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28 kunft, unter den Bundestruppen den ersten Rang einnahm. Als Fabius bemerkte, daß derselbe mit einigen Leuten im Lager von De- sertion gesprochen hatte, reizte er ihn nicht noch mehr, sondern gestand ihm zu, daß er unverdientermaßen zurückgesetzt worden sei. „Für diesmal (sagte Fabius) gebe er den Officieren die Schuld, weil diese die Auszeichnungen mehr nach Gunst, als nach den Leistungen der Tapferkeit vertheilten; künftighin aber müsse er dem Soldaten selbst die Schuld beimessen, wenn dieser nicht zu ihm komme und es ihm sage, wenn er irgend Etwas wünsche." Und nach diesen Worten schenkte er ihm ein Schlachtpferd und decorirte ihn mit den sonstigen Auszeichnungen, so daß der Mann von dort an sein getreuster und willigster Soldat wurde. „Stallmeister und Jäger — meinte er — suchen den Thierm ihre Widerspenstigkeit, ihr leidenschaftliches, störri sches Wesen mehr durch Pflege, Gewöhnung, Fütterung, als durch Peitsche und Knebel zu benehmen; da wür's doch arg, wenn ein Ge bieter über Menschen nicht am meisten aus die Freundlichkeit und Milde in der erziehenden Behandlung hielte und mit ihnen härter, gemalt- thätiger umginge, als ein Bauer mit wilden Feigen-, Birn- und Oelbäumen, die er durch Wartung und Pflege zu zahmen, fruchtbaren Bäumen veredle." — Ein anderes Mal berichteten ihm seine Officiere von einem Lukanier, der oftmals weit weg vom Lager herumstreiche und seinen Posten verlasse. Fabius fragte: „Was dies, so viel sie wüßten, sonst für ein Mann sei?" Alle gaben ihm das Zeugniß, daß es nicht leicht in der Armee noch einen Soldaten seinesgleichen gebe. Dabei erzählten sie von ihm einige Thaten und Fälle, wo er sich glän zend hervorgethan hatte. Fabius forschte also nach der eigentlichen Ursache jener Unordnung und fand, daß der Mann eine Liebschaft habe und jedesmal mit Gefahr einen weiten Weg vom Lager aus zu seinem Mädchen wandelte. Dann schickte er einige Leute ab, ohne daß der Soldat davon wußte, ließ das Weibsbild ausheben und ver steckte sie in seinem Zelte. Jetzt wurde der Lukanier allein zu ihm berufen. „Es ist nicht unbemerkt geblieben," sagte er, „daß du ganz gegen römisches Herkommen und Gesetz oftmals in der Nacht nicht im Lager bist; es ist aber auch nicht unbemerkt geblieben, daß du früher ein braver Soldat warst. Nun — deine Vergehungen