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84 eigenhändig hinauf, unter Beihilfe von zwei Frauen, den einzigen, welche sie in das Grabmal mit hineingenommen hatte. Alle, welche dabei waren, versichern, daß es noch nie einen kläglicheren Anblick gegeben habe. Mit Blut besudelt und mit dem Tode ringend, zerrte man ihn in die Höhe, während er immer die Hände nach ihr aus- strcckte und längere Zeit zwischen Himmel und Erde hieng. Denn sür Frauenkräfte war das Geschäft kein leichtes. Nur mit Anstren gung vermochte Kleopatra, deren Gesichtsmuskeln sich ganz verzerr ten, sich mit den Händen in das Seil einzuwühlen und dasselbe heranzuziehen, wobei ihr die Druntenstehenden aufmunternde Worte zuriefen und ihre Seelenangst theilten. Nachdem sie ihn auf diese Weise hereingebracht und niedergelegt hatte, riß sie, über ihn herein gebeugt, ihre Kleider auf, zerschlug und zerfleischte mit den Händen ihre Brust, wischte ihm mit ihrem eigenen Gesichte das Blut ab und nannte ihn wiederholt ihren Herrn, ihren Gatten, Imperator u. dgl.; nahezu hatte sie all' ihre eigenen Leiden vergessen im Jammer um die seinigen. Sobald Antonius ihr lautes Wehklagen gestillt hatte, bat er um einen Trunk Weins, entweder weil er Durst hatte, oder weil er dadurch rascher vom Leben erlöst zu werden hoffte. Nach dem Trinken rieth er ihr, auf Mittel zu ihrer Rettung Bedacht zu nehmen, wenn dieß ohne Verletzung ihrer Ehre möglich sei, wobei sie unter Casars näheren Freunden hauptsächlich auf Pro- culejus Vertrauen setzen sollte; „ihn solle sie nicht beklagen wegen der letzten Wechselfälle seines Geschicks; sie solle ihn lieber glücklich preisen über all das hohe Glück, das er genossen; er sei der hervor ragendste Mann der Welt gewesen, habe die größte Macht besessen, und jetzt sei er in ehrenvoller Weise, Römer dem Römer, unter legen !" 7 8. In dem Augenblicke seines Verscheidens traf ProculejuS ein, von Cäsar gesandt. Als nämlich Antonius nach dem Stiche, den er sich gab, sofort zu Kleopatra fortgetragen wurde, nahm ein Trabant, Derketäus, dessen kleines Schwert, versteckte cs und schlich sich damit in größter Schnelligkeit zu Cäsar, dem er die erste Mel dung von Antonius' Ende machte und dabei das blutige Mordinstru ment zeigte. Auf diese Mittheilung zog sich Cäsar tiefer in das Innere