Volltext Seite (XML)
nung von ihrem bisherigen Gatten beschwatz:. Als sie jedoch in der Eigenschaft seiner Gemahlin zu ihm kam, genügte ihm sein Antheil an ihrer Person nicht; dagegen war es ihm unleidlich, mit einem Andern theilen zu müssen. Auch Poppäa selbst fühlte sich, wie man erzählt, über diese Eifersucht gar nicht unglücklich. Sie soll sogar, wenn Otho sich nicht in der Nähe befand, vor Nero die Thüre ge schlossen haben, sei es, um bei ihm keine Übersättigung im Genuß aufkommen zu lasten, oder auch, wie Einige behaupten, weil sie eine förmliche Vermählung mit dem Kaiser nicht wünschte, während sie dagegen bei ihrem Hange zur Sinnlichkeit es nicht verschmähte, einen Liebhaber an ihm zu besitzen. Othü gerieth also durch diese Ver hältnisse in wirkliche Lebensgefahr und es lag außer aller Berech nung, daß Nero, der um der Heirath mit Poppäa willen seine Gat tin und Schwester umgebracht hatte, jetzt gegen Otho so schonend verfuhr. 20. Dieser besaß übrigens an Seneca einen wohlwollenden Freund. Seneca's Zureden und Aufmunterung verdankte er es auch, daß ihn Nero als Statthalter vou Lusitanien an den Ocean schickte. Dort ließ er sich gegen seine Untergebenen nie eine Unfreundlichkeit oder einen Druck zu Schulden kommen, wohl mistend, daß seine jetzige hohe Stellung ihm nur gegeben war, um seine Verbannung in anständiger Weise zu verdecken. Nach Galba's Abfall war Otho der erste von allen Generalen, der auf seine Seite trat, und unverzüglich alles Gold und Silber, das er an Pokalen und Tischen besaß, für ihn zum Münzeschlagen in Stücke hauen ließ. Auch machte er ihm von seiner Dienerschaft diejenigen zum Geschenk, welche darauf abgerichtet waren, einem hohen Herrn in seinen täglichen Bedürfnissen manierlich aufzuwarten. Und wie er ihm in Allem seine Treue bewies, so gab er ihm auch eine Probe von seiner Geschäftstüchtigkeit, worin er keinem Dritten nachzustehen schien. Unterwegs verbrachte er oft viele Tage lang den ganzen Weg in dem gleichen Reisewagen mit ihm. Doch wußte er auf gemeinschaftlichen Reisen und im täglichen Verkehr auch dem ViniuS durch schöne Worte und Präsente sich gefällig zu erweisen, überließ ihm freiwillig den ersten Rang und hatte hauptsächlich eben- dadurch, wenigstens in zweiter Linie, den größten Einfluß für sich