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19 freilich gar nicht populär oder gesetzlich, wenn auch wohlverdient. Denn allgemein erwartete man ein anderes Regierungssystem, in dem man sich, wie gewöhnlich, von den schönen Worten am Anfang täuschen ließ. Noch einen schmerzlicheren Eindruck machte es, als ein gewese ner Consul und treuer Freund des Nero, Petronius Tnrbilianus, den Befehl zur Selbstentleibung erhielt. Wenn Galba einen Macro in Afrika durch Trebonianus, oder einen Fontejus in Germanien durch Valens aus dem Wege räumen ließ, so hatte er wenigstens einen Vorwand in seiner Furcht, indem diese unter Waffen und an der Spitze von Armeen standen. Aber bei Tnrbilianus, einem allein stehenden, wehrlosen alten Mann, gab es kein Hinderniß, um ihn gerichtlich zu belangen, wenn man die Mäßigung, die man in allen Ansschreiben proklamirte, nun auch thatsächlich einzuhalten gedachte. Solche Dinge finden nothwendig den obenerwähnten Tadel. Beim weiteren Vorrücken — bis auf 25 Stadien von der Hauptstadt — stieß Galba auf die Unordnung und den Tumult der Matrosen, welche die Straße schon vorher besetzt hatten und ihn dort auf allen Seiten umschwärmten. Es waren die Leute, welche Nero zu Einer Legion organisirt und für „Soldaten" erklärt hatte. Jetzt waren sie da, um ihr Soldatenthum bestätigen zu lassen. Für alle anderen Menschen, die dem Kaiser entgegenzogen, blieb es un möglich, ihn zu Gesicht zu bekommen oder zu hören; so groß war der Tumult und das Geschrei, womit sie für ihre Legion die Fahnen und ein Standquartier forderten. Galba, der die Sache verschieben wollte, befahl ihnen, ein anderes Mal davon zu reden. Allein sie erklärten dieses Hinausschieben nur für eine besondere Form von einer- abschlägige Antwort, äußerten laut ihren Unwillen darüber und sparten auch ihr Geschrei nicht, während sie neben ihm herliefcn. Einige zogen sogar das Schwert, weßwegen Galba nun seinen Rei tern Befehl ertheilte, unter sie einzusprengen. Kein Mann leistete Widerstand. Ein Thcil wurde sogleich zu Boden geworfen, ein an derer Theil auf der Flucht niedergehauen. So waren es denn für Galba keine schönen und günstigen An spielen, wenn er unter einem Blutbad und über Leichenhaufen in Rom seinen Einzug hielt. Aber wenn ihn früher vielleicht Mancher