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Wochenblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände. Redigirt unter Verantwortlichkeit des Verlegers Friedrich May. 74. Mittwoch, den LS. October. 1848. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich 2 Mal und zwar Mittwochs und Sonnabends, in halben und rcsp. ganzen Bogen. — Bestellungen nehmen alle Postämter Sachsens an. — Pränumerations-Preis vierteljährlich 10 Ngr. — Annoncen werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit 6 Pf. berechnet und für jede nächste Num mer bis Tags vorher Vormittags S Uhr angenommen. — Eine Annonce unter 4 Zeilen kostet 2 Rgr. 5 Pf. Zeitgeschichtliches. Sachsen. Dresden, 17. Oct. In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer ist die Ab berufung der sächsischen Gesandten sowohl an aus wärtigen als deutschen Höfen, die jährlich die Summe von 93,000 Thalern kosten, „thunlichst bald", wie sich die Versammlung ausdrückte, gegen 13 Stimmen beschloßen worden. -- 21. Oct. Die erste Kammer hat bereits (wahr scheinlich die letzte Arbeit des gegenwärtigen außer ordentlichen Landtags) das Wahlgesetz in Bera- rhung gezogen. Wie vvrauszusehen, hat die Mehr zahl der Mitglieder dieser Kammer sich in das Un vermeidliche gefügt, und schon sind mehrere Para graphen der betreffenden Vorlage angenommen. Giebt es auch Einzelne unter ihnen, welche nicht gern nur einen Finger breit von ihren ererbten Vorrechten weichen möchten und in jedem Schritt vorwärts einen Schritt rückwärts für sich er kennen müssen, so war ihr Eifern dagegen gleich sam nur das letzte Aufflackern einer verlöschenden Flamme, und wohlMancher von ihnen wird sagen können: „Lebt wohl, ihr stillen Hallen, lebt wohl, ich seh' euch nimmer wieder!" Ein besonders be deutsamer Schritt ist dadurch gethan worden, daß die Kammer den Paragraphen rücksichtlich des Zu sammentritts beider Kammern zur ge meinschaftlichen Berathung und Ab stimmung auf Anrathen der Majorität der De putation mit 23 gegen 13 Stimmen angenommen hat. Es ist dies unstreitig ein Hauptpunkt, und da hierin eine glückliche Vereinigung zu Stande gekommen, so dürfen wir auch für das Ganze ein wünschenswerthcs Resultat sicher erwarten. — 22. Oct. Nach dem von Sr. Majestät dem Könige erlassenen Dccrete wird der gegenwärtige Landtag noch bis zum 7. November dauern. — Dritter Jahrgang. In einem heute hier an allen Straßenecken ange schlagenen Plakate fordert der Vaterlandsverein alle junge Leute auf, den Wienern zu Hülfe zu ei len, und bittet zugleich um freiwillige Geldbeiträge, um dieFreischaaren kostenfrei nach Wien befördern zu können. — Von Leipzig steht ebenfalls ein Freischaarenzug nach Wien zu erwarten. — Bei fortgesetzter Berathung der I.K. wurden am 23. folgende Punkte angenommen: Eintheilung des Landes in 60 Wahlbezirke, gleiche Mitglieder zahl beider Kammern. Die Wählbarkeit knüpft sich an einen vorhergegangenen fünfjährigen Auf enthalt im Lande. Das Militair ist stimmberech tigt und hat an seinem jemaligcn Aufenthaltsorte zu stimmen. Abgeworfen wurde die Trennung der Wahlbezirke in städtische und ländliche. Zum Beschluß wurde erhoben: die Stimmberechtigung geht vom 25. Jahr an. Coburg, 16. Oct. Hier werden neue baiersche Truppen erwartet, und der fürstliche Marstall für die Cavallerie hergerichtet. Die Spaltung unter den Bürgern wird immer größer. Meiningen, 16. Oct. Das letzte Bollwerk der Reaction wankt immer mehr. Die nach Hild burghausen berufenen Reichstruppcn zur Herstel lung der Ruhe und Entwaffnung der Wehrmann schaften in den zunächstgelegcnen Dorfschaften haben am 14. d. M. tumultuirend die Zurückführung in ihre Garnisonsorte (nach Baiern) verlangt, und ihren Offizieren den Gehorsam aufgekündigt, auch die Freilassung eines arrctirten Kameraden erzwun gen. Der Grund dieser nicht unbedeutenden Meu terei soll in verzögerter Löhnungszablung liegen. Ein großer Theil deS MilitairS erklärte sich zum Dienste des Königs und Vaterlandes stets bereit, wolle aber außerhalb Baierns keinen Dienst thun, bei welchem keine Waffenehre zu ernten sei. —Dm