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41 einflößen. Denn wenn auf die schlechtesten und traurigsten Opfer die erfreulichsten folgen, fo sei gerade dieser seltsame Wechsel höchst ver dächtig. Freilich nach Pindar's Wort: — „Das Schicksal hemmt kein Feuer und kein Wall von Stahl." Marcellus zog aus, seinen Collegen Crispinus und im Ganzen 220 Reiter an der Seite. Darunter war kein einziger Römer; die meisten waren Etrusker, dazu 40 Fregellaner, welche dem Marcellus stets Proben ihrer Tapferkeit und Treue gegeben hatten. Da nun aber der Hügel dicht bewaldet war, so saß oben ein Mann, der Wache hielt und hierbei von den Feinden selber nicht be merkt werden konnte, während er das ganze römische Lager übersah. Dieser machte Meldung an die im Hinterhalt befindlichen Soldaten über das, was vorging. Man ließ also den Marcellus bis in die un mittelbare Nähe heranreiten; dann erhoben sie sich urplötzlich, um zingelten ihn schaarenweise, schossen von allen Seiten mit Sperren, schlu gen mit dem Schwerte drein, verfolgten die Fliehenden und rausten sich mit denen, die noch Widerstand wagten. Letzteres thaten jedoch nur die Fregellaner. Als die Etrusker gleich Anfangs feig ausein ander stoben, schlossen sich diese eng zusammen und vertheidigten die Kon suln, bis Crispinus, von zwei Speeren getroffen, sein Roß umwandte und dem Marcellus ein Unbekanntermit einem breiten Spieße, lurroea genannl, die Hüften durchbohrte. Somit ließen ihn die noch übrig gebliebenen Fre- gellaner erst jetzt, nachdem er gefallen war, dahinten, rissen seinen gleich falls verwundeten Sohn hinweg und flohen mit ihm nach dem Lager. Die Zahl der Todten betrug bei den Römern nicht viel Uber 40 Mann; gefangen wurden fünf Liktoren und 38 Reiter. Doch starb auch Crispinus in Folge seiner Wunden wenige Tage nachher. Ein solcher Unfall war den Römern srüherhin noch niemals begegnet, daß in einem einzigen Gefechte beide Consuln um's Leben kamen. 30. Um alle Andern kümmerte sich Hannibal nicht das Mindeste; als er aber hörte, daß Marcellus gefallen sei, eilte er zu der Stätte. Cr stellte sich neben die Leiche und betrachtete lange Zeit diese kräftige, schöne Gestalt, ohne ein Wort des Hochmuths laut werden zu lassen, oder in seinen Mienen den geringsten Zug von Freude über die ge lungene Vernichtung eines gefährlichen, lästigen Feindes zu verrathen. Voll Erstaunen über dieses seltsame Ende nahm er ihm nur den Ring vom Finger, ließ den Leichnam vollständig schmücken und bekleiden, —