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dem Vinius heftige Vorwürfe, als plötzlich ein gewaltiges Geschrei sich erhob: „Otho sei in dem Lager ermordet!" Gleich darauf er schien Julius Atticus, einer von den ausgezeichneteren Soldaten unter der Leibwache; er stürzte mit entblößtem Schwert heran und rief laut, daß er den Feind des Kaisers gctödtet habe. Dann drängte er sich durch die Voranstehenden und zeigte dem Galba sein blut beflecktes Schwert. Galba sah ihn an mit den Worten: „Wer hat dies befohlen?" — „Die Treue und der Eid, den ich geschworen!" war die Antwort des Burschen. Die ganze Menscheumasse schrie ihm Beifall zu und klatschte in die Hände, worauf der Kaiser in die Sänfte stieg und sich 'weiter tragen ließ, in der Absicht, dem Jupiter ein Dankopfer zu bringen und sich der Bürgerschaft zu zeigen. Aber kaum hatte er das Forum berührt, da drehte sich gleich sam der Wind und eS kam ihm ein Gerücht entgegen, wornach Otho Herr des Lagers sei. Wie es nun bei einer so großen Menschenmasse geht — die Einen schrieen ihm ein Zurück! die Andern ein Vor wärts! zu, die Einen riefen: „er solle nur muthig sein," die Andern: „er dürfe nicht trauen!" Kurz, die Sänfte schwankte dahin und dorthin, wie auf der stürmischen See, und war vielfach am Umwerfen. Da zeigten sich zuerst Reiter, dann Fußvolk, das durch die Basilika des Paulus heraustürmte und mit lautem, einstimmigem Geschrei die Entfernung Aller, die nicht Soldaten seien, verlangte. Jetzt entstand ein allgemeines Davonlaufen der Masten, die sich jedoch nicht, wie bei einer Flucht, zerstreuten, sondern nach den Hallen und den hochgelegenen Punkten des Forums eilten, als gäbe es hier ein Spektakel für sie anzusehen. Nachdem Atilius Vergelio die Standsäule des Galba zu Boden gestürzt, begann offene Fehde und die Wurfspieße flogen um die Sänfte her. Als sie ihn nicht trafen, gingen sie mit gezogenem Schwert auf ihn los. Und Nie mand half ihm, oder leistete Widerstand, einen Mann ausgenom men, den Einzigen unter Millionen, den die Sonne auschaute, — den Einzigen, der dem römischen Reiche Ehre machte. Es war ein Centurio, Sempronius Densns, der von Galba keine besondere Gnade empfangen hatte, aber jetzt sich, um Ehre und Recht zu retten, schir mend vor die Sänfte hinstellte. Zuerst hob er nur seine Nebengerte (womit die Centurionen verdiente Schläge anstheilen, wo inan's