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60 so groß die Schnelligkeit, womit sie heranrückten, daß die ersten Todten nur zwei Stadien weit vom römischen Lager niederstürzten. 19. Jetzt begann der Angriff und zugleich erschien Aemilius. Er fand, daß die Makedonier von den Kerntruppen bereits die Spitze ihrer Lanzen in die Schilde der Römer hineingestoßen hatten und dadurch das kurze römische Schwert nicht in ihre unmittelbare Nähe gelangen ließen. Gleich darauf nahmen auch die andern Makedonier ihre Schilde von der Schulter und setzten sich mit ihren, aus ein ein ziges Kommandowort schräg gesenkten Sarissen in Vertheidigungsstand gegen die Legionssoldaten. Aemilius sah die Gewalt, die in diesem Zusammenschließcn der Schilde lag, und die Gefahr der ihm entgegenstarrenden Lanzenspitzen; Bestürzung und Angst überfiel ihn. Noch niemals hatte er ein schauerlicheres Schauspiel gesehen und noch in späteren Zeiten gedachte er oftmals an jene Empfindungen, an jenen Anblick. Aber jetzt zeigte er vor den Augen der Kämpfenden nur ein ruhiges, heiteres Gesicht und ritt ohne Helm und Panzer an den Reihen vorüber. Der makedonische König dagegen, wie Polybius erzählt, verfiel gleich, als die Schlacht ihren Anfang nahm, in völlige Entmuthigung, so daß er nach der Stadt (Pydna) fortsprengte, unter dem Vorwände, dem Herkules ein Opfer zu bringen, — dem Herkules, der doch kein feiges Opfer von feigen Menschen annimmt nnd eben so wenig unhei lige Gebete zur Erfüllung bringt! Das wäre ja allerdings gegen jedes heiligste Gesetz der Natur, wenn Einer, ohne zu schießen, das Ziel treffen, — ohne Stand zu halten, der Sieger bleiben, — über haupt, ohne etwas zu leisten, seinen Zweck glücklich erringen und als ein elender Feigling vom Schicksal begünstigt sein wollte! Dagegen Aemilius' Gebeten war der Himmel gnädig; denn dieser betete, mit dem Speer in der Hand, um Kraft im Kampfe und um Sieg; selbst fechtend rief er den Gott um seine Hilfe an. Indessen erzählt allerdings ein gewisser Posidonius, (welcher eben in jenen Zeiten und während jener Ereignisse gelebt zu haben behauptet, auch eine Geschichte des Perseus in mehreren Büchern ge schrieben hat), daß derselbe nicht aus Feigheit oder nur vorgeblicher Weise wegen des Opfers sich entfernt habe. Er sei vielmehr am Tage vor der Schlacht von einem Pferde an den Schenkel geschlagen wor-