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Wochenblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände. Redigirt unter Verantwortlichkeit des Verlegers Friedrich May. 88. Mittwoch, den SV. December. 1848. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich 2 Mal und zwar Mittwochs und Sonnabends, in halben und resp. ganzen Bogen. — Bestellungen nehmen alte Postämter Sachsens an. — Pränumerations-Preis vierteljährlich 1V Ngr. — Annoncen werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit 6 Ps. berechnet und für jede nächste Rüm mer bis Lags vorher Vormittags S Uhr angenommen. — Eine Annonce unter 4 Zeilen kostet 2 Ngr. 5 Pf. Zeitgeschichtliches. Sachsen. Dresden. Wie weit bei uns die Parteilei- denschaft geht, mag Folgendes beweisen. Am 16. fand man an einer Gassenecke einPlacat des deut schen Vereins mit einem andern überklebt, worauf die Worte standen: „Der deutsche Verein ist ein Spitzbubenverein. DieKöpfe abgeschlagen." Dem Kaufmann Methe wurde brieflich mitgetheilt, daß man sein Hab und Gut zerstören und ihn sammt den Ministern aufhängen würde. Was auf solche Pasquille zu geben ist, weiß wohl Jeder. In Gotha, wie überhaupt in ganz Thüringen hat man die Truppenbelastungen herzlich satt. Sie fallen dem Lande unsäglich schwer und sind zwecklos. In dieser Beziehung ist der Herzog von Coburg mit dem Reichscomnnssair v. Mühlenfels in Unterhandlung getreten. Auf den Titel „von Gottes Gnaden" hat der Herzog verzichtet, nicht aber eine Erniedrigung der Civilliste bewilligt, vielmehr will er dieselbe erhöht und sich überdies noch das EigenthumSrecht an dem Dominialgut reservirt wissen. Es scheint, nach Allem zu urtheilen, wirklich Aussicht vorhanden, daß sämmtliche kleine sächsische Fürsten- und Herzogthümer dem Königreich Sach sen sich anschließen werden. Neukirch am Hochwalde, den 18. Dec. Die in unserer Wahlabtheilung (Neukirch exol. des Stolpener Antheils und inol. eines Antheils von Ringenhain) am 15. Dec. beendete Wahl ergab folgendes Resultat: Bon 811 abgeholten Wahlzetteln wurden 731 beim Wahlausschuß eingereicht, und zwar 309 für die erste und 422 für die zweite Kammer. Für die 1. Kammer erhielten die meisten Stimmen: Dritter Jahrgang. 216 Herr Buchdruckereibesitzer Hohlfeld in Löbau und 206 Herr Adv. Höckner in Bautzen; weniger Stimmen: 80 Herr Adv. Schenk, 62HerrCzschisch in Nauslih, 17 Herr Rätze in Demitz, 12 Herr Lorenz ebendaselbst, 4 Herr Oberlehrer Pohle in Bautzen rc. Für die 2. Kammer: 266 Herr Ober lehrer Pohle in Bautzen, 76 Herr Heine (?) in Klein-Förstchen (?), 74 Herr Gemeindevorstand Thonig in Neukirch, 2 Herr Adv. Höckner. Die Herren Schenk, Hohlfeld, Gruhl in Welka und Wobst je 1. Preußen. Auf den bedeutendsten Handelsplätzen ist auf einmal sehr wenig Getreide, besonders Weizen, zu Markte gebracht worden. Man erklärt dies daraus, daß die Landleute jetzt Vertrauen auf die Zukunft gewonnen hätten und darum mit ihren Früchten an sich hielten, während sie im vorigen Sommer dieselben um jeden Preis loSzuschlagen suchten. Es heißt, das Getreide werde im Preise steigen. Frankfurt. Das absolute Veto für die Reichsgewalt wurde in der 135. Sitzung vom 14. December verwor fen, dagegen folgender Antrag angenommen: „Ein Beschluß des Reichstages, der die Zustimmung des Reichsoberhauptes nicht erlangt hat, darf in derselben Session nicht wiederholt werden. Ist ein Beschluß des Reichstags in drei auf einander fol genden Sitzungen in Erwägung gezogen und un verändert angenommen worden, so erhält er, auch wenn die Sanktion des Reichsoberhauptes nicht erfolgt ist, Gesetzeskraft, sobald der Reichstag sich schließt." 16. Dec. Soeben (IS Uhr) wird ein Schreiben des Reichsverwesers an den Präsidenten der Natio nalversammlung durch den Vicepräsidenten Besekrr verlesen, wonach Minister v. Schmerling und