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15 habe Fabius den Schild, Marcellus das Schwert Roms genannt. Hannibal selbst äußerte mehrmals: er fürchte den Fabius als seinen Hofmeister, den Marcellus als seinen ebenbürtigen Feind; von dem Elfteren werde er nur verhindert, etwas Schlimmes zu thun, von dem Andern müsse er's auch erleiden. 10. Da nun in Folge der vielfachen Siege Hannibals sich bei dessen Soldaten ein hoher Grad von Ungebundenheit und Keckheit eingeschlichen hatte, so bestand das Erste, was Marcellus that, darin, daß er alle, die sich unordentlich vom Lager entfernten und auf dem Laude herumschwärmten, angrisi und niedermachte, wodurch er bereits die feindliche Macht um etwas schwächte. Sodann eilte er Neapel und Nola zu Hilfe. Die Neapolitaner bestärkte er in ihren Gesinnungen, obgleich sie schon mit Entschieden heit zu den Römern standen. Als er dagegen nach Nola kam, traf er dort eine Spaltung an, indem der Senat nicht die Kraft besaß, das hannibalisirende Volk zu behandeln und in Ordnung zu bringe». ES befand sich nämlich daselbst ein Mann, der ebensosehr durch vornehme Geburt den ersten Rang in der Stadt cinnahm, als durch Tapferkeit sich hervorthat, Namens Bandius. Dieser hatte bei Cannä glänzend gefochteu und viele Karthager erlegt, bis er endlich selbst unter den Todten gefunden wurde, voll von Wurfgeschossen am ganzen Leibe. Hannibal bewunderte ihn so sehr, daß er ihn nicht nur ohne Lösegeld sreiließ, sondern ihm noch Geschenke dazu machte, ja sogar Freundschaft und Gastrecht mit ihm abschloß. Um für so viele Gunst seine Dankbarkeit zu zeigen, war Baudius jetzt einer der entschiedensten Hannibalianer geworden und verleitete bei seinem starken Einfluß auch das Volk zum Absall. Marcellus würde es nun für ein schweres Verbrechen gehalten haben, einen Mann von so glänzender Stellung, der sich früher au den bedeutendsten Kämpfen für die Sache Roms betheiligt hatte, mit Gewalt aus dem Wege zu räumen. Da er aber neben seiner natürlichen Freundlichkeit auch die Gabe besaß, einen ehrliebendeu Charakter durch seine Worte zu gewinnen, so richtete er einmal an Bandius auf dessen Begrüßung die Frage: „wer er sei ?" — nicht als ob er dieß nicht längst und gauz wohl gewußt hätte, sondern nur um einen scheinbaren Anlaß zu einem Gespräche zu finden, das er anznknüpscn beabsichtigte.