. Angesichts d.eser Gefahr«» müßen also all«, denen eine einheitliche, aus w ßenjchajklichir Grundlage beruhende VollSerzichung Hcrzcnöiach« ist, sich ichUpenv vor das be drohte V'ldlingSwercn sttllcn. Di« am 12. März 1S25 im Bonorand zu Leipzig verlammen«» crr;i«her und Freunde der Schule rufen iNSbcsondcr« d,c Vcrtvetrr ncs deutschen Geisteslebens und den deutschen Reichstag aus den ;crsl er enden und das Staatswodl gefährdenden Kon- fcssionat smu» in di« Schraten zu »vetstn. MimWe vMlilisn Don 8«rtdol0 VI»rt»I. Indes das „Deutsche Theater" von der „Heiligen Johanna" lebt, — welche ei.. Shaw-Stück und eine Be.gner-Rolle ist —: kämpft im Schlagschatten dies«» Nloiistrc-Lrfolg«» ein« kleine, aber fanatische Gruppe von Thcatcrmcnschen, deren bestimmende Persönlich, leiten Vor Dramatiker Bert Brecht, der Regisseur Erich Engel und der Schauspieler Fritz Kortner sind, um Gegenwart und Zukunft. S« kämpfen im Schatten, und sie haben den Wind, der sich nach rechtshin gedreht hat, im Gesicht. Ihr Pyrrhus-Sieg in dieser Saison war die Uraufführung von Brecht» „Dickicht". Seit diesem Abend de« Umschwungs »st die öffentliche Meinung (und da» Publikum, da» ihr dient, indes es von ihr bedient wird) nur zu sehr geneigt, für privaten Uebermut des Autor» zu halten, was einer tieferen Notwendigkeit entspringt. — Für Brecht ist die Bühne keineswegs mehr ein« Tribüne, eine Kanzel der Menschlichkeit, sondern der Ort einer tollen und bunten, möglichst voraussctzungslosen Hand- lung. Dabei folgen dir Ereignisse so unvvrmittett der untcwrdischen, für die praktische Vernunft widersin nigen Lcgik de» Blutes- daß der Zuschauer gezwun gen ist, di« gewohn'en logischen Stützen loszulassen und sich passiv dem Kreuz und Quer der Spannungen zu überlasten, auf deren Entladung er blind ange wiesen bleibt. Dazu eine Vieldeutigkeit der Sprach«, gewirkt aus tausend nebelhasden Deziehunaen, ein« Bilderwelt, die es noch nicht bi» zu konkreten De- gr'ffen gebracht hat! So wird die Logik ewig ange- reizt und nie befriedigt, was auf die Dauer in Ber- liner Köpfen die argerl chste Ungeduld und Unsicher- heit erzeugen mußte. Nun läßt si^> aber kein Pubi'- kum ber Welt mit dem bloßen Vorgefühl de» Gedankens abspeisen. E« mag dem dichterischen, gestaltenseherischen Menschen genügen, au» einem magischen Labyrinth von Situation -u Situation fort^eriffen zu werben, der Dramatiker kann für die Dauer eine» Abend» der Klarheit de» Bewußt- lein» und der formulierend«» Sprachgmoißhett nicht «ntraben, ohne z-u mißraten. Er kommt auch um di« eindeutige ethische Zielsetzung nicht herum, nicht um di« dor öffentlichen Einsicht geöffnete Idee, an der er maßt und gemessen wird. Der Tragiker ist Richber. ober er ist gerichtet. Er steht und fällt mit der Unerbittlichkeit seiner gemeinverständlichen Fol- gerungen, und «» wird ihm kein Glied der mora- lischen Kett« geschenkt, wenn er uns feffeln soll. Me sehr «in solcher Fatalismus einer hinein- geschmuggelten, da» Gefühl der Zuschauer bannenden Le den «gläubig leit bedarf, um nicht auf offener Bühn« in» Komische, in die Komödie, umzuschlagen, haben di« „Hinterwäldler" des eigenwilligen Carl guck' mayer bewiesen, der in diesem Fall nach Brecht al» ein Brdcht-Ep'gone fühlbar wurde. Dlan hatte nicht mebr gewagt, da» Stück um einen Platz im regulären Sptelplan kämpfen zu lassen, sondern d « Derantwor- tuns d«r periodisch frei veranstaltenden „Jungen Bühn«" überlassen. So wurde e» zu einem ein maligen Sonntaqs-Dormittags-Bergnügen, einer An. gelkgenheit des fachlich interessierten Berlin unter sich. Die Zuschauer fühlten sich, recht gemütlich- hinter den Kulissen der Theaterbörse und benahmen sich danach. Auf der Bühne waren di« adamittschen Greuel des Blute», der abergläubischen, feilsch stischen lustmordenden Bl-uthörigkcit in ein etwa» papierne» Wildwestlertum eingepackt. Rufe: „Hoch Karl May!" Man hatte e» bei Zuckmayer nicht schwer, das Stoff- iiche abzulehnen, besonder» weil cs sich in der In szenierung allzu konkret vordrängte. Zuckmayer dürfe nicht Indianer spielen, meinten die Erwachsenen, er habe sich'« nur angelesen; Els« Lasker-Schüler da» gegen würde ihn sick-erllch al» geborenen Indianer- Punzen agnoszieren. Wirklich war da» Gewebe der Sprschbilder d»«smal oft bi» zum Reißen dünn. Daß aber ein« freche Komöd enszen«, voll gruseligem Lachreiz, der Dialog am Galgen eine«, der gehänat werden soll- mit einem, der noch nicht gehängt wird mit erlösender Kraft e'nschluo, war tief symptomatisch für die Gattung! Und folgerichtig ergab sich der große persönliche Erfolg des Schauspiele» Rudolf Forster, der vor da» Fragezeichen dieser T-iebwelt <ii» raffinierte künstlerische Individualität fetzt«. Zn seinem kalt-transparenten, phantastisch-tragischen Hu mor, der über alles Lebens-Wirrsa-l hinaus das mysteriöse Phlegma eines frommen Zynikers hatte, kihrdigte sich em« geistig« Ueberwtndung an, «selche der jungen Dramatik zu wünschen wäre. — Man registrierte allgemein den Erfolg Forster» und belobte die „Junge Bühne", di« das Verdienst hat, eine R ch- tung inauguriert zu haben, welche man nicht gelten läßt. So kompliziert " di« momentane Theater- fituation. Man schreckt ab, indem inan inständig bittet, weiterzuwagen. Der Vorrat an ehrenvoller Blutschande dürfte indessen bald erschöpft sein, und die .Jung« Bühne" wird sich «ine» Tage» entschließen müssen- die „drei Abhandlungen zur Sexualtheorie" von Siegmund Freud aufzuführen. — Daß aber di« jungen Dramatiker, auch wenn sie di« großen Ideen noch nicht gefunden Haven, jeden falls gut daran tun, sich der Fülle der Gesichte zu- zuwenden, hat Erich Engel al» Regisseur ve» „Dickicht" meisterhaft bewiesen. Hier genügte e» nicht mehr, die Bühn« als Tribüne zu stuf«n. hi«r mußten Situationen allseitig aufgebaut, nicht nur ausgestaffelt und interpunktiert werden. Hier re»chte auch nicht mehr da» Dynamogeknatter der Bered samkeit au», und führe es mit noch so vielen Pferde kräften dahin. Hier tat menschliche Artikulation der Rede not, um so mehr, i« dunkler der Sinn blieb. Den Rhythmu», in vielfach« Rhythmik gelöst, nicht loszulassen, und doch die Sprechmelodie bi» in» Allerleiseste hörbar »u machen, war hier die Forderung, und ward geleistet. Nach solcher Er- probung durfte sich Lnael an seinen Shakespeare wagen, wie jed«r sich an den seinigen wagen muß, auf jede Gefahr hin. Vogte sich Jenner an di« un- ocheuerlich« Riesenfratz« „Ricl)ard III.", so Engel, viel kühner noch, sofort an den „Coriolan", diese» sprödeste, männlichste Werk. Toriolan, der Hyper- aristokrat, d«r Hypersoldat, bi» zur Unmenschlichkeit adlig, adlig bi» zur Blödsinnigkeit, bi» zum Unter gang: bringt unser« Zeit so keuschen Adel auf? Hai sie unter ihren Sorten den Anti-Demagogen, de»- halb den Anti-Politiker? Schafft sie den Eoriolan, diese männlich« Cordelia — er kann seinem irr sinnigen Vater, dem Demo», nicht sagen, daß und LorurudKLck, 14. UI»« Leipziger Rat-beschlüffe Um der bestehenden Ueberfüllunq der Kranken. Häuser zu begegnen, sollen schleunigst drei Baracken für da» Krankenhaus St. Georg und eine für da» Kinderkrankenhaus ange kau st wer- den, wofür ein Derechnungogeld von 500 000 Mark bereitgestellt werden soll. Zugestimmt wurde vorbehaltlich der Zustimmung der Stadtverordneten der Aufstockung de» Handelshofe» am Salzgäßchen, welche die Mieterin, di« Einkaufsgenossenschaft Nord und Süd, auf eigen« Kosten übernehmen will. Für di« Erweiterung de» Beobach, tungshauses im Krankenhaus St. Georg wurde einer Nachbewilttqung von 83 500 Mark zugestimmt. Zur Bildung neuer Klassen an den höheren Lehr anstalten und Höheren Berufsschulen macht sich die Gründung von 60 neuen Stellen für Ostern notwendig, die vorbehaltlich der Zustimmung der Stadtverordneten bewilligt wurden. Zugestimmt wurde dem Antrag des Ortsamts für Kricgerfürsorge, den für die Ucbernahme von Bürg, schäften festgesetzten Betrog von 50 000 Mark auf 150 000 Mark zu erhöhen. Zur Feier des Gedenktages für die Kriegsopfer ain 15. Ntärz sollen durch die Stadtgärtnerei die Kriegergräber geschmückt werden. Wohliätigleitsfest zugunsten ver Leipziger Winterhilfe Der Leipziger Bürgerbund hatte zu einer Wohltätigkeitsvcranstaltung nach den Festsälen des Zoo geladen, um das Werk der Winterhilfe zi» fördern. Namhafte Leipziger Künstler sorgten für beste Unterhaltung. Sehr viele Gaste hatten sich ein gesunken. Das Musikkorps des 2. Bat. Inf.-Reg. Nr. 11 eröffnete mit einigen Märschen das Pro- gramm. Reichstagsabgeordneter Dr. Wunderlich begrüßte die Erschienenen, wies auf das Elend der Klein- und Sozialrentner hin, für deren Linderung den Ländern und Gemeinden nur ungenügende Mit- tcl zur Verfügung stehen. Private Wohltäter müssen energisch eingreifen, um die Notleidenden vor dem Untergang zu bewahren. So wünschte der Redner dem Büryerbnnd rechten Erfolg, und es scheint, daß man die Winterhilfe durch diese Unterstützung wirk lich ein gut Teil vorwärts gebracht hat. Reißenden Absatz fanden die Wohltatigkeitsloke, stark war der Andrana zu den Sekt- und Likörzelten, srendig wurde von allen Gästen gegeben. Großen Beifall erntete der Leipziger Männerchor, der unter der Leitung von Professor Wohlgemuth meisterhaft sang. Als Solistin trat Frau Opern sängerin Marin Matter stock auf und entrückte durch ihren woblgcschulten Sopran. Doch den Höhe punkt der Darbicinnoen bildeten die Tänze einiger Künstlerinnen vom Neuen Theater, die von der Ballettmelsterin Erna Abendroth einstndiert waren: „Russischer Volkstanz". „Vogelbuvs". „Wiener Fratschlerin", Tan-sviel nsw Kaveßmcister Sei fert sorote nm Flügel für barmon'sch? Begleitung. — Den Schluß der Veranstaltung bildete ein Bass. Warum? Wie uns gemeldet wird, ist es ge lungen, eine Mailänder Opernstaqione zu einem Gastspiel nach München zu verpflichten Warum be müht sich Leipzig nicht um ähnliche Gastspiele, die ohne Zweifel starken Zuspruch finden und seine»» Ruf als führende Musikstadt erhöht würden? Die Hausangestelltenfrage. Zu unseren Notizen Warum und Darum in Nr. 70 und 71 gingen uns aus Hausange st clltcnkreisen mehrere Zuschriften zu, in denen die Abschaffung des Dienst buches als eine der kleine»» Errungenschaften der Hausangestellte»» begrüßt und gegen seine Wieder einführung protestiert wird. „Ist cs nicht genug", heißt es i»» einem der Schreiben, „mit der 14 stündi gen Arbeitszeit, mit dem Tag und Nacht unter Dcobachtungstehen, mit der Entziehung der Sonntage — der freie Sonntag, der alle 14 Tage gewähr» wird, beginnt nachmittags um 4 oder 5 Uh» also nach acht- bis neunstündiger Arbeit? Mögt ich ist dies zum größten Teil nur dadurch, daß die Han eingestell ten nicht besser organisiert sind. Wenn Tamen über die Tariflöhne hinausgchen, werden sie wissen warum; selten genug wird es vorkommen. Die Hausangestellten 'beanspruchen für ihre schwere und überlange Arbeit die Achtung und Anerkennung, die wie er ihn liebt! Er kann, will er sein Vaterland c>«--ei.. nur um sich hauen, aber nicht die Wunden zeigen! Ein bis zur Unlirbenswürdigkert spröder Percy-Heißsporn in» demokratischen Rom; gedichtet von dem gewaltigen Pessimisten, der später den Menschenfeind Timon losrasen ließ. Ja, «in« Art Timon ist hier der Dichter selbst, indem er s«in häß liches Rom entwirft; dies« Demokratie schmeckt be trächtlich nach Ochsokratie, Desindelherrschaft. Höß- »ich genug, politisch genug war Engel» Rom, aber einseitig gesehen wie eben eine pappene Fassade. Bei Shakespeare äußert sich das elende Stück Massen volk mitunter recht rührend und hat rührend Recht. Während dem Leiden Coriolan, in seiner breit spurigen Heißblütigkeit, das Kollern des adeligen Truthahnes nicht geschenkt wird und er aus dem Schwertrasseln .erst herauskommt, wenn der Per- bannt«, al» vaterlandsloser Geselle ein Rocheheer de» Erbfeindes gegen das zucetzt doch hc'lige Rom führend, sich übel und tragisch verstrickt. — Nein, da» hieße nicht den ganzen Shakespeare geben, keineswegs. Erich Engel hat, mit »ngnmmig-in- brünstiger Zähigkeit um den sprödesten Stoff r ngend, überwiegend doch nur Negative» geleistet Er hat konventionelle und falsche Töne abgebaut, darunter auch di« neueste, expressionistische Shakespeare-Kon vention vermieden; er hat jede Rede -urückgeschraubt, bi« jede» Mort ihm in dramatilwer Prosa echt klang, und jede Szene grüblerisch zerlegt, bi» er von jedem Schritt mit Evidenz wußt«, woher und wohin. Damit hat er aber, zunächst, nur di« freud lose. graue Eviden- d«» trocknen Faktum» erreicht; er hat den konz»ntr»erenden Ueberscbwanq de» alten, tollen Shakespeare redreffiert auf den ungeschminkten Tagesbericht. Ans dem Weg« nach einer letzten Selbstverständlichkett des dramatisch Wahren blieb er in der langwierigen Materialstudie stecken. — Und Kortner, der im „D.ck'cht" Augei-'-licke d«r suggestivsten Stil« err«ichk hatte war hier oft, innerlich, bi» zur Tonlosiokeit leis«! Ihm fehlte empfindlich da» Dur de» Coriolan, also schattierte er überall mit Moll nach. Kein Ton der Beethoven- schen Loriolan-Ouv«rtüre erklang, di« cnrs hach- hrrzigen Stufen emporklimmt und hinabstürtt Ein von Geburt Verdüsterte» vernebelt« sich. jede ehrliche Hinsicht beai legen di« H aus das Ma Lawinen Riesengebivg durch eine letzungen un Glück hörten di« beiden V der Kauftna beide Beine leichte Derle der letzten T Die Schnee! Meter. 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