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Wochenblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände. Redigirt unter Bcrantwortlichkeit des Verlegers Friedrich May. 71. Sonnabend, den 14. October. 1848. DiAe Zeitschrift erscheint wöchentlich 2 Mal und zwar Mittwochs und Sonnabends, in halben und resp. ganzen Bogen. — Bestellungen nehmen alle Postämter Sachsens an. — Pränumerations-Preis vierteljährlich 10 Ngr. — Annoncen werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit 6 Pf. berechnet und für jede nächste Num mer bis Tags vorher Vormittags 9 Uhr angenommen. — Eine Annonce unter 4 Zeilen kostet 2 Ngr. 5 Pf. Zeitgeschichtliches. Sachsen. Dresden. Am 6. Oktober begann in t er ersten Kammer die Berathung über das vorgelegte Gesetz: Vereins- und Versamm lungsrecht betreffend. Hierbei zeigte sich deutlich wieder, was viele der hochadeligcn Herren eigent lich sind und was sie wollen: die neuen Volks rechte und Freiheiten wollen sie wieder unterdrücken, was namentlich v. Welk, v. Thielau, v. Friesen, v. Zehmen, v. Hohenthal-Püchau und am Besten der v. Schönberg - Bibran bewiesen. Wir wollen ihre gehässigen Reden gegen unsere braven Mini ster sowohl, als überhaupt gegen das Vereinsrecht nicht wiederholen; in der Leipziger Zeitung Seite 6517 und 6518 sind sie zu finden, wir wollen nur wiederholen, wie Minister von der Pfordten in einer glänzenden Rede den herrlichsten Sieg über diese Anhänger des alten Systems errungen. Er sagte u.A.: Nordamerika, England und selbst Sachsen seit einem halben Jahre bewiesen, daß eine Regierung mit freiem Vereinsrechte ganz wohl bestehen könne; die wenigen stürmischen Versammlungen verschwin den total vor der großen Anzahl friedlicher. In Wechselwirkung mit den Vereinen, als Organen des politischen Gefühls des Volkes, muß die Re gierung stehen. Nicht blos die Eraltirten sollten thätig sein; jeder gute Bürger muß Partei nehmen, gerade um die Regierung zu kräftigen. Uebrigcns lassen sich die „Ruhigen" recht wohl gefallen, was die „Eraltirten" erringen, und genießen cs recht gern mit. Im Ganzen und Großen hat das sächsische Volk keinen unwürdigen Gebrauch von seinen Freiheiten gemacht; das Straucheln ist aber zum Gehenlernen nöthig. Uebrigcns haben die Deut schen in dreißigjähriger Sehnsucht eine gute theo- Dritter Jahrgang. retische Vorbildung für die Praxis der Freiheit ge habt. v. Friesen, v. Thielau und v. Welck weisen auf die dem hiesigen Vaterlandsvereine gemachten „officiellen Mittheilungen" über die Entlassung eines Gefangenen hin. Minister Oberländer versicherte, daß er davon Nichts wisse. Minister v. d. Pford- tcn erläuterte, wen er unter den guten Bürgern verstanden habe; namentlich Die, die immer die Regierung einschreitcn lassen wollen, ohne selbst etwas zur Ruhe und Ordnung beizutragen. Sollte die alte Zwangsjacke wieder geholt werden, so werde man auch dergleichen Erfolge wieder sehen und die Regierung würde vor einem neuen Sturme wieder so machtlos dastehen wie im März. v.Schönberg- Bibran wirft dem Minister die kindlichen Leh ren vor, die er der Kammer gegeben. Minister v. d. Pfordten: die einfachen Wahrheiten, die man deshalb kindliche nennen kann, können nicht oft genug wiederholt werden; übrigens hofft die Re gierung damit Lob zu verdienen, wenn sie auf so einfache Grundsätze ihre Gesetze baut. v. Hohen thal-Püchau fragte, ob mit der Zwangsjacke und dem Sturme eine neue Revolution gemeint gewesen sei? vr. Großmann wünscht eine polizeiliche Organisation der Volksversammlungen. Nach dem Schlußworte des Referenten Steinacker wer den §. 1 bis 3 mit unwesentlichen Zusätzen der Deputation angenommen. — 10. Oct. Es gehen in hiesiger Stadt die ver schiedenartigsten Gerüchte über unsere in den säch sischen Herzogthümern befindlichen Truppen um. Aus sicherer Quelle können wir aber mittheilen, daß das sächsische Militair überall im besten Ver- nehmen mit den Einwohnern steht und daß ein Asammenstoß mit Letztem noch nirgends stattge- fundcn hat. Der Einmarsch in's Großherzogthum Weimar ist aus Verlangen der dortigen Regierung