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61 sönlichkeiten als Gesandtschaft zu Numa, mit der Bitte, nach Rom zu kommen und die königliche Würde zu übernehmen. Numa stammte aus einer bedeutenden sabinischen Stadt, Cures, nach welcher sich auch die Römer in ihrer Verschmelzung mit den Sa binern „Quinten" nannten. Er war der Sohn eines angesehenen Mannes, Pomponius, und von vier Brüdern der jüngste. Seine Ge burt fiel, offenbar durch einen providentiellen Zufall, gerade auf den Tag, an welchem Romulns mit seinen Leuten den Bau von Rom be gann ; dieß war der 21. April. Schon von Natur lagen in ihm alle Elemente eines vortrefflichen Charakters. Noch mehr hatte er selbst zu seiner sittlichen Bildung beigetragen — durch Lernen, Leiden und ernstes Nachdenken. Er hatte nicht nur die allenthalben übelberufencn Leidenschaften der menschlichen Seele, sondern auch die in der uncivili- sirten Welt hochgepriesenen Triebe zur Gewalt und Habsucht sich gründ lich aus dem Wege geschafft, wogegen er den wahren Mannesmuth nur in der strengen Beherrschung aller Begierden durch die Vernunft erblickte. Hieraus ergab sich, das; er insgesammt alle Ueppigkeit, allen Luxus von Hause aus verbannte, dagegen sich von Jedermann, mochte es ein Bürger oder ein Fremder sein, als tadelloser Richter und Rathgeber bereitwillig gebrauchen ließ, während er selbst in ruhigen Tagen sich keineswegs dem Genüsse oder der Bereicherung hingab, sondern seine Zeit mit gottesdienstlichen Handlungen und mit Ver- uunftbetrachtungen über das Wesen und die Wirkungen der Götter aussüllte. Dadurch erwarb er sich einen so großen Namen, ein so be deutendes Ansehen, daß auch Tatius, welcher in Rom den Thron mit Romulus getheilt hatte und nur eine einzige Tochter, Tatia, besaß, ihn zu seinem Eidam machte. Indessen ließ er sich keineswegs durch diese vornehme Verbindung bestimmen, seinen Wohnsitz in die Nähe seines Schwiegervaters zu ver legen. Vielmehr blieb er an dem gleichen Orte im Sabinerlande, um seinen alten Vater zu pflegen, wie denn auch Tatia gleichfalls die Ruhe des Privatlebens, die ihr Gatte genoß, der Ehre und dem An sehen vorzog, welches sie in Rom um ihres Vaters willen erwarten durste. Diese Frau soll im dreizehnten Jahre nach ihrer Verbindung mit Numa gestorben sein.