1. Ä^enn ich um Anderer willen diese Lebensbeschreibungen begonnen habe, so setze ich dieselben jetzt um meiner selbst willen mit Lust und Liebe sort. Die Geschichte erscheint mir als ein Spiegel, der mir dazu dient, mein eigenes Leben schöner zu gestalten und den Tu genden solcher Männer ähnlich zu machen. Eine derartige Arbeit ist nichts anderes, als ein vertrautes Zusammenleben. Durch die Hand der Geschichte führt man Jeden von ihnen wie einen Gastfreund in das Haus, um alsdann seine Größe, seine Trefflichkeit zu betrachten, indem wir die ausgezeichnetsten und merkwürdigsten von seinen Thaten auswählen. „Nein, nein, es gibt nichts Schönr'eS doch in aller Welt, DaS den Charakter auszubilden mächt'ger ist" *). Demokritus **) sagt irgendwo: „man sollebeten, damit uns erfreu liche Bilder entgegentreten, und mehr die verwandten und guten, als die schlimmen und schädlichen aus dem Lustraume zu uns hergelangen". Er bringt hiemit eine Lehre in die Philosophie, die völlig unwahr ist und zu gränzenlosem Aberglauben führen muß. Ganz anders verhält sich's mit dem Studium der Geschichte und der Fortsetzung meiner schriststelleri- schen Arbeit. Hier nehmen wir beständig das Gedächtniß der trefflich- sten, berühmtesten Männer in die Seele auf, um alles Lasterhafte, Bösartige, Unedle, das etwa durch den unvermeidlichen Umgang mit andern Menschen ihr anklebt, völlig zu verbannen, indem wir alle un sere Gedanken in leidenschastloser Ruhe nur auf die erhabensten Vor- ") Fragment au» einer verlorenen Tragödie de» Sopholle». ") Demokrit aus Adder», Philosoph, ged. um 500 v. Chr., erklärte die An schauungen au» B:ldern, die sich von den Gegenständen trennen und sodann unser« Sinnenorgane berühren.