72 Der König selbst war durch Weiber und Wein geistig so sehr heruntergekommen, daß er, wenn er noch am ehesten nüchtern und verhältnißmäßig bei Verstände war, nur eben Feste feierte und dabei, mit der Pauke in der Hand, in der Residenz Umzüge hielt. Die wichtigsten Angelegenheiten der Regierung besorgte die Ge liebte des Königs, Agathoklea, nebst deren Mutter und einem Bordellbesiher Oenanthes. Dennoch schien es anfänglich, als ob man immerhin den Kleomenes nicht ganz entbehrlich finde. Denn Ptolcmäus *) fürch tete seinen Bruder Magas, weil dieser durch den Einfluß seiner Mutter bei der Armee in hoher Geltung stand. Er zog daher auch den Kleomenes herbei und ließ ihn au seinen geheimen Be rathungen Thcil nehmen, indem er die Ermordung seines Bruders beabsichtigte. Während nun alle Andern zur Ausführung dieses Planes aufforderten, blieb Kleomenes der Einzige, der mit Nein ! stimmte. Er erklärte: „wenn cs möglich wäre, müßte man dein Könige lieber noch m eh r Brüder schaffen >— zur Sicherheit und zum Bestand seiner Regierung." Als nun Sosibius, welcher unter den näheren Vertrauten der einflußreichste war, sich dahin äußerte: „daß sie sich eben auf die Soldtruppen nicht gehörig verlassen könnten, solange Magas lebe!" so bat ihn Kleomenes, wegen dieses Punktes ganz unbe sorgt zu sein. „Mehr als dreitausend MaNn von den fremden Truppen seien Peloponnesicr, und diese richteten sich nach ihm; er brauche nur zu Winken, und alle würden bereitwillig, die Waffen in der Hand, sich einstellen!" Diese Aeußerung vermehrte für den Augenblick das Vertrauen auf die guten Gesinnungen des Kleomenes nicht wenig, und ebenso den Glauben an seine bedeutende Macht. Späterhin aber, als durch die Schwachheit des Ptolemäus auch dessen Furchtsamkeit sich steigerte, und als — nach der häufigen Erfahrung bei ge dankenlosen Menschen — Angst vor Allem und Mißtrauen gegen Jedermann für das Sicherste zu gelten ansing: da machte jenes gleiche Wort den Kleomenes bei den Höflingen zu einem Gcgen- ') PtolomäuS Philopator.