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38 Athenern nichts zu Leide thun sollte. Nein, er hegte offenbar in seinem Herzen ein ganz ungewöhnliches Zutrauen zu Nikanor. So vielfach auch schon vorher der Verdacht und die Klage verlautete, daß Nikanor einen Angriff auf den Piräeus beabsichtige, daß er Miethstruppen nach Salamis hinüberbringe, daß er einige Einwohner im Piräeus zu bestechen suche, — Phokion in seinem Unglauben ließ alle diese Vorstellungen gar nicht an sich hin. Ja, als Philomelus, Lamptreus' Sohn, einen Antrag stellte aus allgemeine Kriegsbereitschaft in Athen unter Phokions Kommando, blieb er immer noch gleichgültig, bis Nikanor mit seinen Truppen von Munychia heranrückte und den Pi- räeuS mit Wall und Graben einschloß. 33. Wegen dieser Vorgänge erhob sich ein gewaltiger Sturm gegen Phokion, den die allgemeine Verachtung traf, als er jetzt gegen den Feind ausrücken wollte. Dazu kam nun auch Polysperchons Sohn, Alexander, mit Truppen an, vorgeblich um der städtischen Bevölkerung gegen Nikanor beizustehen, in Wirklichkeit aber, um die Stadt, in wel cher der vollkommenste Wirrwarr herrschte, wo möglich selbst in seine Gewalt zu bekommen. Die bisherigen Verbannten, die sich mit ihm beim Einmärsche vereinigt hatten, waren alsbald in der Hauptstadt; zu diesen liefen auch noch die Fremden sammt den Proletariern herzu. So kam es zu einer kunterbunten, völlig formlosen Volksversammlung, in welcher sie den Phokion absetzten und andere Leute zu Feldherrn wählten. Ja, hätte man nicht Alexander und Nikanor ganz allein an der Mauer mit einander sprechen sehen, — eine Handlung, durch deren häufige Wiederholung sie bei den Athenern Verdacht erreg ten , — so hätte die Stadt unmöglich der drohenden Gefahr entgehen können. Der Redner Hagnonidcs fiel jetzt alsbald über Phokion her und beschuldigte ihn der Verrätherei. Darüber geriethen Kallimedon und Charikles so sehr in Angst, daß sie sogleich die Stadt verließen. Pho kion dagegen, sowie mit ihm der zurückgebliebene Rest seiner Freunde, begab sich zu Polysperchon. Dem Phokion zu Gefallen gieng auch Solon aus Platää und Dinarchus aus Korinth *) mit, die für nahe, ") Dinarchur war der letzt« der sogenannten zehn attischen Stedner.