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36 Demungeachtet versuchte er, so weit es die Umstände gestat teten, der Stadt wieder aufzuhelfen. Das Feuer wurde durch heftige Regengüsse gelöscht, die durch eine gnädige Fügung deS Himmels bei der Einnakme derselben ausbrachen. Die meisten zer störten Häuser aber ließ er, noch während seiner Anwesenheit, selbst wieder aufbauen; ebenso nahm er die geflüchteten Amisener wieder auf und wies auch sonst Jedermann aus Griechenland, der Lust hatte, hier seine Wohnung an, indem er der Stadt noch ein wei teres Gebiet von 120 Stadien*) zutheilte. Dieseibe war ursprünglich eine Kolonie von Athen und eben in den glückt chen Zeiten gebaut, da die athenische Macht ihre» Höhepunkt inne batte und das Meer beherrschte. Dieß war auch der Grund, weßhalb so Viele, die Aristons Gewaltherrschaft zu entrinnen suchten, berangesegelt waren, um sich hier niederzulaffen und das Bürgerrecht zu gewinnen; freilich begegnete es ihnen, daß sie nun das Unglück in der Fremde schmecken mußten, während sie ihm in der Heimath zu entgehen suchten. Wer jedoch von ihnen mit dem Leben davonkam, erhielt von Lucullus anständige Klei dung und noch überdieß zweihundert Drachmen**) auf die Person, worauf er sie dann absendete. Damals wurde auch der Grammatiker Tyrannio zum Gefan genen gemacht. Murena bat sich denselben aus, und da er ihn er hielt, machte er ihn zum Freigelassenen, — in der That, eine unedle Art, von dem empfangenen Geschenke Gebrauch zu machen! Denn LuculluS wünschte gewiß nicht, daß ein Mann, der wegen seiner hohen Bildung der Gegenstand allgemeiner Achtung war, zuerst Sklave werden sollte, um sodann Freigelassener zu sein. Es war ein Raub an der Freiheit, die er wirklich besaß, wenn man ihm die vermeintliche Freiheit erst schenken wollte. Allein bei Murena war dieß nicht der einzige Fall, worin er sich als einen Mann erblicken ließ, der seinem Obergenerale weit an Edelmuth nachstand. *) Etwa drei deutsche Meilen. **) Zweihundert Drachmen oder zwei Minen betragen ungefähr 4 3 Thaler.