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Wie im weiten Kreis der Erde was nur lebet, Dir sich beugt! Alles in des Orkus Nächten schon vor Deinem Wink erbleicht! Dir ist ganz die Zukunft helle, gleich der Zeit, die längst verrann. Schon an Deines Tempels Schwelle staunt dies Volk und betet an. Du, o Tochter der Latone, leihe diesem Flehn Dein Ohr! Unser Weihrauch steig empor bis zu Deinem Götlerthrone! Iphigenia. Diana! welch ein Augenblick! Ach, stärke mich! Einige Priesterinnen. So nahe nun, erhabne Priesterin, erfülle deine grosse Pflicht! Iphigenia. Ihr Grausamen, verweilt, und schonet meines Herzens! (Sie wankt zum Altar hin und nimmt das Opfermesser.) Ach, all mein Blut erstarret in den Adern, ich bebe — dieser Arm — so bange — Die Priesterinnen. Vollende! Orest. So sankest Du in Aulis, Iphigenia, o meine Schwester! Iphigenia. Mein Bruder! mein Orest! Die Priesterinnen. Orestes? unser König? Orest. Wb bin ich? wär’ es möglich? Iphigenia. Er ist’s, er ist mein Bruder! Orest. O Schwester! Iphigenia! Ich sehe wirklich dich? Iphigenia. Ich bin's, die von des Vaters Zorn und von der Wuth der Griechen Dianens Hand gerettet hat. Die Priesterinnen. Ja, es ist Iphigenia. Iphigenia. Mein Bruder! Orest. O, meine Schwester! Ja, Du bist es, mein Herz bezeugt es laut. Iphigenia. Orestes! ach, mein theurerBruder! Orest. Du kannst mich lieben? Du fühltest keinen Abscheu? Arie. Iphigenia. Ach, lass uns ganz den bangen Gram verschwinden! O komm, und theile jetzt dies Wonnefest mit mir! Kaum hatt’ ich Dich gesehn, doch sehnt ich mich nach Dir; ich rief zum Himmel auf: wann werd’ ich einst ihn finden! Nun bist Du da, und mein; umarmet halt ich Dich! Doch ach! was seh’ ich? Eine Griechin. Erbebt! was muss ich euch verkünden! Ach, der Tyrann, er ist ganz nahe schon. Ich sah’ ihn furchtbar toben, sah’ ihn wüthen; er weiss, der eine Fremdling sey entflohn, nun wird des andern Tod der’ Grausame gebieten. Die Priesterinnen. Ihr Götter schützet uns! 5 5 S S