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50 lösen. Und auch später, als derselbe sich wirklich als der tapferste und gerechteste Mann erprobte, fanden sie gar keinen Gefallen an seiner Art, zu befehlen, die etwas Schlichtes, Dorisches, Offenes an sich trug. Sie bewunderten freilich seine Tugend, aber nur wie die Schönheit an der Bildsäule eines Heros; dagegen vermißten sie Lysanders Eifer und Parteilichkeit und suchten vergeblich nach dem Nutzen, den ihnen der selbe gewährte. Dich ging so weit, daß sie bei Lysanders Absahrt vor lauter Schmerz in Thräncn ausbrachcn. 6. Lysander vermehrte selbst noch die Verstimmung gegen Kalli- kratidas, indem er von dem Gelde, das ihm Kyros für die Flotte ge geben hatte, den noch vorhandenen Rest nach Sardes zurückschickte. „Kallikratidas, sagte er, solle selbst darum bitten, wenn er wolle, und selber sehen, wie er seine Soldaten füttere!" Zuletzt sprach er ihm bei seiner Absahrt noch die Versicherung aus, daß er ihm eine Flotte über gebe, welche vollständig das Meer beherrsche. Kallikratidas, welcher in dieser eiteln Aeußerung eine leere Prahlerei nachzuweisen wünschte, erwiederte ihm: „nun denn, so laß Samos links liegen, — fahre so nach Milet und übergieb mir dort die Galeeren; denn wir brauchen ja vor den Feinden auf Samos keine Angst zu haben, wenn wir — vollständig das Meer beherrschen!" Auf dieß entgegnete Lysander: „er sei nicht mehr Kommandant der Flotte, sondern Kallikratidas!" Und hiemit segelte er nach dem Peloponnes ab, indem er den Kallikratidas in großer Verlegenheit zurückließ. > Dieser hatte nämlich von Hause kein Geld mitgebracht und konnte sich ebenso wenig entschließen, von den Städten in ihrer höchst bedräng ten Lage irgend eine Summe zu erpressen. Es blieb ihm also nur übrig, wie Lysander, als Bettler vor die Thüre der königlichen Gene rale zu treten. Und gerade dazu war er von Natur am allcrnngeschlck- testen, als ein Mann von freien, edlen Gesinnungen, der jede Nieder lage, von Griechen erlitten, für Griechen anständiger fand, als schmeicheln zu müssen und Ausländern vor die Thüre zu lausen, welche zwar viel Geld, aber sonst nichts Gutes besäßen. Aber endlich zwang ihn dennoch die Noth, worin er sich besand. Er reiste nach Lydien, begab sich geradezu in die Wohnung des Kyros und befahl, demselben zu melden, daß der griechische Flottenkommandant