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deutsche Rationalversammlung zu Frankfurt a. M., eventuell an die hohe deutsche Centralgewalt. Das Vahnland.ist in Gefahr; ftemde Kriegerschaaren Haben unsckn deutsche« Boden betreten, haben sich vor den Mauern eiuer deutschen Stadt gelagert, und bedrohen dieselbe durch offene Angriffe; sie haben ohne allen RechtSgrund deutsche Volkswehr entwaffnet; sie haben das deutsche Banner von der Kaiserburg gerissen und mit Füßen getreten. Alles dieftS ist ein« offene empörende Verletzung der Ehre Deutschlands, eS ist ein entschiedener An griff deS GesammtvaterlandeS, und wir richten da her in diesem furchtbaren Augenblicke die dringende Anforderung an die Hobe deutsche Centralgewalt: sie wolle offen und entschieden diese Angriffe als «ine thatsachliche Kriegserklärung gegen Deutsch land anerkennen, und die deutsche Bundesmacht aufbieten, um dieselbe zu bekämpfen. Wien, den 18. Oct. 1848. Vom Ausschüsse der Studenten in Wien: C. Hoffer, Vorsitzender; Carl Schulhof, Schriftführer." Die Rechte und das Centrum hatten Nichts eiliger zu thun, als in ein gellendes Gelächter auszubrechen über eine Corporation junger Männer, welche sich so herrlich gezeigt, die trotz aller Gluth die Besonnenheit nicht aus dem Auge gelassen, aber auch freudig ihr Herzblut für die Sache des deutschen Vaterlands opfern wollen; über diese Männer konnte man lachen. Diese Männer konnten im Augenblicke der Gefahr ein anderes Banner als das schwarz-roth-goldene auf pflanzen, und was hinderte sie daran? Nichts als die Liebe zum Vaterlande. Die Nationalversammlung hat § 2 des Ver- faffungsentwurfs: „Kein Theil des deutschen Rei ches darf mit nicht deutschen Ländern zu einem Reiche vereinigt sein," angenommen. Man erzählt sich allgemein von einer Spaltung im Reichsministerium, veranlaßt durch Meinungs verschiedenheit in der österreichischen Frage, und welche folgenschwer werden könnte. Den Mini stern Schmerling und Bassermann auf der einen Seite stände auf der andern der Justizminister Robert Mohl nebst mehreren gegenüber, welche ge stützt auf die Berichte der nach Wien gesandten Reichs - Commissarien das deutsche Interesse in Oesterreich nicht ohne die allerentschiedenste Unter stützung von Seiten des Reichs lassen zu dürfen glauben. Oesterreich. Nach Berichten von Reisen den wird Wien seit dem24. d. vonWindischgrätz, Auersberg undJcllachichununterbrochenbeschoffen. Die Wiener erwidern zwar VaS Kanonenfeuer, richten aber keinen bedeutenden Schaden an, da sie nicht auf die gehörige Bedienung der Geschütze eingerichtet seien. Die Bevölkerung Wiens ist fest entschlossen, sich eher unter den Mauern der Stadt begraben zu lassen, als sich der Gnade eines Win dischgrätz oder Jellachich zu ergeben. Die Ungarn stehen, 50,000 Mann stark, der Schwechat, Koffuth folgt mit dem Landstürme nach. Am 25. haben die Wiener Jäger unter Anführung deS General Bem einen zweiten aber unglücklichen Ausfall un ternommen. Windischgrätz erhält noch täglich neue Verstärkungen, und seine Armee soll bereits bis auf 70,000 Mann angewachsen, jedoch nicht ganz zuverlässig sein, da schon viele Soldaten zu den Wienern ubergegangen sind. Der Kaiser hat den Reichstag vertagt und auf den 15. Nov. nach Kremstr, einem geräumigen Schlosse deS Fürstbi schofs von Olmüh, berufen. Die Proklamation deS Fürsten Windischgrätz mit ihren harten Bedingungen ruft in den nahe gelegenen Ortschaften Mährens einen Un willen hervor, der einen Aufstand der ganzen Pro vinz befürchten läßt. In Teschen ist bei dem Be kanntwerden der Proklamation sofort der Landsturm ausgeboten worden; in der Stadt Ostrau hat ge stern die Nationalgarde neue Führer gewählt, weil die alten sich weigerten, sie den Wienern zu Hülfe zu führen. Aehnliches soll man auch an andern Orten vorhaben. — Die Niederlage der Studenten durch Jellachich hören wir von wohlunterrichteten Reisenden bis in's Einzelnste bestätigen. Windischgrätz hat sein Hauptquartier inStam- mersvorf. Im Lager bei Jedlersee zeigen sich bedeutende Bewegungen. Die Dorfschaft en um Wien leiden an der drückendsten Ein quartierung, die man sich nur denken kann; 15 bis 30 Mann ist die Zahl, welche fast jedes HauS be herbergen muß. Die Armee des Jellachich bei Schwechat und Zwölfaring hat ihr Antlitz gegen Ungarn gewendet. In dem Lager des Auersberg hat sich Nichts verändert. Seine Verschanzungen am Wiener Berge sind mit vieler Mannschaft be setzt. So haben sich um Wien dreiLager gebildet. Jellachich hat eine Depesche an die Prager Czechen gesandt, worin er ihnen seine Rechte als Bruder versichert, und daß er mehr Slave als Mensch, aber auch wieder mehr k. k. österreichischer General als Slave sei, und rechnet beständig auf die Hülfe seiner Brüder. Der Slave jubelt und sieht nicht, daß er von dem kroatischen Reactionair an der Nase herumgeführt wird, und Jener sich außerordentlich freundlich stellt, um nicht in Böh men Kämpfer für die Freiheit erstehen zu sehen. Die Deutschen sind klüger; sie sehen, wohin man zielt, und daß jene, Anfangs belachte Floskel: sla- visches Oesterreich! immer mehr zur Wirklichkeit zu werden droht, und daß eine gewisse Hofpartei jeven Augenblick geneigt ist, sich den vereinigten Slaven in die Armee zu werfen, bei welchen noch so viel Sinn und Sympathie für den Absolutismus herrscht. Gerüstet und entschlossen stehen sie da und sind mehr bereit, aufzugehen in ihrem Stamm lande Deutschland auf Kosten der Monarchie, als sich in die slavische Zwangsjacke schnüren zu lassen. Gerüstet und wohl diSciplinirt stehen dieNational- garden der deutschen Gegenden, während die der böhmischen schwach sind, die Prags unter Null hcrabsinken.